#29 – Super Wild Card – Basics

Was zur Hölle soll das sein?! Das sieht ja fast etwas nach einem Raumschiff aus einer alten Science-Fiction-Serie aus…

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Und was ist das da an der Seite? Ein Diskettenlaufwerk? Mir wird warm ums Herz… 🙂

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Auch die Unterseite gibt nicht viel Information preis. Was sich die Firma Front FarEast (FFE) da wohl hat einfallen lassen?

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Einfach gesagt ist es ein „AddOn“ für das Supernintendo, welches ermöglicht Sicherheitskopien der Spiele auf Diskette zu erstellen und diese auch direkt von Diskette zu starten. Wie soll das denn funktionieren? Wir finden es heraus. Was braucht man dazu? In jedem Fall einen Supernintendo und etwas Kabel-Gedöns. 😉

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Also erst mal alles anstecken und testen ob die Konsole an sich sauber läuft.

Fun Fact: Also eins kommt auf den Bildern ganz klar rüber: Unser betagter Freund (ca. 27 Jahre alt) hat auf jeden Fall optisch schon bessere Zeiten gesehen. Technisch funktioniert er einwandfrei, aber das Gehäuse ist doch sehr ausgeblichen und es hat sich auch etwas „Rost“ (Gilb) angesammelt. Naja, letztendlich ist das wohl nur ausgleichende Gerechtigkeit – wieso soll es dem SNES anders gehen als uns Menschen? 😉

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Doch wo schließe ich nun das AV-Kabel an? Einen Fernseher habe ich gerade nicht in der Nähe und das wäre auch sehr unpraktisch, wenn ich davon dann mit dem Foto abfotografieren müsste.

Zum Aufnehmen der Screenshots verwende ich einen einfachen Video USB-Grabber.

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Diese Dinger funktionieren für gewöhnlich ganz gut, das Problem ist die Software. Die mitgelieferten Programme sind äußerst „buggy“ und meist auch mit Viren oder Spionagesoftware verseucht. Ich verwende deshalb immer eine ganz alte Software namens „DScaler“. Das Programm ist eigentlich ein „TV-Viewer“ (wurde früher häufig für die TV-Karten in PCs verwendet), aber es kann auch mit anderer Hardware (z.B. für Digitalisierung genutzte Video-Grabber) verwendet werden. Immerhin wird der USB-Grabber gleich von Windows und dem DScaler erkannt, leider hört man keinen Sound und das Bild ist auch schwarz-weiß – Mist!

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Kein Problem, erst mal die richtige Fernsehnorm (PAL-B) des Supernintendos einstellen:

Fun Fact: An sich funktioniert der DScaler gut und problemlos, allerdings bietet die Software eine Vielzahl an Konfigurationsmöglichkeiten, man sollte schon wissen was man tut.

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Und siehe da, schon ist das Bild in Farbe – Yeah! 🙂

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Jetzt müssen wir uns nur noch um das Soundproblem kümmern. Die Einstellung versteckt sich – ganz gemein – in den Tiefen des Betriebssystems. Das eingehende Signal der „Digitalen Audioschnittstelle“ (USB) muss als Wiedergabequelle konfiguriert werden. Ist klar.

Fun Fact: Selbst diese Einstellung war nicht genug. Ebenso musste der Pegel angepasst und im Lautstärkenmixer die Stummschaltung entfernt werden. Windows ist schön. 🙂

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Nachdem die Aufnahmetechnik geklärt wurde, sollten wir mal unser ominöses AddOn in den Supernintendo verpflanzen. Die „Super Wild Card“ (SWC) wird einfach in den Modulport des SNES gesteckt. Sieht auf jeden Fall krass aus! 🙂

Fun Fact: Der fette 32M-Aufkleber steht nicht – wie man fälschlicherweise annehmen könnte – für 32MB, sondern für 32 Megabit, also 4MB. Diese Kennzahl beziffert die Größe des eingebauten RAM-Speichers. Diese muss größer oder gleich die der ROM-Größe eines Spiels sein. Das ist gut, denn immerhin sind 99,9% der SNES-Spiele kleiner (oder gleich) 4MB. Es gab auch frühere Modelle der Super Wild Card, welche weniger eingebauten RAM besaßen und somit auch weniger Spiele unterstützt haben.

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Als Erstes wollen wir doch mal probieren, ob das Teil tatsächlich Spiele von Diskette laden kann, also erst mal eine Diskette vorbereiten.

Fun Fact: Die beiden abgebildeten Disketten stammen aus einem Paket, welches ich vor einiger Zeit bei eBay ersteigert habe. Gut, dass die Firma Novartis diese nun scheinbar nicht mehr benötigt! 🙂

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Glücklicherweise habe ich noch zwei Backups, welche mir ein Kollege aus einem Bastelforum vor einiger Zeit über einen anderen Weg von den Modulen gesichert hat. „F-Zero“ und „Micro Machines“ sind mit jeweils 512kb zwei eher kleinere Vertreter der SNES-Bibliothek. Gut für uns, denn so passen beide auf eine Diskette.

Fun Fact: Die SWC bietet sogar die Möglichkeit die Disketten anstatt mit 1.44MB mit bis zu 1,6MB zu formatieren. Über diesen Weg passt sogar ein 12Mbit-Spiel auf eine Diskette. Davon sollte man jedoch die Finger lassen, denn unter Umständen kommt dann ein anderes Betriebssystem (Windows) nicht mehr damit klar!

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Nun können wir einen ersten Startversuch wagen. Also fix das SNES anschalten und schon werden wir mit dem Menübildschirm der SWC begrüßt:

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Jetzt wird es Zeit, die Diskette einzulegen. Allein die Geräusche, die beim Zugriff des Laufwerks auf die Daten generiert werden, lassen das Informatiker-Herz höherschlagen! Und siehe da, unsere Diskette mit den beiden Spieldaten wird tatsächlich erkannt! Was das „3M“ bei der Free-Angabe bedeuten soll ist mir allerdings schleierhaft.

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Versuchen wir doch mal das Spiel zu laden. Lustig ist, dass die Zahl einfach rückwärts gezählt wird. Ob das Ding explodiert, wenn der Counter bei Null ist? 😀

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Bevor das Spiel startet kann man noch auswählen ob man es normal oder in einem sog. „Memory Mode“ starten möchte. Im Memory Mode kann man angeblich über explizite Tastenkombinationen „SaveStates“ erstellen (kennt man sonst eigentlich nur vom Emulator). Bei meinen Tests hat das allerdings nicht wirklich funktioniert. Ob es nun am 3rd-Party-Controller oder an irgendwelchen Einstellungen liegt, kann ich nicht sagen. So wichtig ist mir diese Funktion allerdings auch nicht, als dass ich da jetzt noch (weiter) unnötig Lebenszeit reinstecken müsste. 😉

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Nach einem beherzten Druck auf „B“ wird tatsächlich das ausgewählte Spiel gestartet. Hammer!

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So weit, so gut. Aber gab es nicht noch so eine mysteriöse Klappe auf dem Gerät? Für was ist die eigentlich gut?

Fun Fact: Die Abdeckung der Klappe ist leider nicht mehr original. Sie stammt aus einem 3D-Drucker und wurde mit einem Aufkleber etwas aufgehübscht! 🙂

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Klappt man diese nach oben kommt ein weiterer Modulport zum Vorschein.

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Mit eingestecktem Modul sieht das ganze noch verrückter aus.

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Startet man die Super Wild Card mit eingestecktem Modul erscheint ein neuer Menüpunkt:

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Selbstverständlich kann das Spiel ganz normal gespielt werden. Dann wird das Signal quasi 1:1 in den Supernintendo durchgegeben. Zusätzlich bietet die SWC über den Menüpunkt „Data Transfer“ die Möglichkeit die Spieldaten vom Modul auszulesen und auf Diskette zu schreiben (oder – sofern man ein Modul mit wiederbeschreibbarem Speicherchip besitzt auch in die andere Richtung). Das Wort „Cassette“ steht hierbei für das Modul und Disk für die Diskette.

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Versuchen wir doch gleich mal ein Backup des Moduls auf Diskette zu machen. Abhängig von der Größe des Spiels muss angegeben werden, ob man das Spiel als „Single File“ oder „Multi File“ abspeichern möchte.

Fun Fact: Für diesen Schritt habe ich die anderen Sicherheitskopien (F-Zero und Micro Machines) erst von der Diskette löschen müssen, damit ich Platz für das zu sichernde Basketballspiel besitze. Je nach Größe der Spieldatei passen ein oder zwei Spiele auf eine Diskette. Manche größeren Spieldateien müssen sogar „zerteilt“ und auf mehreren Disketten abgelegt werden. Das waren noch Zeiten… 😉

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Ebenso muss noch ein Name für die Datei vergeben werden:

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Anschließend wird eine Sicherheitskopie des Spiels auf Diskette erstellt. Auch hier wird rückwärts gezählt. In Echtzeit dauert dieser Vorgang ca. 40 Sekunden – gar nicht mal so übel! 😉

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Selbstverständlich kann man das Spiel dann auch von Diskette starten. Neben den eigentlichen Spieldaten kann die SWC auch Speicherstände (SRAM) der Spiele sichern und zurücksichern.

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Alles in allem ein wirklich tolles Gerät. Eigentlich war die Super Wild Card als Entwicklerwerkzeug, bzw. Hilfsmittel für Software-Developer gedacht, um eigene Spielekreationen möglichst einfach auf realer Hardware zu testen. Heutzutage wird es von einigen Hardcore-Fans eher „missbraucht“ um Hacks oder Mods bekannter Spiele auf originaler Hardware zu spielen…

Fun Fact: Wem der kleine Einblick gefallen hat und mehr über die SWC wissen möchte, dem kann ich wärmstens einen Artikel eines angehenden Softwareentwicklers zum Thema ans Herz legen.

Fazit: Aus heutiger Sicht gibt es natürlich wesentlich komfortablere Alternativen wie z.B. das Super Everdrive oder das SD2SNES Pro (mittlerweile unter dem Namen FXPak Pro bekannt), allerdings bieten diese bei weitem nicht den gleichen Charme wie ein Gerät aus der damaligen Zeit. Das Menü, die Geräusche, Disketten als Speichermedium und nicht zuletzt die schräge die Optik verkörpern unumstritten die 90er Jahre!

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„Playing SNES like it’s 1993“ 🙂

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