#328 – Super Game Boy Modding

Mann, was war das bitte für ein dreister Cliffhanger beim letzten Mal! Da behaupte ich noch ganz frech, dass es die Möglichkeit gibt, einen Super Game Boy 2 hierzulande zu ergattern, bzw. zu betreiben, aber wie das geht, habe ich euch natürlich nicht verraten. Ich entschuldige mich an dieser Stelle förmlichst, aber seht es mir nach: Ich versuche mittlerweile die Länge der Beiträge auf einem bestimmten Niveau (netto, also ohne Bilder ca. zwei Seiten) zu halten. Für viel mehr Text reicht die Energie einfach nicht – weder bei mir, noch bei meiner Revisorin oder bei euch, wenn ihr es am Ende dann lesen müsst! 😛

Darum schnell zurück zum Thema. Wo waren wir? Ach ja! Wir hatten über den Super Game Boy gesprochen und das Problem, dass er technisch bedingt (durch Berechnung des Game Boy CPU-Takts aus dem SNES-Konsolentakt) etwas zu schnell läuft. Ebenso besitzt das Ding keinen Link Port und so kann man damit z.B. keine Pokémon tauschen.

Genau für dieses Problem haben die Japaner den Super Game Boy 2 erfunden, welcher all diese Schwächen behebt. Wie wir bereits festgestellt hatten, ist das Problem an dem Ding aber, dass es lediglich in Japan für NTSC-Konsolen erschienen ist und wir das Teil dank „Lockout Chip“ nicht auf unserer europäischen PAL-Konsole betreiben können. Die ach so tolle zweite Revision des Super Game Boys fällt also für uns flach und wir müssen uns mit den Unzulänglichkeiten der ersten Version abfinden. Was für ein Mist!

Fun Fact: Mit etwas Trickserei (Einbau in ein anderes Modulgehäuse), würde man den SGB2-Adapter wohl auch auf einer amerikanischen NTSC-Konsole zum Laufen bekommen. Aber auch das hilft uns nichts, weil wir ja in Europa leben und nur PAL-Geräte (samt anderer Auflösung, Farbcodierung und Bildwiederholfrequenz) zur Verfügung haben. Klar könnte man sich auch einfach eine japanische Konsole kaufen und mit einem speziellen, für 230 Volt angepassten Netzteil an einem Fernseher, der auch die NTSC-Norm unterstützt, betreiben. Ob sich der Aufwand allerdings lohnt, Adapter, Konsole und ggf. einen geeigneten Fernseher aus Fernost zu importieren, wage ich zu bezweifeln. Ebenso würden sich auf dem japanischen Gerät – dank dem Lockout Chip – ja dann auch wieder keine europäischen PAL-Spiele abspielen lassen. Was für ein Schlamassel! 😀

Wenn ich eins im Lauf der letzten Jahre im Bereich der IT gelernt habe, dann ist es der Fakt, dass es so gut wie immer eine Lösung gibt. „Geht nicht, gibt’s nicht“ wird sich wohl auch Ben, in der Hacking-Szene besser unter dem Namen „qwertymodo“ bekannt, gedacht haben, als er entsprechende Modifikationen für den Super Game Boy – konkret für die in Europa und Amerika erschienene, erste Version des Adapters – erdacht hat. Mit dem „Super Game Boy Clock Mod“ soll es möglich sein, dem Ding die korrekte Taktfrequenz beizubringen und mit Hilfe des „Super Game Boy Link Port Mod“ können wir angeblich sogar einen Link Port hinzufügen. Das hört sich ja genau nach dem an, was wir suchen! 🙂

Ich kann euch gar nicht sagen, wie schwierig es war, die entsprechenden Teile hierzulande zu kaufen. Für gewöhnlich vertreibt Ben seine Produkte nur über Tindie jenseits des großen Teiches und ich musste lange warten und mehrfach nett nachfragen, um den einen magischen Moment zu erwischen, in dem die Teile über einen europäischen Shop angeboten und auch verfügbar waren.

Not so fun Fact: Dank Versand und Import-Gebühren aus Amerika waren die Teile leider auch nicht billig, aber das geht schon in Ordnung, wenn man bedenkt, was für ein nischiges Produkt das ist! 🙂

Nachdem wir die beiden Mods nun endlich haben, können wir sie im Super Game Boy verbauen. Dafür müssen wir als erstes mal das Modul aufschrauben. Ihr kennt den Drill – für die ungeläufigen Außentorxschrauben braucht es natürlich wieder ein spezielles Bit – der übliche Wahnsinn! 😀

Im Inneren des SGB angekommen, sehen wir… nicht viel? Moment – das ist ja nur die Rückseite der Platine!

Um die Leiterplatte wenden zu können, müssen die kleinen Kreuzschlitzschrauben am Modulport gelöst werden:

Auf der Vorderseite gibt es schon deutlich mehr zu sehen:

Fangen wir mit dem „Clock Mod“ an. Puh, ist das ein kleines Teil! Mit einem Wattestäbchen daneben fällt erst mal auf, wie winzig die Schaltung ist.

Bevor wir das Ding verlöten können, müssen wir ein paar Kondensatoren und Widerstände von der Platine des SGB entfernen:

Anschließend wird die kleine Platine, welche einen Quarzoszillator zur Erzeugung der korrekten Taktfrequenz beheimatet, an vier Punkten auf der SGB-Hauptplatine verlötet.

Das war es tatsächlich auch schon! Dank dieser Modifikation sollte unser Super Game Boy jetzt in der korrekten Geschwindigkeit laufen. So weit, so gut. Jetzt kommt der schwierige Part, denn jetzt wollen wir versuchen, dem Super Game Boy noch einen „Link Port“ zu spendieren. Da sich innerhalb des Super Game Boys an und für sich die gleiche CPU wie in einem regulären Game Boy (nur mit anderer Firmware betrieben) befindet, ist auch die Hardware zur Kommunikation mit einem Link-Port grundsätzlich vorhanden. Es fehlt lediglich die Verbindung zu einer Buchse nach außen!

Fun Fact: Der „Link Port Mod“ erfordert sogar einen bereits installierten „Clock Mod“, da es sonst zu Desynchronisation bei der Übertragung von Daten zu sauber getakteten Konsolen (wie z.B. einem originalen Game Boy) kommen kann. Gut, dass wir das bereits erledigt haben! 🙂

Hatte ich mich nicht noch gerade über die Mini-Platine des Clock Mods aufgeregt? Tja, die Teile für den Link Port Mod sind tatsächlich noch mal etwas kleiner. Vor allem das flexible Flachbandkabel ist echt winzig:

Uff – und das Teil müssen wir jetzt direkt an ein paar Pins der CPU löten!

Ich habe im Folgenden die Stellen markiert, an denen was getan werden muss. Insgesamt sind es sieben Lötstellen, fünf davon an CPU-Pins:

So richtig viel kann ich über diesen Schritt nicht sagen. Hier hilft nur viel Geduld und eine möglichst ruhige Hand. Ich gebe es nur ungern zu, aber ich habe mehrere Anläufe (inklusive exzessiven Einsatz von Flussmittel und Entlötlitze) gebraucht, bis die entsprechenden Stellen alle sauber verlötet waren, ohne dass irgendwelche Brücken entstanden sind. Das sieht auf den Bildern alles viel größer aus, als es in Wirklichkeit ist! xD

Fun Fact: Wer richtig mutig ist, kann versuchen, diese beiden Modifikationen ohne entsprechende Adapterplatinen per „Freiluftverdrahtung“ durchzuführen. Sofern man die entsprechenden Teile parat hat, spart das etwas Geld, aber wenn ich ehrlich bin, ist mir das etwas zu wild! 🙂

Gut, dass das geschafft ist. Damit die Buchse in das Gehäuse des Super Game Boys eingebaut werden kann, müssen wir ein kleines Loch in beide Gehäusehälften feilen:

Als letzter Schritt muss nun noch das Flachbandkabel sowie die Modulportplatine mit ein paar Drähten verbunden werden. Ich habe die Stellen, an denen sich potenziell Lötstellen berühren könnten, mit etwas Tonpapier sowie Heißkleber isoliert – sicher ist sicher! 😀

Damit ist unser modifizierter Super Game Boy fertig…

…und wir können ihn wieder zusammenschrauben.

Bleibt eigentlich nur noch die Frage zu klären, ob unsere beiden Modifikationen auch wirklich funktionieren. Zumindest scheint der Super Game Boy grundsätzlich noch zu laufen. Wenn ich mich nicht täusche, hört sich der Sound jetzt tatsächlich auch etwas klarer (und nicht gepitcht) an.

Um herauszufinden, ob das Ding auch wirklich langsamer läuft, habe ich jeweils ein kurzes Stück Audioausgabe mitgeschnitten – einmal vorab (also vor dem Umbau) und jetzt nach dem Clock Mod. Anhand der Grafik merkt man sofort, dass der Adapter jetzt – wie gewünscht – ein kleines bisschen langsamer läuft. Auf die ca. eine Minute lange Aufnahme der Intromelodie von Pokémon Blau macht das schon fast eine Sekunde Unterschied aus. Passt! 🙂

Jetzt müssen wir nur noch testen, ob auch der Link Port funktioniert. Dafür habe ich ein weiteres Pokémon-Spiel (rote Edition), den Game Boy Color und das Link-Kabel aus Artikel 92 heraus gekramt.

Über das Link-Kabel lassen sich jetzt beide Spiele, bzw. der Super Game Boy Adapter mit dem Game Boy Color verbinden. Richtig viel gibt es dabei nicht zu berücksichtigen, man sollte lediglich darauf achten, dass man das Kabel erst in die Ports von Game Boy (Color) und Super Game Boy einsteckt, sobald die Konsolen gestartet wurden. Tut man das nicht, kann es sein, dass eine der Konsolen (oder beide) nicht starten. Ich vermute, dass es mit leichten Spannungsunterschieden zwischen den Geräten zu tun hat, welche über das Link Kabel zum jeweils anderen Gerät übertragen werden.

Anschließend lässt sich dann wirklich eine Verbindung aufbauen und wir können z.B. Pokémon tauschen oder gegeneinander kämpfen.

Hier wird z.B. gerade ein Karpador gegen ein Taubsi getauscht. Mann, ist das lang her, dass ich diese „Tausch-Animation“ das letzte Mal gesehen habe! 🙂

Damit sollten wir es mit den Super Game Boy dann aber auch gut sein lassen. Alles in Allem ist der Adapter schon ein cooles Teil. Es gibt einfach so viel zu entdecken, da viele Spiele besondere Modi oder Funktionen erst im Zusammenspiel mit dem SGB freigeben. Und alleine die Tatsache, dass man auf einen Schlag die Möglichkeit hatte, bzw. hat, sämtliche Game Boy Spiele auf dem großen Bildschirm zu spielen, rechtfertigt schon den Kauf. So oder so glaube ich, dass der Super Game Boy zum beachtlichen Erfolg des SNES (knapp 50 Millionen verkaufte Konsolen) beigetragen hat.

Etwas schade ist, dass der Adapter von Haus aus das Geschwindigkeitsproblem hat, aber mit den beiden Modifikationen (also dem Clock Mod sowie dem zusätzlichen Link Port) wird aus dem Super Game Boy ein wirklich tolles Gerät. Ich habe abschließend noch einen kleinen Aufkleber auf die Vorderseite geklebt, damit man sofort weiß, dass der Super Game Boy getunt ist! 😉

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!

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