#305 – Billard-Uhr

Ach ja, es geht doch nichts über eine schöne Runde Billard am Feierabend…

Ich sag es euch – für mich persönlich gibt es wenig Dinge im Leben, die ich entspannender empfinden würde. Ab und zu tut es einfach echt gut, seine Zeit mit Themen außerhalb der digitalen Welt (also so komplett „offline“) zu verbringen. „Digital Detox“ ist hier das Stichwort! 😉

Blöd ist nur, dass ich dabei immer gerne die Zeit vergesse und so ggf. nicht rechtzeitig das Billardspielen beende, um z.B. ein altes DOS-Spiel zu installieren oder den nächsten Blogbeitrag zu schreiben. Was könnte es wichtigeres geben? 😛

Spaß beiseite – trotzdem wäre es nicht schlecht, wenn ich auch beim Billard spielen etwas die Zeit im Auge behalten könnte. Völlig logisch: Wir brauchen also eine Uhr. Ich hätte sogar schon den idealen Platz, wo wir einen Zeitmesser aufhängen könnten. Das Stückchen Wand oberhalb der Balkontür wirkt doch sehr leer, meint ihr nicht auch?

Jetzt fehlt nur noch eine Uhr in einem möglichst stimmigen Design, welches zu dem ganzen „Billard-Setting“ passt. Da könnte man doch sicher was schönes basteln, oder? Oh weh – ich höre schon wieder Stimmen in meinem Kopf:

Aber retrololo – wieso hängst du nicht einfach eine 10€-Uhr aus dem Baumarkt an die Wand? Oder wieso trägst du nicht eine Armbanduhr? Oder noch einfacher – wieso legst du nicht einfach dein Handy irgendwo hin? Da wäre ja auch eine Uhr drauf!“

Tja – das wären die einfachen (oder langweiligen?) Lösungen. Nicht mit mir! 😛 Heute wollen wir versuchen, uns eine „Billard-Uhr“ zu bauen. Und ja – ich gebe es ja zu – es gibt wenig Gründe, sich den Aufwand zu machen, aber hey – mit dieser Argumentation könnte man so ziemlich jedes Bastelprojekt zerreden, also Ruhe auf den billigen Plätzen! 😛

Um ehrlich zu sein, kam mir die Idee auch eher spontan beim Ausmisten meiner Billard-Kugelsätze. Wer sich erinnert – in Artikel 193 haben wir uns ja ausgiebig mit verschiedenen Sätzen von Billardkugeln beschäftigt. Wie jedes Material leiden auch die Billardkugeln unter einem gewissen Verschleiß. Durch den ständigen Kontakt der Kugeln mit dem Spielfeld sowie untereinander entstehen Kratzer sowie ein gewisser Abrieb, der die Bälle unrund werden lässt. Bei besonders alten (oder günstig hergestellten) Kugeln können im schlimmsten Fall sogar Abplatzungen auftreten. In jedem Fall verfärben sich die Kugeln (gerade die gestreiften Bälle oder die weiße Kugel) im Verlauf der Jahre. Hier ein Vergleichsbild von ein paar neuen Kugeln (oben) und ein paar älteren (unten). Ich finde man sieht den Unterschied deutlich!

Derzeit spiele ich eigentlich ausschließlich mit „Aramith Tournament Pro-Cup“-Kugeln, da sie das beste Laufverhalten (Bälle laufen gerade und kippen nicht seitlich weg) und Spielgefühl an den Tag legen. Meiner Meinung nach macht es wenig Sinn, einen nicht mehr verwendeten Kugelsatz weiter zu behalten, dementsprechend wird es Zeit, die ältesten, bzw. vermeintlich „schlechtesten“ Kugeln auszumisten. Die Bälle vom Typ „Aramith Premium“ habe ich damals beim Kauf des Billardtischs dazu erworben und entsprechend lange waren die Kugeln auch im Einsatz.

Auf den ersten Blick machen die Bälle zumindest optisch betrachtet eigentlich gar keinen so schlechten Eindruck:

Schaut man etwas genauer hin, fallen aber schnell die vielen Kratzer auf, welche das Laufverhalten der Kugeln negativ beeinflussen.

Not so fun Fact: So was ist immer schwer zu fotografieren, aber ich hoffe ihr könnt trotzdem halbwegs erkennen, was ich meine.

Jetzt haben die Kugeln also ausgedient und es stellt sich die Frage, was man mit den Dingern noch anstellen könnte. Erst beim Blick auf die auf den Bällen aufgedruckten Nummern ist mir die zündende Idee gekommen: Die Kugeln sind ja von eins bis fünfzehn durchnummeriert! Da bietet es sich ja förmlich an, die ersten zwölf in einer Uhr zu verarbeiten, oder? 😛

Der Plan steht – wie gehen wir es an? In jedem Fall benötigen wir eine Holzplatte. Eine einfache Leimholzplatte für 15€ aus dem Baumarkt sollte es da tun:

Als nächstes brauchen wir eine Schablone um zu wissen, an welcher Position später Löcher für die Kugeln gebohrt werden müssen. Es sieht nicht nach viel aus, aber im Endeffekt war es gar nicht so einfach, die Löcher kreisrund anzuordnen, dann auf vier DIN A4 Seiten zu drucken und anschließend entsprechend zusammenzukleben. Ein DIN A2 Drucker hätte hier vermutlich geholfen, aber wer hat schon so was? 😀

Not so fun Fact: Ich habe die erstellte Schablonengrafik als PDF exportiert und musste lange suchen, bis ich mit dem Foxit Reader eine PDF-Software gefunden hatte, die eine große Grafik auf verschiedene Seiten aufteilen kann. Der „normale“ Druckdialog unter Windows oder eine PDF-Anzeige im Browser scheinen so etwas nicht zu können oder ich stelle mich einfach zu blöd an! 🙁

Jetzt können wir die Leimholzplatte entsprechend zurecht sägen, die Kanten abfeilen und dann die Schablone darauf mit etwas Tesa befestigen:

Zum Bohren der Löcher habe ich einen Sägekranz verwendet. Wie es der Zufall will ist ein Sägeblatt mit 58 Millimeter Durchmesser dabei. Seit Artikel 59 wissen wir, dass eine normale Billardkugel einen Durchmesser von 57,2 Millimeter hat. Das sollte also gut passen!

Bevor wir bohren, sollten wir trotzdem erst mal mit einem der abgeschnittenen Stücke probieren, ob der Lochdurchmesser auch wirklich passt. Sieht gut aus 🙂

Das soeben heraus gesägte Stück können wir auch gleich ideal als Hilfswerkzeug zum Markieren, bzw. Ankörnen der Kreismitte verwenden. Bei Holz ist das zwar nicht so wichtig wie bei Metall oder Beton, dennoch erhoffe ich mir, dass wir dadurch die Löcher halbwegs mittig bohren können.

Not so fun Fact: Ein vorausdenkender retrololo hätte auch gleich auf der Papierschablone die Mitte der Kreise markieren können, aber so weit hat er natürlich nicht gedacht… 😛

Ruhe bitte, es wird gebohrt!

Fertig – nun ja, so halb. Zumindest haben wir die Papierschablone erfolgreich zerstört! XD

Leider scheint das Sägeblatt nicht ganz durch das 1,8cm dicke Brett durch zu gehen. Komisch – bei der Testbohrung war das noch der Fall?! Ist ja auch egal, dann müssen wir eben von der anderen Seite nochmal ran:

Trotz Schablone und Vorkörnen sind die Bohrungen nicht optimal geworden und leicht verrutscht, aber das nehme ich im Kauf. Einerseits fehlt mir das passende Werkzeug (z.B. ein akkurater Bohrständer oder eine Lochsäge im korrekten Durchmesser mit längerem Sägeblatt), andererseits die Geduld, das alles nochmal zu machen! 😛 Gerade bei so „Resteverwertungsprojekten“ finde ich es auch nicht schlimm, wenn man sieht, dass es selbstgemacht ist. Hauptsache, man kann noch etwas mit gebrauchten Gegenständen anfangen und schmeißt nicht alles in den Müll! 🙂

So richtig nach einer Uhr sieht das viereckige Ding allerdings noch nicht aus. Ich denke es kann nicht schaden, wenn wir noch die vier Ecken im 45 Grad Winkel absägen. Sind wir mal ehrlich – wer will schon vier Ecken haben, wenn er auch acht haben kann? 😛

Mal überlegen, was fehlt noch? In jedem Fall ein Uhrwerk. Für solche selbstgebastelten Uhren (siehe z.B. die Playstation-Uhr aus Artikel 54) verwende ich immer flüsterleise „Sweep“-Werke. Die sind mit ca. 10-15€ zwar nicht gerade günstig, aber mich nervt das laute Ticken der Billig-Uhrwerke und ich habe die Hoffnung, dass die etwas teureren Werke nicht bereits nach einem Jahr kaputt gehen.

Jetzt müssen wir nur irgendwie herausfinden, an welcher Stelle das Loch für die Zeigerwelle des Uhrwerks gebohrt werden muss. Auch hier hätte man vorher dran denken und einen mittigen Punkt auf der Schablone markieren können, aber so viel Gehirnschmalz ist scheinbar nicht vorhanden. Um jetzt nachträglich genau die Mitte zwischen den gebohrten Löchern zu finden, habe ich mir etwas Wolle von meiner besseren Hälfte gemopst und sie durch die Bohrungen durchgefädelt. Klar, das ist jetzt nichts weltbewegendes, aber ich finde es trotzdem eine echt kreative Idee! 🙂

Um der Uhr noch etwas mehr „Billard-Flair“ zu verleihen, habe ich etwas selbstklebende Veloursfolie (passenderweise im Farbton „billardgrün“) besorgt. Diese müssen wir jetzt zurechtschneiden, aufkleben und um die jeweiligen Ecken falten.

Fun Fact: Tatsächlich war der ursprüngliche Plan, für die Bespannung ein Stück echtes Billardtuch zu verwenden. Die Idee mit dem Velours kam ganz spontan bei einem Gang durch die Tapetenabteilung im Baumarkt. Ich bin gar nicht böse, diese selbstklebende Folie gefunden zu haben, weil ich einerseits gar nicht weiß, woher ich so ein kleines Stück Billardtuch herbekommen hätte und andererseits auch unklar ist, wie man das auf der Leimholzplatte hätte befestigen können. Ein glücklicher Zufall! 😀

Damit die Ecken nicht so dick auftragen, können wir das Velours an den Kanten einschneiden und alle auf der Rückseite überstehenden Stofffetzen mit einem Cutter entfernen. So schaut unser Ziffernblatt schon fast nach einem „echten Billardtisch“ aus, findet ihr nicht? 🙂

Bevor wir die Kugeln einsetzen können, müssen wir den Stoff an den Stellen, an denen sich die Bohrungen befinden, einschneiden. Ich habe vorsichtshalber auch die Ränder etwas eingeschnitten, damit sich das Vlies später nicht wölbt oder gar reißt.

Nun können die Bälle im Uhrzeigersinn (Wortspiel beabsichtigt) eingesetzt werden. Zum Verkleben der Kugeln verwende ich „Pattex Repair 100%“-Kleber. Nein – der heutige Beitrag wird nicht von Pattex gesponsert, aber ich habe einfach festgestellt, dass der Alleskleber am besten funktioniert, weil dieser im Vergleich zu Sekundenklebern nicht fest, sondern elastisch aushärtet und so unsere aus Phenolharz hergestellten Kugeln ideal in den Löchern halten sollten. Ein weiterer Vorteil des zähflüssigen Klebers ist es, dass er nicht durch die Spalte zwischen Kugel und Loch auf das Vlies läuft.

Not so fun Fact: Eigentlich wollte ich die Kugeln alle auf einen Schlag verkleben, aber das war auf Grund der leicht unterschiedlichen Lochdurchmesser nicht machbar. Entsprechend musste jede Kugel (mit entsprechender Wartezeit dazwischen) einzeln verklebt werden. Auch die perfekte Positionierung und Ausrichtung der Bälle war nervenaufreibend. Ich glaube nochmal würde ich das nicht machen! 😀

Ich finde, es war den Aufwand aber wert, denn mit dem Ergebnis bin ich schon zufrieden. Jetzt müssen wir eigentlich nur noch ein Loch für das Uhrwerk stechen, selbiges mit dem Ziffernblatt verschrauben und die Zeiger aufsetzen.

Fertig ist unsere Billard-Uhr! 🙂

Um diese auch an einer Wand aufhängen zu können, habe ich einen „Bilderaufhänger“ an die Rückseite geschraubt. Schon lässt sich unser selbstgebastelter Zeitmesser am Mauerwerk befestigen. Jetzt thront das knapp zweieinhalb Kilogramm schwere Gerät oberhalb der Balkontür und es gibt keine Ausrede mehr für mich, die Zeit beim Billard spielen zu vergessen! 😉

Mann, bin ich froh, dass das Ding endlich fertig ist. Auch wenn es sich nicht so liest, hat mich die Uhr doch einiges mehr an Nerven gekostet, als es hätte sein müssen – wie fast immer bei einem eher „unorganisierten“ Bastelprojekt. Genau das macht aber auch irgendwie den Charme aus, wenn man einfach „drauflos“ arbeitet und sich erst im Verlauf des Projekts Gedanken um die einzelnen Arbeitsschritte und Teile macht. So entstehen oft die kreativsten Lösungen, weil man sich mit unerwarteten Problemstellungen beschäftigen und entsprechend improvisieren muss. Das wichtigste am Ende des Tages ist sowieso der Weg und nicht das Ziel. Die Erfahrungen, die man beim Basteln gesammelt hat, kann einem keiner mehr nehmen. Und unabhängig davon: Je spezieller ein Projekt ist, umso unwahrscheinlicher ist es, eine geeignete Anleitung dafür zu finden. Oder wüsstet ihr, wo es ein Tutorial gibt, wie man eine Billard-Uhr baut? Ich nicht! 😛

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!

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