Richtig viel Platz haben wir mittlerweile ja nicht mehr in unserem „Switch-Blumenstrauß“. So ein Mist. Und dabei hätte ich noch das ein oder andere Spiel, ähm ich meine natürlich die ein oder andere Blüte, die ich darin gerne unterbringen würde…
Wie in Artikel 288 angekündigt bleibe ich jetzt bei der falschen Schreibweise von „Switch-Bouquet“. Gegen etwas künstlerische Freiheit und Individualität spricht ja nichts, oder? 😉
Mal sehen – vielleicht ist ja doch noch ein klein wenig Platz im Bukett? Zumindest das struppige Dornengewächs „Gibbous – A Cthulhu Adventure“ muss definitiv noch mit in den Strauß!
Das 2019 veröffentlichte Erstlingswerk des rumänischen Indie-Studios „Stuck In Attic“ kam bei Kritikern und Fans von Point-and-Click-Adventures gleichermaßen gut an. Grund genug für mich, dass wir uns das Spiel etwas genauer ansehen! 🙂
Fun Fact: Laut der Beschreibungsseite des Entwicklers bei Steam besteht das Studio lediglich aus drei Personen (zwei Männern und einer Frau) sowie einigen Katzen. Vielleicht ist das der Grund, warum eine Katze eine zentrale Rolle in dem Spiel einnimmt? 😉
Bei Gibbous – A Cthulhu Adventure handelt es sich um ein modernes Point-and-Click-Adventure. Konkret heißt das: Dinge anklicken, Spielwelt erkunden, mit Leuten reden, Gegenstände mitnehmen und an anderer Stelle wieder verwenden. Gewohnte Kost für Adventure-Fans also. Anstatt einer Steuerung über Parser oder Verben können wir die Welt per Maus- bzw. Knopfdruck sowie einem daraufhin erscheinenden, dreigeteilten Interface mit unterschiedlichen Befehlen, erkunden. So lassen sich Gegenstände ansehen, diese aufnehmen oder eine Art „Spezialaktion“ durchführen. Welche das ist, hängt davon ab, mit welchem Charakter man gerade unterwegs ist.
Fun Fact: Die Idee mit dem dreigeteilten Interface gefällt mir gut und erinnert mich irgendwie an das Münzinterface aus „The Curse of Monkey Island“.
Im Spiel steuert man nämlich drei davon. Naja, eigentlich zweieinhalb. Die meiste Zeit verbringen wir mit Buzz Kerwan, einem etwas ängstlichen und immer leicht überfordert wirkenden Bibliothekar. Begleitet wird Buzz von seiner zynischen Katze Kitteh, welche durch einen missglückten Zauber auf einmal sprechen kann und mit ihrer launigen Art immer für einen guten Spruch zu haben ist. Als Spezialaktion kann Buzz Kitteh bitten, bestimmte Gegenstände für ihn an schwer zugänglichen Orten zu holen – praktisch so ein Vierbeiner!
In den späteren Kapiteln steuern wir dann noch Don R. Ketype, einen grimmigen Detektiv, welcher den Auftrag bekommen hat, ein mysteriöses altes Buch (das Necronomicon) für einen Kult zu suchen. Im Verlauf des Spiels bekommt er die Fähigkeit, Erinnerungen und Gespräche zu einem bestimmten Gegenstand aus der Vergangenheit abrufen zu können. Ein cooles Feature, welches leider nicht ganz so stark in das Spielgeschehen (und die Rätsel) integriert ist, wie es hätte sein können.
Visuell betrachtet gibt es hier nichts zu meckern. Das Spiel entführt uns an über 60 verschiedene, handgezeichnete Orte. Die Entwickler haben sehr viel Wert auf Details gelegen und eine Spielwelt erschaffen, die im Rahmen ihrer Regeln und Gesetze glaubwürdig wirkt. Es ist zwar dem düsteren Voodoo-Setting geschuldet, aber manche Hintergründe wirken für meinen Geschmack etwas zu dunkel. Ich musste schon sehr genau hinsehen, bzw. auf die eingebaute Hotspot-Funktionalität zurückgreifen, um wirklich alle Gegenstände finden zu können.
Ein weiterer Punkt, in dem Gibbous richtig Eindruck schindet, sind die Animationen. Gerade die – mit überzeichneten Charakteren vollgestopften – Zwischensequenzen sind wirklich ansehnlich designed und erinnern mich etwas an alte Disney-Filme, wie z.B. „Ein Königreich für ein Lama“. Hier wurde sehr viel Zeit und Liebe investiert, um die Charaktere lebendig werden zu lassen.
Auch die Akustik des Spiels ist gelungen. Die meisten Synchronsprecher der rein in englisch gehaltenen Sprachausgabe machen ihre Sache gut, mit einigen wenigen Ausnahmen. Besonders hervorzuheben ist die Synchronsprecherin der Katze Kitteh, welche die eingebildete Art des schlagfertigen Vierbeiners perfekt verkörpert. Gleiches gilt für den Soundtrack. Er fügt sich sehr gut in die meist düsteren und mystischen Orte, die es zu erkunden gilt, ein. Ich habe die musikalische Begleitung zu keiner Zeit störend empfunden, leider ist aber auch kein Stück mit Ohrwurmpotenzial à la Monkey Island oder Leisure Suit Larry dabei.
Seine wohl größte Stärke spielt Gibbous beim Humor aus. Trotz der düsteren Story schafft es das Spiel in so gut wie jeder Szene, dem Spieler ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Die Dialoge sind witzig geschrieben, häufig wird die vierte Wand durchbrochen und gerade Kitteh schafft es immer wieder, uns mit einem unvorhergesehenen Kommentar zu überraschen. Das Spiel ist voll von Referenzen auf andere Spiele sowie die heutige Popkultur.
Kommen wir abschließend noch zum – meiner Meinung nach – größten Kritikpunkt des Spiels. Die Story. Uff, die Story… Selten habe ich mich bei einem Point-and-Click-Adventure so schwer getan, einer Geschichte zu folgen. Es fühlt sich fast so an, als würde man einen verwirrenden Quentin Tarantino Streifen schauen und sich nach ein paar Stunden fragen, um was es in dem Film eigentlich geht. Die Handlung basiert auf dem von H. P. Lovecraft erdachten „Cthulhu-Mythos“. Vielleicht liegt es dran, dass ich die dazugehörigen Bücher nie gelesen habe, aber selbst nach dem Durchspielen von Gibbous tue ich mich schwer, euch in nur ein paar Zeilen die verworrene Geschichte zu erklären.
Also es gibt irgendwie einen mysteriösen Gott namens „Bob Olmstein“, der mit den Menschen spielt und durch ein Buch (das Necronomicon) den Lauf der Dinge verändert, bzw. vorherbestimmt. Dann gibt es zwei Kulte, welche sich das Buch unter den Nagel reißen wollen. Und wir (in Person von Buzz Kerwan) sind mittendrin und wollen doch eigentlich nur unsere sprechende Katze zurückverwandeln, um ihr ein normales Katzenleben zu ermöglichen. Klingt abgefahren? Ist es auch. Dabei war doch bis Kapitel 5 alles in Ordnung! Erst Kapitel 6 und 7 haben mich persönlich dann völlig abgehängt. Ab hier wird die Story noch verrückter und entwickelt sich in eine Richtung, die man so zu Beginn der Reise definitiv nicht vorhersehen konnte. Das Ende lässt dann leider zahlreiche Handlungsstränge unaufgelöst ins Leere laufen und hinterlässt so einen etwas faden Beigeschmack. Unabhängig der Tatsache, dass das Spiel im surrealen Lovecraft-Universum spielt, haben die Entwickler es meiner Meinung nach einfach verpasst, den Spieler besser in die Erzählung der Geschichte mitzunehmen. Echt schade, hier wäre so viel mehr drin gewesen!
Fun Fact: Die Kollegen der MAN!AC (heute wohl eher unter dem Namen „M! Games“ bekannt) haben es treffend zusammengefasst: „Charmantes Lovecraft-Adventure – Humor und Grafik gefallen, leider gibt es Schwächen in Sachen Story.“ Dem ist nichts hinzuzufügen! 🙂
Dennoch kann ich euch „Gibbous – A Cthulhu Adventure“ empfehlen. Ungeachtet der komplexen Story bietet das Spiel allerlei skurrile Gestalten, lustige Dialoge und viel Charme bei Design und Animation der Spielwelt. Wenn ihr euch dazu entscheiden solltet, das Spiel zu spielen, würde ich euch die PC-Version ans Herz legen. Technisch betrachtet ist die 2020 für Nintendo Switch portierte Version zwar gelungen, aber einige Texte wirken doch sehr klein und das Spiel lässt sich mit einer Maus einfach noch einen Tick komfortabler steuern.
Hm? Was sehe ich da? Zwischen den ganzen Blumen unseres Switch-Blumenstraußes scheint sich ein letztes, kleines Loch aufzutun. Das könnte gerade groß genug sein, dass auch noch die sehr kleine Blüte „The Little Acre“ darin einen Platz findet.
Das irische Entwicklerstudio Pewter Games hat das Spiel bereits 2016 entwickelt, für Nintendo Switch wurde es allerdings erst 2019 portiert. The Little Acre handelt von Aidan und dessen Tochter Lily, die im Irland der 1950er Jahre auf einem ländlichen Anwesen leben.
Aidens Vater ist vor einigen Tagen verschwunden und so macht sich der arbeitslose Sohnemann auf die Suche nach seinem alten Herrn.
Sieht so aus, als wäre Arthur (Aidans Vater) ein raffinierter Erfinder gewesen, welcher sich mit Kristallenergie und der Erzeugung von transdimensionalen Portalen beschäftigt hat. Hinter einem dieser Portale im Gartenschuppen des Anwesens liegt die Phantasie-Welt „Clonfira“, in welcher Arthur mutmaßlich verschwunden ist.
Unsere Aufgabe ist es nun herauszufinden, was mit Arthur passiert ist. Während Aidan auf der Suche nach ihm in die Parallelwelt reist, bleibt natürlich auch seiner Tochter Lily die Abwesenheit ihres Vaters und Großvaters nicht unbemerkt und so entschließt sie sich, ebenfalls nach Clonfira zu reisen.
Viel mehr kann man zu der Story leider nicht sagen, um nicht essentielle Details sowie das Ende zu spoilern. Macht aber nichts, denn auch so kann und möchte ich noch ein paar Worte über The Little Acre verlieren. Wir übernehmen abwechselnd die Steuerung von Aidan sowie Lily. Per einfachem Tastendruck werden die Umgebung untersucht und Gegenstände in das Inventar aufgenommen.
Die Rätsel sind denkbar einfach und pro Raum gibt es meist nur (wenn überhaupt) eine Hand voll Hotspots anzuklicken. Weiterhin sorgen eine Hotspot-Anzeige sowie ein ausgedehntes Hilfesystem für zusätzliche Unterstützung (z.B. Tipp geben oder Rätsel gleich ganz lösen lassen), sodass selbst Adventure-Neulinge sich schnell zurecht finden sollten. Ich könnte mir vorstellen, dass mit dem Spiel eine eher jüngere Zielgruppe angesprochen werden soll.
Generell ist The Little Acre wie eine Art „Escape Game“ aufgebaut. Der Spieler befindet sich stets in einem überschaubaren Bereich und muss versuchen, diesen zu verlassen. Dadurch ergeben sich meist nicht viele Möglichkeiten die gefundenen Gegenstände einzusetzen. Dennoch ist das Gamedesign prinzipiell clever und die Rätsel meist logisch. So dient z.B. die Introsequenz, in der Aidan versucht sich anzuziehen, ohne seine Tocher zu wecken, als raffiniertes Tutorial. Ohne großes Geschwafel lässt sich hier direkt ins Spiel einsteigen.
Analog zu Gibbous zeichnet sich The Little Acre vor allem durch seine liebevollen Animationen aus, welche locker als Zeichentrickserie auf RTL Zwei durchgehen könnten.
Auch die gelungene, in englisch gehaltene Sprachausgabe sowie die malerischen Hintergründe – gerade von der Traumwelt Clonfira – machen was her und verleihen dem Spiel Charme. Gleiches gilt für den subtilen, aber stets vorhandenen Humor.
Doch das ist nicht die einzige Parallele zum transsilvanischen Abenteuer. Wie auch bei Gibbous wurde bei The Litte Acre einfach so unfassbar viel Potenzial verschenkt, aus der eigentlich interessanten und ausbaufähigen Story etwas mehr herauszuholen. Warum macht man sich den Aufwand, so viele liebevolle Animationen und Orte zu designen, wenn das Spiel drumherum dann nicht viel hergibt?
Dementsprechend ist die kurze Spielzeit von ca. 2 Stunden vermutlich auch einer der größten Kritikpunkte des Spiels. Zu fast jedem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, dass man nur schnell von einem Ort zum nächsten geführt wird, ohne die Welt richtig erkunden zu können. Gerade im letzten Kapitel könnte man den Eindruck bekommen, dass den Entwicklern sowohl Zeit, als auch Geld ausgegangen sind. Selten habe ich so ein überhastetes Ende gesehen. Man hat fast das Gefühl, als würde man ein „erstes Kapitel“ oder eine Demoversion des Spiels spielen und nicht eine Vollversion.
Sei es drum – trotz der genannten Schwächen hinterlässt The Little Acre einen charmanten Eindruck. Besonders Familienhund Dougal kann punkten und gerade für Genreneulinge kann man das familienfreundliche, kurze Abenteuer empfehlen.
So, ich denke damit hätten wir unser Switch-Bouqet aber endgültig vervollständigt. Insgesamt haben 13 schöne Blümchen darin Platz gefunden. Die Bibliothek an Indie-Spielen wäre – gerade auf der Nintendo Switch – zwar noch riesig, aber ich denke dafür müssen wir uns dann ein neues Format suchen! 😉
In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!