Kann mir mal jemand erklären, warum wir uns eigentlich immer mit leeren oder defekten CMOS-Batterien herumärgern müssen? Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr mich das Thema nervt… Aber was soll’s – jammern hilft nicht, wir müssen uns heute wohl oder übel an den Dallas-RTC-Chip des Olivetti-PCs wagen… Gott, wie ich diese Dinger hasse! 😀
Warum war dieser Dallas-Chip nochmal so schlimm? Ach ja, ich erinnere mich! Das Problem an den Dingern ist, dass die Knopfzelle zum Erhalt der BIOS-Einstellungen mit in den Chip gegossen wurde. Dementsprechend lässt sich die Batterie also nicht so einfach tauschen. So ein Schrott! 🙁
Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch: Bereits in Artikel 252 mussten wir uns schon beim Sysline SLT450 PC mit so einem Ding herumärgern. „Damals“ waren wir richtig hart drauf und haben den Chip – weil wir nicht besser an die Seiten des Bauteils hingekommen sind – einfach von oben auf gefräst, um an die intern gelagerten Pins der Knopfzelle heranzukommen und letztendlich einen externen Batteriehalter für die Knopfzelle daran zu verlöten. Das war eine wilde Aktion! 🙂
Tatsächlich habe ich heute was ganz Ähnliches vor! Ziel ist es also, dass wir den batteriegepufferten Uhrenbaustein mit einem externen Batteriehalter versehen. Einen Unterschied im Vergleich zu Artikel 252 gibt es aber: Diesmal haben wir den Vorteil, dass wir das Mainboard ausbauen können. Jetzt haben wir den PC schon so weit auseinandergenommen, da kommt es auf die letzten paar Schrauben, die das Board noch am Gehäuse halten, auch nicht mehr an! xD
Um die Hauptplatine aus dem Gehäuse entnehmen zu können, müssen die Schraubbolzen, mit welchem die Buchsen der Schnittstellen am Gehäuse befestigt sind, gelöst werden. Mann, der Zahn der Zeit hat wirklich krass an ihnen genagt, selten hab ich so viel Rost auf einer Schraube gesehen!
Anschließend lässt sich das Mainboard entnehmen. Die Gehäuseunterseite hat im Lauf der Jahre natürlich auch ein paar Roststellen abbekommen, aber um ehrlich zu sein, sieht es hier wesentlich besser aus, als ich es erwartet hätte! 🙂
Das Board an sich sieht auch noch erstaunlich gut aus. Außer etwas Staub habe ich hier keine Roststellen oder ähnliche Problemzonen gefunden.
Die Unterseite sieht sogar aus wie neu. Das bestätigt mich in meinem Entschluss, dass wir versuchen sollten, dem alten Italiener wieder auf die Beine zu helfen. Die Substanz passt! 😉
Was mir allerdings etwas Sorgen bereitet, ist die Vielzahl an Jumpern, die sich auf der Platine befinden. Ich habe keine Ahnung, für was die gut sind und leider lässt sich online auch keine Dokumentation zu dem Mainboard auffinden! Die einzig verfügbaren Handbücher enthalten widersprüchliche Informationen und Angaben, welche nicht auf mein Modell zutreffen.
Fun Fact: In einem PC-Forum hat sich ein langjähriges Mitglied als ehemaliger Vertriebspartner für Olivetti-PCs in Deutschland geoutet und bestätigt, dass selbst er als Handelsvertreter keinen Zugriff auf technische Unterlagen wie Schaltpläne, Handbücher, etc. hatte. Alter, diese Italiener!!! 😛
Besser, wir lassen alle Einstellungen so wie sie sind! 😀 Jetzt aber schnell zurück zu dem Dallas-Chip. Wollten wir das Ding nicht irgendwie bearbeiten, um an die Knopfzelle ran zu kommen?
Fun Fact: Natürlich könnte man alternativ den Chip auch einfach entlöten und durch ein gleichwertiges Modell (oder gleich ein nwX287-Modul) ersetzen. Um ehrlich zu sein, sehe ich es aber nicht ein, einen einzigen, weiteren Cent für diesen blöden Batterie-Chip auszugeben! 😀 Außerdem nervt es, wenn man wieder ewig auf Ersatzteile warten muss…
Stimmt, da war was! Fangen wir mit der Phase an. Um an den Pluspol ran zu kommen, müssen wir den Chip an der Stelle, an der sich Pin 20 befinden müsste, auffräsen. Ich habe mir die Position mit einem Bleistift markiert, um beim anschließenden Schleifvorgang nicht durcheinanderzukommen:
Vermutlich können wir das Ding leichter bearbeiten, wenn wir das Mainboard in einen Schraubstock einspannen. Dabei müssen wir nur aufpassen, nicht ein anderes Bauteil zu zerstören! 😀
Jetzt aber – mit Hilfe eines Geradschleifers müssen wir ganz vorsichtig die oberen Plastikschichten des Chips abtragen, bis der Pol zum Vorschein kommt:
Mit etwas Flussmittel und Lötzinn können wir ein kleines Stück Kabel daran befestigen. Dieses wird später zu einem Batteriehalter geführt.
Sehr schön – fehlt nur noch der Minuspol. Und für den habe ich sogar gute Nachrichten! Da wir diesmal an die Unterseite der Platine herankommen, können wir es uns sparen, ein Loch für den Minuspol der Knopfzelle, bzw. den Chip zu fräsen und stattdessen das Massesignal direkt von Pin 12 des Chips auf der Unterseite des Mainboards abgreifen:
Jetzt benötigen wir nur noch einen Batteriehalter. Damit sich die Kabel von Plus- und Minuspol leichter anlöten lassen, wird dieser vorverzinnt. Ebenso macht es Sinn, den Platz, an dem der Halter später sitzen soll, mit etwas Isolierband abzukleben. Schließlich wäre es schlecht, wenn wir durch das ganze Batteriegebastel am Ende noch einen Kurzschluss auf dem Mainboard erzeugen! 😉
Mit angelöteten Zuleitungen wird der Knopfzellenhalter samt Kabel abschließend mit etwas Heißkleber befestigt. Merke: Es ist kein richtiges Bastelprojekt, wenn nicht Heißkleber beteiligt ist! 😛
Mit frisch eingesetzter CR2032-Knopfzelle sollten wir den PC jetzt aber hoffentlich ohne Fehler starten können, oder?
Zumindest der erste Startversuch geht schon mal schief. Der uns entgegenspringende „Timer Sync Error“ könnte allerdings „normal“ und nur eine Nachwirkung unseres Dallas-Chip-Umbaus sein:
Tatsache! Das System startet beim zweiten Versuch ohne Fehler, alle wichtigen Checks laufen durch…
…und wir können damit beginnen, im BIOS-Setup-Menü ein paar Einstellungen vorzunehmen.
Hier lassen sich so Dinge wie die Uhrzeit, das Datum, der Typ des verbauten Diskettenlaufwerks (HD, also 1.44 MB), die Systemsprache oder der Videomodus (40×25 oder 80×25 Zeilen) einstellen. Ebenso können wir hier den Typ der verbauten Conner CP-3044-Festplatte (40 MB) einstellen.
Fun Fact: Über die Tastenkombination „STRG + ALT + SHIFT + ENTFERNEN“ kann man jederzeit (also auch wenn der Rechner läuft) in das BIOS-Menü einsteigen. Mega abgefahren aber echt cool! 🙂
Nach einem weiteren Neustart scheint zumindest das Diskettenlaufwerk erkannt worden zu sein, bei der Festplatte bekommen wir leider einen „1782-Disk controller failiure“.
Bei genauem Hinhören, kann man schleifende Geräusche aus der Festplatte erkennen. Ich würde mal drauf tippen, dass die Oberfläche der Magnetscheibe der Platte durch einen „Headcrash“ (Kontakt des Schreib-/Lesekopfs mit der Magnetscheibe) in Mitleidenschaft gezogen wurde. Entweder der Datenträger wurde in der Vergangenheit recht unsanft behandelt (Erschütterung) oder es handelt sich um einen klassischen Fall von „Materialverschleiß“. In jedem Fall ist die Platte Schrott und leider nicht mehr zu gebrauchen. Na das sind ja keine guten Nachrichten! 🙁
Direkt im Anschluss bleibt das System hängen, weil es keinen Datenträger findet, von dem sich booten lässt. Logisch – die Festplatte wird nicht erkannt und im Diskettenlaufwerk ist ja auch keine Diskette eingelegt, auf der sich ein Betriebssystem befinden könnte.
Um die defekte Platte kümmern wir uns beim nächsten Mal. Um heute wenigstens noch ein kleines Erfolgserlebnis zu haben (neben der umgebauten BIOS-Batterie versteht sich), sollten wir mal fix eine MS-DOS-Startdiskette in das Diskettenlaufwerk legen.
Doch auch der Versuch, von Diskette zu starten misslingt. Unfassbar – wenn der Wurm drin ist, dann ist der Wurm drin. Ist das Laufwerk etwa auch defekt? 🙁
Fun Fact: Euch wird es anhand des Bildes vielleicht aufgefallen sein – die Bildschirmausgabe sieht anders aus! Das liegt daran, dass ich vor dem letzten Neustart, den Videomodus von (40×25 auf 80×25 Zeilen) eingestellt habe. Bei meinem ersten Versuch hatte ich erst „EXT“ mit angegeben, aber man muss „INT“ nehmen, damit die intern verbaute VGA-Grafikkarte verwendet wird! 😉
An und für sich kann bei solchen Laufwerken eigentlich nicht viel kaputtgehen. Vielleicht ist nur die Leseeinheit verdreckt? Um das herauszufinden, müssen wir als erstes die beiden Schrauben der Metallabdeckung des Laufwerks lösen. Anschließend können wir den Schreib-/Lesekopf begutachten. Dieser befindet sich unter einer kleinen Metallabdeckung, welche man einfach anheben kann. Der Kopf selbst kann dann mit etwas Isopropanol und einem Wattestäbchen gereinigt werden.
Aha! Kaum macht man das Laufwerk mal ordentlich sauber, wird auch unsere Start-Diskette erkannt und wir können den Rechner zum ersten Mal mit DOS starten:
Und dann ist es endlich so weit: Nach gefühlt ewigem Kampf springt uns tatsächlich der DOS-Prompt entgegen. Ist das nicht schön? 🙂 Schon irgendwie verrückt, wie sehr man sich über einen weißen Buchstaben auf schwarzem Hintergrund freuen kann, aber es sind die kleinen Erfolge, die man feiern muss! 😀
Ich denke, jetzt haben wir uns aber den Feierabend wirklich verdient, findet ihr nicht? Beim nächsten Mal erkunden wir den Olivetti-PC noch etwas und versuchen, eine Lösung für das Festplatten-Problem zu finden.
In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!