Mann – bin ich froh, dass wir beim letzten Mal die CMOS-Batterie des Philips-Computers erfolgreich reparieren konnten. Jetzt können wir uns endlich mit etwas Software beschäftigen.
Nun ja, zumindest so halb. Den Rechner immer von Diskette aus zu starten ist natürlich alles andere als optimal. Ganz klar – uns fehlt noch eine Festplatte! Tatsächlich ist in dem guten Stück auch bereits ein Platte verbaut, das hatte ich im Rahmen der letzten Beiträge völlig vergessen zu erwähnen! 😀
Mal sehen, was haben wir denn da? Aha – eine „RO3055“ des schottischen Herstellers Rodime. Die 55 Megabyte große MFM-Festplatte (formatiert sind es noch 46 MB) ist vertikal in das Gehäuse eingebaut. Um zu prüfen, ob das gute Stück noch funktioniert, müssen wir mit dem Setup-Programm nochmal die CMOS-Einstellungen anpassen und den korrekten Plattentyp setzen.
Fun Fact: Die Firma Rodime ist das erste Unternehmen, welches 1983 3,5“ große (anstatt der damals üblichen Bauform von 5,25“) Festplatten baute! Die ersten Modelle RO351 und RO352 konnten in formatiertem Zustand sage und schreibe fünf, bzw. zehn Megabyte speichern. Crazy! 🙂
Leider sieht es so aus, als wäre unser Plattenmodell bei den fünfzehn auswählbaren Typen nicht dabei. Sehr ärgerlich. Aber wie kann das sein? Irgendwie muss die Platte ja im BIOS definiert worden sein, andernfalls kann sie ja noch nie in dem PC funktioniert haben?
Ich traue es mich ja fast gar nicht zu sagen, aber wir verwenden das falsche Setup! 😀 Naja, nicht wirklich – aber zumindest eine alte Version davon! Wer sich erinnert – beim letzten Mal habe ich noch großspurig getönt, dass man im Internet keine Quelle für das BIOS-Konfigurationsprogramm auftreiben könnte. Was die von uns verwendete, deutschen Version 1.1 angeht sollte ich Recht behalten, allerdings habe ich mittlerweile tatsächlich noch eine neuere Version 2.0 – allerdings in holländischer Sprache – auftreiben können. Das kannst du dir nicht ausdenken! 😀
Ach ja, bevor ich es vergesse: Die neue Version des Setups läuft natürlich nicht mit der von uns in Artikel 310 erstellten MS-DOS-Startdiskette. Das Programm benötigt mindestens MS-DOS 3.30 und die DOS-Version auf der Startdiskette ist lediglich MS-DOS 3.21. Knapp daneben ist eben auch vorbei. Also habe ich – um das BIOS-Setup zum Laufen zu bekommen – eine weitere Startdiskette mit MS-DOS 5.0 erstellt und die neue Version des Setup-Programms darauf kopiert. Heute läuft es wieder! xD
Immerhin hat sich der Aufwand gelohnt, denn mit dem holländischen Konfigurationsprogramm lässt sich tatsächlich der korrekte Plattentyp unserer Festplatte im BIOS setzen.
Was lernen wir also daraus? Die Holländer sind den Deutschen einen Schritt voraus. 😛 Spaß beiseite – ich denke das liegt eher daran, dass Philips ein niederländischer Konzern ist und vermutlich ein großer Wert auf den holländischen Markt (Hardware, Software und Support) gelegt wurde. In der holländischen Version gibt es sogar eine zweite Seite, auf welcher Einstellungen zum CPU-Takt sowie dem seriellen, bzw. parallelen Port gemacht werden können. Sieht so aus, als hätte unser Rechner tatsächlich eine 8 MHz-CPU verbaut, so wie wir es in Artikel 309 vermutet haben. Damit ist das System noch etwas schwächer als der 286er aus Artikel 233 – der hatte 12,5 MHz und 1 MB RAM! 😀
Fun Fact: Um dem PC nicht unrecht zu tun – mit dem adb-PC aus Artikel 282 haben wir ein noch älteres, bzw. schwächeres System am Start. Der Philips steht also nicht ganz am Ende der Liste! 😉
Nicht schon wieder abdriften – wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, bei der Festplatte. Nach einem Neustart sieht es so aus, als hätte der PC tatsächlich das Laufwerk erkannt. Leider lässt sich nicht davon booten und da wir keine Startdiskette eingelegt haben, bleibt das System stehen:
Mit eingelegter Start-Diskette schlägt der Zugriff auf Laufwerk C: leider auch fehl. „Sektor nicht gefunden“ ist eine dieser Fehlermeldungen, die man nie gerne liest! 🙁
Zumindest lässt sich mit FDISK die Partitionierung der Platte anzeigen. Sieht so aus, als hätten wir zwei Partitionen. Man könnte sich fragen, warum man eine 46 MB große (bzw. kleine) Festplatte überhaupt partitionieren sollte, aber ich habe sogar eine Theorie, warum das so gemacht wurde. Ältere Versionen von MS-DOS (so auch die mutmaßlich eingesetzte Version 3.21) unterstützen lediglich Partitionsgrößen von bis zu 32 Megabyte. Ich vermute mal, dass der Vorbesitzer zwei Partitionen erstellt hat um die vollen 46 MB der Platte ausnutzen zu können! 🙂
Schön und gut, aber das hilft uns bei dem Problem mit den fehlerhaften Sektoren auch nicht weiter. In Artikel 236 haben wir bereits das Festplattendiagnosetool „Spinrite“ kennengelernt. Damit sollten wir die Festplatte mal analysieren, um herauszufinden, was das Problem sein könnte.
Bei der Gelegenheit macht es Sinn, eine „Low-Level-Formatierung“ (auch physikalische Formatierung genannt) durchzuführen. Dabei wird der Datenträger vollständig gelöscht und von Grund auf neu in Sektoren und Spuren aufgeteilt. Für gewöhnlich gehen dabei die Benutzerdaten auf der Festplatte verloren. Die Software Spinrite macht das „non-destructive“, also ohne dass Daten verloren gehen. Hm, wie soll das denn funktionieren? Im Endeffekt werden die Daten von der Disk gelesen und temporär an einer anderen Stelle auf der Platte gespeichert. Nach der physikalischen Formatierung werden die zuvor gelesenen Daten zurück in die neu erstellten Bereiche geschrieben. Clever!
Not so fun Fact: Ein Nachteil der „non-destructive“-Formatierungsmethode ist, dass sie sehr langsam ist. Könnt ihr euch vorstellen, dass der Vorgang insgesamt knapp 6 Stunden gedauert hat? Und wir reden hier nur von der C:\-Partition! Leute in den Achtzigern hatten wohl mehr Zeit und Geduld! 😛
Uff – kein Wunder, dass DOS nichts mehr auf der Platte findet. Selten habe ich so viele defekte Sektoren auf einem Haufen gesehen! 🙁
Not so fun Fact: So richtig überraschend ist das nicht, denn die Festplatten der Marke Rodime waren leider nicht gerade für Langlebigkeit und Qualität bekannt. 😉
Immerhin – anschließend können wir zumindest wieder auf Laufwerk C: zugreifen. Leider gibt es hier nicht wirklich was Spannendes zu sehen und ein Großteil der ausführbaren Programme ist nicht mehr lauffähig, da sich an der Stelle auf der Platte, an der sie gespeichert waren, einige defekte Sektoren befunden haben. Das ist schade, aber da es sich nur um eine mehr oder weniger „blanke“ DOS-Installation handelt, haben wir nicht wirklich was verloren.
Laufwerk D: (das wohl interessanter gewesen wäre, da sich hier mutmaßlich die Benutzerdaten befinden) hat sich leider trotz mehrerer Anläufe nicht wiederherstellen lassen. Darüber bin ich schon etwas mehr enttäuscht, da wir so dem ehemaligen Besitzer seine Daten nicht mehr zukommen lassen können. Andererseits – wenn er sie die letzten 35 Jahre nicht vermisst hat, dann wird er sie jetzt auch nicht mehr brauchen! 😉
Zurück zu Laufwerk C:\. Trotz der Mühen klappt der Startvorgang von der Festplatte nicht. Ich vermute, dass die Disk mittlerweile einfach zu viele defekte Sektoren hat und die logische Formatierung sowie das System selbst damit nicht mehr klarkommen.
Da ich sowieso plane, MS-DOS neu zu installieren können wir aber noch einen Anlauf wagen und versuchen, die Platte mal vollständig zu löschen. Dafür verwende ich das Tool „SpeedStor“, welches ebenfalls einen Low-Level-Format – allerdings destruktiv, also mit Löschung sämtlicher Daten – durchführen kann. Dafür muss als erstes der korrekte Typ der Festplatte ausgewählt werden:
Anschließend kann der Initialisierungsvorgang gestartet werden. Dabei müssen ein paar (aus heutiger Sicht sehr kryptische) Fragen beantwortet werden. So muss z.B. ein „Interleave“-Faktor angegeben werden. Dahinter verbirgt sich die Art und Weise, wie Sektoren auf die Platte geschrieben werden. Bei alten PC-Systemen konnten Daten vom Rechner nicht so schnell verarbeitet werden, wie sie von der Platte geliefert werden. Durch die Angabe eines Interleaves können Sektoren „ausgelassen“ werden, um dem Rechner mehr Zeit zu lassen, Datenblöcke von der Platte zu lesen. Klingt kompliziert – ist es auch! 😀 Gut, dass so Zeug, aus heutiger Sicht keine Rolle mehr spielt.
Not so fun Fact: Es ist schwierig, die passenden Werte herauszufinden, erfahrungsgemäß hat sich ein 2:1-Interleave für AT-Systeme als sinnvoll herausgestellt.
Nach der Initialisierung sollten wir nochmals die Festplatte auf defekte Spuren untersuchen lassen…
…und daraufhin ggf. gefundene Spuren als „defekt“ markieren, so dass sie nicht mehr vom System verwendet werden können:
Not so fun Fact: Auch hier hat es nochmal gefühlt eine Ewigkeit gedauert, bis die 872 Zylinder endlich vollständig initialisiert und überprüft waren. Klar geht dabei viel Zeit drauf, aber man muss solche Dinge als etwas „Meditatives“ betrachten! 🙂
Jetzt sollte unsere Platte vorbereitet sein und wir können sie endlich mit FDISK partitionieren und abschließend via FORMAT logisch formatieren:
Na dann wird es Zeit, MS-DOS zu installieren. Ich habe lange überlegt, ob es Version 5.0 oder doch eher 3.30 sein soll. Zeitgenössischer wäre Version 3.30, allerdings hat diese den Nachteil, dass sie auch nur mit 32 MB großen Partitionen umgehen kann und wir entsprechend die Festplatte nochmal neu partitionieren müssten. Darauf habe ich eigentlich keine Lust. Dafür würde v3.30 kaum konventionellen Speicher belegen. MS-DOS 5.0 wäre vermutlich die sinnvollere Lösung, allerdings belegt die Version etwas mehr Speicher unterhalb der 640 kB Grenze und entsprechend müssten wir uns dann mit Speichermanagern herumärgern. Das ist problematisch, da wir nicht mehr RAM zur Verfügung haben und ich auch nicht plane, diesen aufzustocken. Bei der schwachbrüstigen 8 MHz-CPU und der monochromen Grafikkarte macht das nicht wirklich Sinn. Also was tun?
Ich denke ich habe mit „MS-DOS 3.31“ den perfekten Kompromiss gefunden. Diese Version von MS-DOS wurde nahezu ausschließlich über OEM-Partner in Kombination mit einem Compaq-Rechner vertrieben und konnte nie frei im Handel einzeln erworben werden. Grundsätzlich ist sie mit Version 3.30 identisch, bietet aber den Vorteil, dass sie mit 512 MB großen Partitionen umgehen kann. Also genau das, was wir brauchen! 🙂 Eine entsprechende Startdiskette ist schnell erstellt und unser Philips-PC kann direkt davon starten.
Im Vergleich zu MS-DOS 5.0 besitzt die ältere Version noch keinen eigenen Installationsdialog. Um sie dennoch auf der Festplatte zu installieren, muss eine Reihe von Befehlen eingegeben werden. Alles kein Hexenwerk, im Endeffekt müssen lediglich ein paar Dateien auf die Festplatte in das Stammverzeichnis sowie den Unterordner „DOS“ kopiert werden. Mit dem Befehl „sys c:“ wird unsere Festplatte dann bootfähig gemacht.
Nach einem Neustart wird dann tatsächlich das Betriebssystem von der Festplatte gestartet. Da wir noch keine AUTOEXEC.BAT angelegt haben, werden bei jedem Start Dinge wie Datum und Uhrzeit abgefragt und auch der Prompt (Eingabeaufforderung) sieht noch etwas dürftig aus:
Unter MS-DOS 3.31 steht uns noch nicht der gewohnte Ganzseiteneditor „EDIT“ zur Verfügung und wir müssen uns mit dem zeilenorientierten Editor „EDLIN“ auseinandersetzen. Ohne Anleitung ist man hier komplett aufgeschmissen. Das Ding erinnert mich fast an den ISPF-Editor, den man für gewöhnlich auf Mainframe-Betriebssystemen von IBM findet. Für Neueinsteiger extrem kryptisch, aber sehr effizient, wenn man sich damit auskennt.
Fun Fact: Aufmerksamen Lesern wird das Ding ggf. noch aus Artikel 172 bekannt sein! 😉
Eine einfache AUTOEXEC.BAT, in welcher der Pfad zum DOS-Verzeichnis sowie das Layout des Promptes definiert werden ist schnell erstellt. Ich musste allerdings etwas herumexperimentieren, damit auch noch das deutsche Tastaturlayout beim Systemstart geladen wird. Die Syntax der alten Befehle hat es mit unter in sich und ist in einigen Fällen alles andere als transparent! 😀
Ende gut, alles gut. Die Hardwareprobleme sind gelöst und DOS ist installiert. Mann, bin ich froh, dass die Festplatte doch noch läuft und wir kein Ersatzteil besorgen müssen. Diese Dinger sind mittlerweile unfassbar teuer geworden. Ich freue mich schon, wenn wir beim nächsten Mal ein paar Spiele installieren können! 🙂
In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!