Noch gar nicht vor allzu langer Zeit habe ich euch mit „Beat the Beat“ in Artikel 289 einen meiner persönlichen „Gaming-Geister“ vorgestellt, erinnert ihr euch? 😉
Sicher war euch bereits klar, dass das nicht das einzige Videospiel ist, welches mich bis heute auf Grund seiner „Nicht-Komplettierung“ noch immer heimsucht. Die Frage ist nur: Was ist es diesmal? Der Titel „TW2004“ könnte es bereits verraten, allerdings dürfte die Abkürzung vermutlich nur den wenigstens von euch bekannt sein. Nanu, ist das etwa der ältere Bruder von R2D2? Weit gefehlt, denn tatsächlich geht es heute um das Spiel „Tiger Woods PGA Tour 2004“:
Moment – ein Golfspiel? Was soll denn der Blödsinn? Schon klar – „virtuelles Golf“ ist wohl eines dieser Genres, das außer mir vermutlich keine Sau interessiert. Aber ihr kennt mich – das ist mir völlig egal! 😛
Fun Fact: Das Spiel ist im Dezember 2003 erschienen, und ich habe es – damals noch über den Account meines Vaters – knapp ein Jahr später für ein paar Euro auf eBay ersteigert. 😀 Somit kenne (und spiele) ich das Spiel seit ziemlich genau 20 Jahren. Mann, wie doch die Zeit vergeht…!
Oha – 20 Jahre?! Da müsste man doch meinen, dass ich genügend Gelegenheit hatte, den Karriere-Modus der Golfsimulation endlich abzuschließen, oder? Tja, ganz so einfach ist es leider nicht. Das Spiel ist leider sehr zickig, was die Systemvoraussetzungen angeht. So wird z.B. mindestens ein Pentium 2 mit entsprechend viel RAM und einer guten 3D-Grafikkarte benötigt. Auf meinen ganz alten DOS-Mühlen bekommen wir den Golfball also nicht zum Fliegen. Auf neueren PCs ist das Spiel allerdings auch nicht (oder nur stark eingeschränkt) lauffähig, da einerseits ein 32-Bit-System benötigt wird und – jetzt kommt‘s – die Grafikkarte nur 16 oder 32MB Video-RAM haben darf und zusätzlich mit den DirectX-Bibliotheken der echt alten Version 7 klarkommen muss!
Not so fun Fact: Auch mit Virtualisierungssoftware wie z.B. „VirtualBox“ (siehe Artikel 44) habe ich das Spiel auf einem modernen PC nicht zum Laufen gebracht. Das Spiel kommt wohl einfach nicht mit den verfügbaren, virtuellen 3D-Beschleunigungsoptionen klar. So ein Mist! 🙁
Klar kann man versuchen mit DirectX-Virtualisierungslösungen wie z.B. „dgVoodoo“ etwas zu basteln, doch im Endeffekt bekommt man das Spiel trotz zahlreicher Tricks (siehe z.B. hier, hier, hier und hier) meist nicht so stabil zum Laufen, wie es „damals“ auf alten PCs war. Wenn das Spiel überhaupt startet, hat man dann Probleme mit der Auflösung, denn es werden nur geringe 4:3-Auflösungen unterstützt, die auf modernen Widescreen-Monitoren schlecht aussehen oder gar nicht dargestellt werden können. Auch die Steuerung – so verrückt das klingt – ist ein riesiges Problem. Der Abschlag des Balls erfolgt per „Mausschwung“ und dieser ist, sobald man an der Auflösung herumgespielt hat, nicht mehr korrekt auf die vom Spiel vorgesehene Eingabegeschwindigkeit kalibriert. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass man künstlich (z.B. über Windows-Funktionen) die Mausgeschwindigkeit erhöhen muss um dann im Spiel halbwegs gut golfen zu können. Was für ein Wahnsinn! 🙁
Zu guter Letzt kommt dann noch der problematische „SafeDisc“-Kopierschutz (secdrv.sys) zum Einsatz, welcher seit späteren Versionen von Windows 7 nicht mehr funktionsfähig ist. Dieses Schicksal hat mittlerweile zahlreiche Spiele aus den Jahren 2003 – 2008 ereilt. Zwar gibt es für solche Probleme häufig sog. „NoCD-Cracks“, allerdings ist deren Einsatz einerseits nicht ganz ungefährlich (Stichwort Viren) und andererseits befinden sich solche Helferlein in einer rechtlichen Grauzone.
Uff, na das hört sich alles aber nicht gerade ermutigend an. Schlauen Lesern wird die Frage vermutlich bereits ins Hirn geschossen sein: „Aber retrololo, wie (also auf welchem PC) hast du denn das Spiel die letzten Jahre immer gespielt?“. Gut aufgepasst, ihr Schlaufüchse! 😉
Wenn es mit der Virtualisierung (dank zickiger Systemanforderungen) nicht klappt, kann man nur auf echte Hardware zurückgreifen. Aus diesem Grund habe ich mir einen 32-Bit-Computer mit einer alten Windows-7-Version aufgehoben. Dieser Desktop-PC (HP Compaq 6200 Pro Microtower) samt 2,33 GHz Dual-Core-Prozessor, einer ATI Radeon 4800 HD Grafikkarte und 4 Gigabyte Arbeitsspeicher hat mit Sicherheit schon bessere Tage gesehen, für unser Golfprojekt ist er aber die Rettung, denn tatsächlich läuft „Tiger Woods PGA Tour 2004“ auf der Kiste ohne Probleme! xD
Fun Fact: Wenn ich den „Designed for Windows Vista“-Aufkleber schon sehe, läuft es mir kalt den Rücken runter. Vista war (und ist) für mich persönlich eins der schlechtesten Betriebssysteme aller Zeiten und kommt nur ganz knapp vor Windows 8 und Windows ME! 😉
Man könnte sogar so weit gehen und sagen, dass ich den PC nur noch wegen diesem einen Spiel besitze! Somit ist es also ein Wettlauf gegen die Zeit – Mensch gegen Maschine: Wer wird wohl zuerst den Geist aufgeben? 😀
Dann schalten wir den betagten Dual-Core mal ein. Doch was ist das? Scheint so als hätte der PC bereits die erste Runde verloren! Beim Starten des Rechners nach längerer Standzeit bleibt das Teil in einer Bootschleife samt schrillen BIOS-Signaltönen hängen. Auch wenn ich aus dem Bauch heraus auf die BIOS-Batterie getippt habe, lag es diesmal tatsächlich an den vier verbauten DDR2-SDRAM-Modulen (also dem Arbeitsspeicher). Diese waren nicht etwa defekt, nein, die Module mussten lediglich einmal aus ihren Steckplätzen entnommen und neu auf das Mainboard gesteckt werden. Unfassbar, wärt ihr darauf gekommen?! xD
Ernsthaft – wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Arbeitsspeicher-Module bei einem PC, der seit Monaten (oder Jahren?) nicht bewegt wurde, aus den Steckplätzen lösen? Um ehrlich zu sein, wundert mich mittlerweile gar nichts mehr. Vielleicht liegt es an mir, aber irgendwie scheine ich diese „kryptischen IT-Probleme“ magisch anzuziehen?! 🙁 Was soll‘s, mit neu gesteckten RAM-Modulen startet die Kiste wieder, und wir können endlich zum Golfschläger greifen.
Ach, es geht doch nichts über einen alten, 19“-Monitor mit 4:3-Auflösung! 😛
Mal sehen, wie weit war denn der Karrieremodus bereits abgeschlossen? Ach ja, ich erinnere mich…
Unser selbsterstellter Möchtegern-Golfer „rolling“ hat schon ziemlich viel Preisgeld eingesackt und das ein oder andere Turnier gewonnen. Auch die so schwer zu ergatternden „Trophy Balls“, für welche einige knifflige Challenges, wie z.B. das Schaffen eines „Albatross“ (also das Einlochen mit zwei Schlägen auf einem Par 5, auch „Double Eagle“ genannt) gemeistert werden müssen, hat unser Golfer bereits eingetütet. Was fehlt also noch?
In der „World Tour“, einem Modus, in welchem bestimmte Szenarien (wie z.B. gegen einen virtuellen Mitspieler gewinnen, obwohl man fünf Schläge hinten liegt, etc.) auf verschiedenen Golfkursen der Welt bewältigt werden müssen, fehlt noch eine einzige Aufgabe an einer Station: Den Highlands in Schottland (das ist der kleine rote Punkt rechts oben im Bild)!
Die Winde, welche sich gegen unseren virtuellen Ballsportler auf dem schottischen Golfkurs verschworen haben, sind so unberechenbar, dass es mir bisher nicht gelungen ist, die letzte Aufgabe (die sog. „Course Challenge“) abzuschließen. Konkret müssen wir eine Runde (18 Löcher) mit fünf Schlägen unter Par abschließen, um die Goldmedaille zu erhalten.
Es ist schon zum aus der Haut fahren. Ich habe echt schwierige Kurse wie den „Predator“ gemeistert und sogar den titelgebenden Protagonisten Tiger Woods in seinem Hinterhof (Bay Hill Club & Lodge) in einem direkten Match besiegt – und das, obwohl sich daran wohl einige Spieler die Zähne ausgebissen haben. Lediglich diese eine letzte Herausforderung in den schottischen Highlands wartet bis heute vergeblich auf Erfüllung.
Das alles wäre nicht so schlimm, wenn man den Zeithorizont, in dem mich das Spiel schon beschäftigt, ignoriert. Ich habe nachgesehen – den Spielstand von Golfer rolling habe ich im November 2004 angelegt. Ist das nicht irre? Ist das vielleicht schon ein Rekord für den längsten (bzw. langsamsten) „Speedrun“ der Welt? 😀 Na, vielleicht zumindest für dieses Spiel! xD
Ok, Schluss mit dem Eiertanz. Es wird Zeit den störrischen Highlands den Kampf anzusagen und diese verflixte, nahezu perfekte Runde Golf, bei extrem widrigen Bedingungen endlich zu schaffen. Ich kann euch gar nicht mehr sagen, wie viele Anläufe ich diesmal gebraucht habe, aber in jedem Fall waren es mehrere Abende, die für fehlgeschlagene Versuche draufgegangen sind. Immer wieder landet mein Ball im Wasser oder im hohen, nur schwer bespielbaren Gras („Rough“).
Doch dann – eines schönen Dienstagabends war es endlich so weit. Nach weiteren 2 Stunden Golf (mit teils frustrierenden Ergebnissen) habe ich mich auf eine letzte Runde eingelassen. Durch ein paar glückliche, direkt verwandelte Chips (Einlochen des Balls von außerhalb des Grüns) lag ich bereits recht früh (nach 9 Löchern) gut im Rennen, aber bis zum Ende des 18. Lochs war es dann eine unfassbare Zitterpartie, da die letzten Löcher immer schwerer, bzw. unberechenbarer werden. Am Ende hat es dann aber glücklicherweise – wenn auch sehr knapp, nämlich exakt um einen Schlag – gereicht. Mit dem letzten, versenkten Putt…
…haben wir tatsächlich die Course Challenge der Highlands geschafft, dadurch die letzte, fehlende Gold-Medaille erhalten und damit die World Tour endlich beendet. Jubel, Trubel, Heiterkeit!
Mit dem erspielten Preisgeld können wir nun unseren Golfer auf die höchste Charakterstufe hochleveln und gelten jetzt als „Master“ – ist das nicht schön? 🙂
Doch damit ist das Spiel leider noch nicht ganz zu Ende. Mit dem „Master Q School Tournament“ wartet eine letzte Herausforderung, quasi der virtuelle Golf-Endboss! 😉
In einem sich über vier Golfkurse (und somit 72 Löcher) erstreckenden Turnier müssen wir als Sieger hervorgehen, um das Spiel ein für alle Mal abzuschließen. Ich gebe es offen zu – anhand der Beschreibung hatte ich richtig Schiss, dass es mich erneut ein paar Jahre kosten könnte, die Herausforderung zu bestehen. Gerade der Predator-Golfkurs (welchen wir an Tag vier des Turniers bewältigen müssen) hat mir in der Vergangenheit – trotz seines idyllisches Settings samt altertümlichen Pyramiden – schon des öfteren ein Bein gestellt.
Im Vergleich zu der letzten Challenge in den schottischen Highlands kam mir das Turnier aber dann fast wie ein Spaziergang im Park vor und ich habe es tatsächlich beim ersten Versuch geschafft – und das mit einem beachtlichen Vorsprung!
Mensch, wenn man das virtuelle Preisgeld doch nur auf ein echtes Bankkonto überweisen könnte! 😉
Nach Abschluss des Karrieremodus beglückwünschen uns die Entwickler zum Erfolg…
…und belohnen uns mit einem meiner Meinung nach eher mäßigen Video von Tiger Woods, wie er 2001 beim Bay Hill Invitational Tournament einen ikonischen Schlag zum Sieg nachspielt. Ach ja, all die Arbeit für ein verpixeltes MPG-Video. Ist das Leben nicht schön? 😀
Durchatmen – wir haben es geschafft. Es wird Zeit die Golfschläger an den Nagel zu hängen und die Welt des virtuellen Golfens ein für alle Mal zu verlassen. So albern es klingt: Tiger Woods PGA Tour 2004 zu 100% durchzuspielen ist mit Sicherheit mein persönlich „längstes jemals erspieltes Achievement“ und definitiv ein Erfolg, bei dem ich mir nicht sicher war, ob ich ihn jemals erreichen werde. Ich habe gejubelt, gelitten und vor lauter Verzweiflung das Spiel auch mal mehrere Monate einfach liegen lassen. So verrückt das klingt, ich finde das war’s wert! 🙂
Fun Fact: So ganz habe ich mich noch nicht dazu durchgerungen, den „Deinstallieren“-Button zu drücken. Vielleicht nur noch eine letzte Runde…
In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!