Ist es nicht schön, wenn mal was funktioniert? So wie unser Philips-PC, auf welchem wir beim letzten Mal eine ganze Reihe alter (und neuer) Spiele zum Laufen gebracht haben.
Aber war da nicht noch irgendein Cliffhanger am Ende des letzten Beitrags? Ich erinnere mich da ganz dunkel an etwas… Ah, jetzt weiß ich es wieder! Beim Spielen von „Planet X3“ (welches wir bereits aus Artikel 284 kennen) ist mir aufgefallen, dass der PC-Speaker-Sound recht leise ist.
Im Endeffekt ist es völlig logisch, dass wir kaum etwas von den piepsigen Tönen hören, denn der PC gibt auch – ganz ohne Audioausgabe – schon einige Geräusche von sich. Zum einen wäre da der Netzteillüfter, welcher munter vor sich hin dreht und so für ein permanentes Hintergrundrauschen sorgt.
Allerdings ist der Ventilator sogar recht leise – zumindest im Vergleich zu den Laufgeräuschen, welche die alte Rodime-Festplatte von sich gibt. Nicht nur beim Hochdrehen (spin up) ist das Ding laut – auch im normalen Betrieb sorgt der Datenspeicher für eine ständige Geräuschkulisse.
Fun Fact: Das Bild habe ich mir aus Artikel 311 gemopst! 😉
Ich befürchte, dass wir daran nicht wirklich etwas ändern können – außer wir bauen eine andere (etwas leisere) Festplatte oder alternativ eine CompactFlash-Karte (wie in den Artikeln 266 und 296) ein. Dann hätten wir aber wieder das Problem, dass das BIOS des PCs nicht mit den Datenträgern umgehen kann. Hm, und jetzt?
Klar – wir könnten eine Soundkarte einbauen und dann externe Boxen anschließen, aber um ehrlich zu sein, würde ich den PC gerne so lassen wie er ist. Zu diesen ganz alten Spielen mit monochromer Bildausgabe passt der PC-Lautsprecher einfach gut. Beim Durchsehen der Mainboard-Dokumentation ist mir ein mysteriöser Jumper (W5) aufgefallen, mit welchem sich angeblich die Lautstärke des PC-Lautsprechers verändern lässt:
Klingt abgefahren, das sollten wir uns mal genauer ansehen. Dafür müssen wir das gute Stück nochmal aufschrauben:
Und siehe da – in der Tat befindet sich direkt hinter dem Lautsprecher auf der Platine der W5-Jumper.
Durch das Überbrücken der beiden Pins wird die Lautstärke angeblich um die Hälfte verringert. Entsprechend müsste der Speaker bei gezogenem Jumper deutlich lauter piepsen. Das lässt sich nur auf einen Weg herausfinden! 😉
Krass! Ohne den gesteckten Jumper klingt der Speaker tatsächlich etwas lauter, sehr cool! 🙂
Fun Fact: Damit ich nicht alleine die „Musik“ genieße, könnt ihr euch hier auf YouTube das Intro von Prehistorik mit anhören! 😉
Steckt man den Jumper wieder auf, ist die Soundausgabe wieder etwas leiser. Um ehrlich zu sein bin ich überrascht, dass das vollkommen dynamisch (also im laufenden Betrieb) funktioniert. Zum Herumexperimentieren können wir uns den Jumper über ein paar Dupontkabel nach außen legen:
Dabei kommt mir eine Idee: Wäre es nicht cool, die Lautstärke über einen Schalter je nach Wunsch umstellen zu können? Im Endeffekt brauchen wir dafür eigentlich nur einen Kippschalter (gibt es für zwei Euro auf eBay) sowie ein Stück Kabel mit zwei Adern – idealerweise mit einer Buchse, welche wir direkt am Mainboard aufstecken können.
Fun Fact: Das verdrillte Kabel mit der Buchsenleiste für zwei Pins stammt vom defekten PC-Speaker aus Artikel 257! Wie gut, dass ich es „damals“ nicht direkt entsorgt habe! 😀
Jetzt fehlt eigentlich nur noch eine geeignete Stelle am PC-Gehäuse, an der wir das Ding befestigen können. Ich denke die Blende des nachträglich eingebauten 3,5“-Diskettenlaufwerks wäre ein idealer Ort, denn so müssen wir einerseits nicht das originale Gehäuse des PCs zerstören und andererseits lässt sich so der PC leichter auseinanderbauen, ohne den Schalter entfernen zu müssen.
Ein kleines Loch zur Durchführung des Schalters nach außen ist schnell gebohrt. Darin lässt sich der Schalter recht einfach mit Hilfe einer Gegenmutter verschrauben.
Ist das nicht cool? Jetzt können wir zu jederzeit über den kleinen Schalter neben dem Laufwerk die Lautstärke des PC-Speakers verändern. Echt geil, dass das so funktioniert! 😀
Ich denke damit sind wir mit dem PC endgültig fertig, oder? Nicht ganz! 😉 Wenn wir die Kiste sowieso schon offen haben, können wir uns gleich noch einer ISA-Karte widmen, welche wir bisher sträflichst vernachlässigt haben. Erinnert ihr euch noch an das „Intel Above Board“?
In Artikel 309 haben wir das gute Stück aus dem Rechner ausgebaut. Zur Erinnerung: Bei dem Ding handelt es sich um eine RAM-Erweiterungskarte (Memory Expander), mit welcher dem System zusätzlicher Arbeitsspeicher zur Verfügung gestellt werden kann. Eine voll bestückte Karte liefert bis zu zwei Megabyte zusätzlichen RAM. Da unsere Karte nur zur Hälfte mit Speicherbausteinen bestückt ist, müsste es also ein zusätzliches MB sein.
Ob das Ding wirklich ein weiteres MB an RAM liefert, lässt sich nur durch das Einstecken der Karte in den PC herausfinden. Scheint so, als hätten wir mit der Vermutung Recht gehabt. Ohne verbaute Karte hat der Rechner insgesamt 640 kB Arbeitsspeicher (512 kB fest verbaute DIP-Chips und 128 kB in Form von zwei SIMM-Modulen mit je 64 kB). Mit verbautem „Above Board“ zeigt uns der PC beim Starten insgesamt 1.664kB RAM an, also exakt ein Megabyte (bzw. 1.024 Kilobyte) mehr. Scheint zu funktionieren. 🙂
Generell bietet das Above Board zwei unterschiedliche Betriebsmodi. Einerseits kann die Karte den konventionellen Speicherbereich eines PCs von 512 kB auf 640 kB (also um 128 kB) erhöhen. Das wird mit Hilfe der beiden rechten Reihen an Chips bewerkstelligt. Gerade in älteren Systemen mit wenig Arbeitsspeicher (also nur 512 kB) macht das Sinn. Die restlichen Chips in den verbleibenden sechs linken Reihen werden dann – abhängig von der Konfiguration – als EMS (Expanded Memory) oder XMS (Extended Memory) für den PC nutzbar gemacht (Betriebsmodus „A“). Alternativ kann die Karte auch ausschließlich zur Erweiterung des Erweiterungsspeichers (entweder EMS oder XMS) verwendet werden (Betriebsmodus „B“). Genau das ist bei unserer Karte der Fall, da der Rechner von sich aus ja bereits 640 kB an konventionellem Arbeitsspeicher verbaut hat und so alle Chips auf der Karte genutzt werden, um dem Rechner ein weiteres Megabyte an XMS-Speicher zu spendieren.
Um ehrlich zu sein, macht es wenig Sinn, die Karte in dem Philips-Computer eingebaut zu lassen. Die meisten auf dem PC lauffähigen Spiele kommen locker mit den 640 kB RAM klar und somit wäre der zusätzliche Speicher eine totale Verschwendung. Warum erwähne ich das Ding also trotzdem nochmal? Nun, ich könnte mir vorstellen, dass ich die Karte in einem anderen PC gut gebrauchen könnte und so macht es Sinn, sie auf die maximale Ausbaustufe hochzurüsten. Unser Modell vom Typ „Above Board AT“ unterstützt angeblich bis zu zwei Megabyte an Speicher. Klingt gut, aber was brauchen wir dafür? In jedem Fall weitere RAM-Bausteine vom Typ „KM41256AP-12“:
Leider reicht uns nicht einer davon, sondern wir brauchen insgesamt 36 Stück – kein Witz! Jeder dieser Chips besitzt 32 Kilobyte Speicher, sodass sich insgesamt 1024 kB, also ein Megabyte ergibt. Ich kann euch gar nicht sagen, wie lange ich suchen musste, bis ich diese Chips in der benötigten Menge auftreiben konnte. Letztendlich bin ich bei einer polnischen Firma, welche sich auf den Vertrieb von alten und neuen elektronischen Bauteilen spezialisiert hat, fündig geworden. Richtig verwunderlich ist das nicht, wer hat heutzutage schon noch Bedarf an einer großen Stückzahl von 32 kB großen, bzw. kleinen Speicherchips? 😀
Fun Fact: Tatsächlich bräuchte man nur 32 Chips um 1.024 Kilobyte an RAM zu erhalten. Vier der Chips dienen als „Parität“, also z.B. zur Erkennung von Bitfehlern im Arbeitsspeicher. Wird ein Fehler erkannt, wird der Computer angehalten und das laufende Programm stürzt ab. Das ist zwar nicht schön, aber immer noch besser, als wenn der PC unbemerkt mit falschen Daten rechnet. Was ärgerlich ist: Für die vier weiteren Chips musste ich nochmal eine Bestellung in Polen aufgeben, weil ich sie beim ersten Bestellvorgang vergessen hatte. Ein typischer Fail – shit happens! 🙁
Damit können wir jetzt unser Intel Above Board bestücken:
Fun Fact: Für gewöhnlich sind die beiden rechten Reihen von älteren Above Boards mit jeweils 8 kB großen Chips bestückt. Das ergibt insgesamt 128 kB und reicht so genau für den Zweck, 512 kB RAM in einem alten XT-System auf 640 kB aufzurüsten. Bei unserer Karte wurden mutmaßlich vom Vorbesitzer allerdings 32 kB große Chips in den beiden rechten Reihen verbaut. Ich vermute, das wurde gemacht, weil der PC bereits genügend konventionellen Arbeitsspeiche besitzt und sich so das volle Megabyte (vier bestückte Reihen) als XMS-Speicher, bzw. für dessen Erweiterung nutzen lässt.
Um zu überprüfen, ob unser „Speicherupgrade“ funktioniert hat, bauen wir die Karte wieder fix in den PC ein. Beim ersten Versuch bekommen wir einen kryptischen Fehler (MEMORY ADDRESSING ERROR). Zunächst war ich etwas ratlos, bis mir aufgefallen ist, dass einer der RAM-Chips nicht vernünftig im Sockel steckte und so vermutlich nicht erkannt wurde. Versuch Nummer zwei glückt dann aber und der Rechner startet wieder ohne Fehlermeldung. Leider bleibt der angezeigte RAM-Wert bei 1.664kB. Wieso denn das?
Damit die Intel-Karte die zusätzlichen Chips erkennt, müssen wir sie mit geeigneter Software entsprechend konfigurieren. Das Konfigurationsprogramm (SETBOARD.EXE) ist schnell heruntergeladen und auf eine Diskette kopiert.
Not so fun Fact: Am Anfang hatte ich die falsche Version der Software (scheinbar für eine andere Revision der Karte) heruntergeladen. Entsprechend wurde beim Einrichtungsvorgang das Above Board erst gar nicht vom Konfigurationsprogramm erkannt. Seht es mir nach, dass ich euch diesen Fail angesichts der späten Stunde – bzw. der bereits beträchtlichen Länge des Beitrags – erspare! 😉
Bei der Einrichtung der Karte gibt es einige (teils etwas kryptische) Dinge zu beachten, auf die ich gar nicht weiter eingehen möchte. Einfach gesagt müssen wir uns nur entscheiden, für welchen Speichertyp wir die Karte verwenden möchten. Da ich die Karte perspektivisch in einem anderen PC-System verwenden möchte, macht es Sinn, die verbauten zwei Megabyte als EMS-Speicher zu definieren. So sparen wir uns vielleicht irgendwann in Zukunft verrückte Handstände mit dem EMM386-Speichermanager, um virtuellen EMS zu definieren. Der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch an den Wahnsinn in den Artikeln 257 und 266! 😛
Bevor der Speicher jedoch wirklich einsatzbereit ist, muss mit einem weiteren Programm (SOFTSET.EXE) eine angepasste CONFIG.SYS-Datei erstellt werden, in welcher der Speichermanager „EMM.SYS“ beim Systemstart geladen wird, welcher uns letztendlich den EMS-Speicher zur Verfügung stellt. Uff, ist das wieder alles kompliziert.
Fun Fact: Um meine Systemkonfiguration auf dem Philips-PC nicht zu zerschießen, habe ich eine Startdiskette erstellt und das Intel-Programm die CONFIGS.SYS auf der Disk editieren lassen.
Egal, es war den Aufwand wert, denn tatsächlich wird nun nach einem Neustart das Above Board erkannt und unserem Philips-PC ständen jetzt satte zwei Megabyte an EMS-Speicher zur Verfügung. Sehr geil! Ich könnte mir vorstellen, dass mir das Ding bei zukünftigen Bastelprojekte noch gute Dienste leisten könnte, da einige DOS-Spiele ja zwingend auf EMS-Speicher angewiesen sind.
Hm, worum ging es im heutigen Beitrag eigentlich nochmal? Ach ja, richtig – den Philips-PC! 😀 Sorry, dass ich mal wieder etwas vom eigentlichen Thema abgedriftet bin. Keine Angst, ich will euch auch gar nicht weiter mit langweiligen, technischen Details quälen. Wie versprochen wollen wir nun die „kleine“ Beitragsreihe rund um den Retro-Computer aus dem Hause Philips beenden.
Fun Fact: Da ich nichts über das Baujahr herausfinden konnte, habe ich spaßeshalber eine Anfrage an die Firma „Esch & Pickel GmbH“ (siehe Artikel 309), welche das System in den Achtzigern verkauft hat, gestellt. Zu meiner Überraschung habe ich tatsächlich eine Antwort bekommen. Laut der netten Dame vom Support wurde das Gerät 1987, als es noch ziemlich neu war, für geschätzte 5.000 DM (allerdings ohne Extras wie EGA-Grafik oder RAM-Erweiterungskarte) verkauft. Kein schlechter Deal, wenn man den Listenpreis von 7.520 Mark für das „kleinere“ Modell (mit 20 anstatt 45 MB Festplatte) bedenkt.
Ich finde, dass der Rechner (trotz seiner recht schlichten Aufmachung) letztendlich wirklich viel zu bieten hat und bin froh, dass wir uns ein paar Abende mit dem Ding beschäftigt haben. Ich könnte mir vorstellen, dass so ein System Ende der Achtziger in zahlreichen Büros oder bei Privatpersonen mit einem dicken Geldbeutel gestanden ist. Vermutlich wurde der PC damals aber eher für langweilige Dinge wie Textverarbeitungssoftware oder Buchhaltung verwendet und nicht zum Spielen von Videospielen. Gut, dass wir uns die Zeit genommen haben, um dem guten Stück ein paar neue Tricks in Form von ein paar uralten Spielen beizubringen, findet ihr nicht? 😉
In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!