#42 – MB Atlantis

Es ist Weihnachten… 1982… Die Familie sitzt beisammen und genießt die Ruhe und Besinnlichkeit des Heiligen Abends. Geschenke werden geöffnet, Kinderaugen erstrahlen. In einem der Pakete befindet sich ein großer Pappkarton mit der Aufschrift „ATLANTIS“.

Fun Fact: Ich selbst bin natürlich nicht 1982 mit „Atlantis“ in Berührung gekommen, sondern erst einige Jahre später. Meine Tante hat(te) das Spiel und wir haben es an diversen Spieleabenden gespielt – gute alte Zeit! 😉

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Doch was ist „ATLANTIS“? Atlantis ist ein Spiel der Firma MB (Milton Bradley) aus dem Jahre 1982. Es ist ein strategisches Brettspiel mit einem schwarzen, sich um die eigene Achse drehenden Turm in der Mitte, welcher das Spielgeschehen steuert und maßgeblich beeinflusst.

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Und wie spielt man „ATLANTIS“? Ziel des Spiels ist es durch Länder zu reisen, Schlüssel zu sammeln, eine Armee aufzubauen und anschließend den schwarzen Turm zu erobern um ein eigenes Königreich zu erringen. Nicht nur der damalige Werbespot, sondern auch die Verpackungsrückseite erklärt das eigentlich ganz schön:

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Gesteuert wird das Abenteuer nicht nur durch Figuren auf dem Spielfeld, sondern auch mit dem Bedienfeld auf der Vorderseite des elektronischen Turms.

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Ich habe meine Version von Atlantis 2013 durch Zufall über ein Spieleforum gefunden. Selbst damals war es bei weitem kein Schnäppchen (wenn ich mich recht erinnere hat es mich damals schon einen dreistelligen Betrag gekostet), allerdings muss man bedenken, dass das Spiel mittlerweile – in komplettem Zustand – kaum mehr zu bekommen ist. Die wenigen Verkaufsangebote, welche von Zeit zu Zeit im Netz hochpoppen liegen meist bei mehreren hunderten Euros – uff!

Fun Fact: Eine englische Version von „ATLANTIS“ namens „Dark Tower“ ist noch etwas öfter über die britische eBay-Seite (evtl. dank Brexit jetzt mit Zoll) zu bekommen. Aber wer will schon was Englisches, wenn man das Spiel auch auf Deutsch haben kann! 😉

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Doch genug geschwafelt, es wird Zeit „ATLANTIS“ zu spielen! Zuerst sollten wir mal das Spiel auspacken. Neben dem Turm in Styroporfassung kommen eine Spielanleitung, Plastikfiguren und das Spielbrett zum Vorschein.

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Ebenso gibt es zahlreiche kleine Plastikteile und „Bestandskarten“ um eine Statistik der gesammelten Ressourcen zu erhalten. Für was wohl der kleine schwarze Drache gut ist? 😀

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Zum Betreiben des Turms werden zwei Mono-Batterien („D-Batterien“) benötigt. Gut, dass ich diese beim Kauf vor einigen Jahren aus dem Turm entfernt und in eine eigene Plastiktüte gepackt habe, ich denke die ausgelaufene Säure wäre der Elektronik des Turms nicht gut bekommen! 😀

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Wird Zeit das Spielfeld aufzubauen. Der schwarze Turm wird in die Mitte auf einen Sockel gesetzt, sodass dieser sich frei drehen kann.

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Die wichtigste Frage: Funktioniert der Turm überhaupt noch? Auf der Unterseite habe ich als Produktionsdatum 1981 gefunden, ob er nach knapp 40 Jahren (!) noch seinen Dienst verrichtet?

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Es sieht gut aus! Dann lasset die Spiele beginnen! Nachdem man sich für einen Ritter als Spielfigur entschieden hat wird jedem Spieler ein Viertel des Spielbretts („ein Königreich“) zugewiesen. Anschließend müssen über den Turm der Schwierigkeitsgrad und die Anzahl der Spieler mitgeteilt werden.

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Auf dem Spielfeld werden in jedem Viertel vier Gebäudetypen errichtet: Das Grabmal, der Bazar, die Ruine und das Asyl. Jedes dieser Gebäude hat eine unterschiedliche – und für manche Spielsituation teils essentielle – Funktion. So kann in Grabmälern und Ruinen nach Schätzen gesucht werden, im Bazar um Proviant und Ritter gehandelt und im Asyl eigene Ressourcen (wenn man mal zu weit „abstürzt“) aufgestockt werden. Die Zitadelle dient als „Homebase“ im eigenen Königreich. Hier wird das Spiel gestartet.

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Zu Beginn startet jeder Spieler mit 10 Rittern, 30 Goldsäcken und 25 Rationen Proviant. Über diese Daten sollte der Spieler mit Hilfe der Bestandskarte den Fortschritt bei jedem Zug verfolgen. Pro Zug kann der Spieler sich nur um ein Feld auf dem Spielbrett bewegen.

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Die Darstellung der Ereignisse auf dem Turm ist für die damalige Zeit sehr clever gelöst. Neben einer zweistelligen Digitalanzeige für die Anzahl von Ressourcen (Rittern, Räubern oder Gegenständen) wird das jeweilige Ereignis – wie bei einem Diaprojektor – im Turm von hinten beleuchtet. Die einzelnen Ereignisse sind auf einer dreireihigen Walze (ähnlich wie bei Geldspielautomaten) im Kreis angeordnet. Bei Bedarf dreht der Turm einfach die Walze ein Stück weiter und beleuchtet ein anderes Bild. Hier im Beispiel habe ich durch einen Kampf mit Räubern in einem Grabmal einige Goldsäcke erbeutet. Der Turm meldet sich mit dem neuen Gesamtstand „57“.

Fun Fact: Wem der Turm kaputtgegangen ist, oder wer das Spiel mal selbst ausprobieren möchte, für den haben Enthusiasten eine iOS-App entwickelt, welche die Funktion des Turms ersetzt! Ebenso gibt es eine Flash-Version des Spiels als Browsergame – sehr geil! 🙂

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Jeder Zug verbraucht eine gewisse Anzahl Proviant. Ist dieses aufgebraucht verhungert die Armee. Darum ist es wichtig sich im Bazar mit genügend Vorräten einzudecken, bevor man den Schritt in ein weiteres Gebiet wagt. Auch können Ritter und Gold im Kampf mit Räubern oder dem sporadisch auftauchenden Drachen verloren werden. Hier ein klassisches Kampfszenario zwischen zehn Rittern und fünf Räubern!

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Ebenso gibt es auf dem Weg neben den bewaffneten Banditen auch weitere Gefahren. So kann sich der Spieler z.B. in nicht erkundetem Gebiet „verirren“ und muss somit auf dem Spielbrett einen Schritt zurückgehen. Auch kann es sein, dass die Pest die eigene Armee befällt und zwei Soldaten daran sterben.

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Gut, wenn man sich zuvor im Bazar einen Wunderheiler als Begleiter geleistet hat, denn dieser sorgt dafür, dass man bei Pestbefall zwei Soldaten dazu bekommt. Scheinbar sind vor der Pest gerettete Bürger so dankbar, dass sie sich gleich der Armee anschließen! 😉

Fun Fact: Es gibt noch einige weitere Kniffe im Regelwerk, aber das jetzt komplett aufzuarbeiten würde den Rahmen sprengen. Gut, dass ich noch eine Anleitung besitze! 🙂

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Auch kann einem das fliegende Pferd „Pegasus“ helfen, auf welches man zufällig bei der Erkundung fremder Gefilde treffen kann. Mit einem Pegasus ist es möglich, einmalig direkt in das benachbarte Gebiet zu reisen. So spart man sich ein großes Stück gefährlicher Wegstrecke.

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Und wie gewinnt man das Spiel nun letztendlich? Beim Tritt auf ein freies Spielfeld oder bei der Erkundung von Ruinen und Grabmälern können Schlüssel (teilweise erst im Kampf mit Räubern) ergattert werden.

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Hat man die drei feindlichen Königreiche bereist und alle drei Schlüssel (Bronze, Silber und Gold) gesammelt muss man ins eigene Königreich zurückzukehren um sich für die Belagerung des schwarzen Turmes vorzubereiten. Hierfür müssen die Schlüssel in der richtigen Reihenfolge (durch pures Raten) am Eingang des Turms angegeben werden. In einem abschließenden Endkampf gegen eine Vielzahl an Räubern wird dann ermittelt, ob ihr der Macht des schwarzen Turmes würdig seid und euch Herrscher über das gesamte Königreich nennen dürft.

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Je nach Auswahl des Schwierigkeitsgrades zu Beginn stehen euch im Endkampf 17-64 Räuber gegenüber. Es ist essentiell die eigenen Truppen z.B. durch Einkäufe im Bazar oder einen letzten Besuch der Zitadelle im eigenen Königreich aufzustocken, um siegreich aus diesem Kampf hervorzugehen.

Fun Fact: Es sieht gut aus, nur noch zwei Räuber übrig! 🙂

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Hat man die Räuberarmee bezwungen, winkt einem das glorreiche „Victory-Symbol” inklusive einer Fanfare! YEAH! 🙂

Der Vollständigkeit halber hier nochmal eine Auflistung der möglichen Ereignisse, Gegenstände und Wegbegleiter:

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Nachdem wir unser Abenteuer erfolgreich überstanden haben, wird es Zeit für ein kleines Fazit.

„ATLANTIS“ ist ein absolutes Kultspiel unter Brettspielfans. Neben dem für die damalige Zeit absolut innovativem Konzept mit einem „elektronischem Gehirn“ bietet es nicht nur für Spieleabende mit Freunden zahlreiche Stunden Spaß. Es ist eines der wenigen Brettspiele, welches tatsächlich auch alleine „gegen den Computer“ gespielt werden kann. Die ikonischen Soundeffekte und nicht zuletzt die gute Balance zwischen Taktik und Glück machen es zu einem Klassiker. Ich bin mir sicher, dass ich das Spiel wohl nie hergeben werde. Zugegeben – eine ordentliche Portion „Kindheit“ und Nostalgie schwingen in diesem kurzen Review wohl auch mit! 😉

Fun Fact: Nicht nur aufgrund seiner Beliebtheit ist das Spiel – in einem halbwegs gut erhaltenen Zustand – mittlerweile so schwer zu ergattern. Neben einigen technischen Schwierigkeiten mit dem elektronischen Turm war Milton Bradley kurz nach Veröffentlichung in einen Gerichtsprozess mit zwei unabhängigen Spieleerfindern verstrickt, welche behaupteten, das Spielprinzip erfunden und bereits in den Siebzigern MB präsentiert zu haben. MB zog kurzerhand die Reißleine und nahm das Spiel dank Gerichtsbeschluss relativ schnell wieder vom Markt.

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Ich bin dann mal weg, es wird Zeit sich ein Königreich zu schnappen… 😉

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