Seid ehrlich. Hat irgendjemand von euch das Textadventure, welches wir in Artikel 330 unter MS-DOS mit Retro-Werkzeugen programmiert und in Artikel 331 dann als Online-Version im Browser zur Verfügung gestellt haben, gespielt? 😉
Ich hoffe ja irgendwie schon, weil doch einiges an Arbeit darin steckt. Aber selbst wenn nicht, ist das kein Problem. Heute bekommt ihr nämlich nochmal die Gelegenheit dazu! 😛
Spaß beiseite – worum geht es konkret? Kurz nach der Fertigstellung des Programmcodes kam mir die Idee, auch eine physische Version des Spiels zu basteln. Ihr wisst schon – so ganz stilecht auf Diskette, wie man es von PC-Spielen aus den Achtzigern und Neunzigern kennt!
Klingt nach einem Plan. In meinem Kopf hatte ich schon Ideen für Grafiken und eine schicke Verpackung, allerdings musste ich meine anfängliche Euphorie schnell bremsen. Eine Produktion einer eigenen Pappschachtel samt aufwändigem Handbuch kommt leider nicht in Frage. Das wäre einfach viel zu teuer und wenn man ehrlich ist auch irgendwie den Aufwand für so ein kleines Hobby-Projekt nicht wert. Wir müssen also eine andere Lösung finden, die Disketten zu verpacken.
Bevor wir uns aber um eine geeignete Verpackung kümmern, sollten wir als Erstes mal die Datenträger erstellen. Mein Wunsch wäre es, das Spiel entweder auf DD-Disks (double density, double sided) mit 720 kB oder auf HD-Disks (high density, double sided) mit 1,44 MB zu packen. Dann hätte man die Wahl: HD-Disks für „moderne“ Retro-PCs und DD-Disks für richtig alte IBM-Mühlen ohne HD-Laufwerk! 🙂
Damit das klappt, müssen wir mit der Software „WinImage“ Image-Dateien, welche das Spiel samt einer kleinen Readme-Datei enthalten, für das jeweilige Format erstellen. Als kleinen „Bonus“ soll die Retail-Version zusätzlich eine – zugegeben etwas rudimentär gezeichnete – Karte als PDF enthalten.
Fun Fact: Natürlich könnte man die Daten auch einfach so auf eine Diskette kopieren, aber dann wäre nicht sichergestellt, dass alle Disketten exakt gleich (gleiche Sektoren, gleiche Struktur, gleicher Inhalt) aufgebaut sind. Ebenso wäre dann der Volume-Name unterschiedlich, sofern man ihn nicht bereits bei der Formatierung auf ein einheitliches Niveau angepasst hat.
Eins kann ich euch sagen: Mittlerweile wird es immer schwieriger, neue – oder zumindest gut erhaltene – funktionsfähige Disketten zu finden. Seit 2011 werden keine neuen Datenträger mehr produziert und entsprechend froh bin ich, wenn ich ab und zu mal noch irgendwo eine neue Packung auftreiben kann. Meist gibt es nur noch gebrauchte Disks und die letzten, noch originalverpackten Floppies werden teils für Unsummen verkauft.
Während man HD-Disketten noch eher findet, sind DD-Disks mittlerweile echt selten geworden. Hier konnte ich nichts Neues mehr auftreiben und entsprechend müssen wir ein paar gebrauchte Datenträger recyceln. Auf diesen Disks war früher mal Office-Software und ich habe sie mehrfach formatiert, auf Fehler geprüft und die Aufkleber in mühsamer Kleinstarbeit entfernt. Zugegeben eine recht fummelige Angelegenheit! 😀
Alles Schnee von gestern, denn jetzt können wir die Disketten beschreiben. Bei den HD-Disks geht das recht einfach. Per USB-Diskettenlaufwerk (siehe Artikel 46)…
…wird das 1,44 MB große Image auf die Disketten geschrieben. Natürlich hätte man das auch auf einem Computer mit einem fest verbauten Laufwerk machen können, aber so ist es bequemer.
Not so fun Fact: Selbst in der vermeintlich neuen Box mit Disketten waren leider drei defekte Datenträger, die sich dank fehlerhafter Sektoren nicht mehr beschreiben haben lassen. Das ist ärgerlich, aber leider völlig normal, wenn man bedenkt, dass die Disks aus dem Jahr 2000 stammen und schon 25 Lenzen auf dem Buckel haben!
Bei den DD-Disks müssen wir schon etwas mehr zaubern. Prinzipiell lassen sich DD-Datenträger auch von HD-Laufwerken beschreiben, allerdings kann es dabei – gerade wenn die Disks nicht passend formatiert sind – zu Komplikationen kommen. Um möglichst „perfekte“ DD-Disks zu erstellen, brauchen wir die Hilfe von dem alten adb 8088-Computer aus Artikel 282. Dieser ist nämlich das einzige Gerät in meinem Besitz, welches noch ein uraltes 3,5“-DD-Laufwerk verbaut hat! 😉
Es war eine ganz schöne Challenge, das 720 kB Image überhaupt auf den PC zu bekommen, schließlich gibt es dank fehlendem HD-Laufwerk keine Möglichkeit, größere Dateien auf den PC zu übertragen. Letztendlich habe ich das Image gezippt, über eine formatierte DD-Disk auf den PC gebracht, entpackt…
…und dann mit Hilfe von „RaWrite“ auf die Disketten geschrieben.
Auch die Datenträger selbst mussten mit ein paar Streifen Paketband überredet werden, sich überhaupt beschreiben zu lassen. Das liegt daran, dass sie für den Vertrieb von Software (also letztendlich nur ein lesender Zugriff auf dem Datenträger) vorgesehen waren und somit keinen Schreibschutzschieber verbaut haben! 😉
Mittlerweile sind aber alle Disks beschrieben:
Ein einfaches Cover ist schnell erstellt und auf Aufkleberpapier ausgedruckt.
Schon klar – hier könnte man designtechnisch definitiv deutlich mehr rausholen, aber wenn ich ehrlich bin gefällt mir der minimalistische Look. Das wirkt einerseits mysteriös und verleiht den Disks trotzdem irgendwie einen „wichtigen“ Eindruck – fast so, als würde es sich um richtige Software handeln! 😛
Bleibt nur noch die Frage zu klären, wie wir die Datenträger schön verpacken können. Wie bereits erwähnt, kommt die Produktion einer schicken Pappschachtel leider nicht in Frage. Nach etwas Recherche bin ich dann aber auf ein paar sehr interessante CD-Hüllen gestoßen:
Moment mal? CD-Hüllen? Wie soll darin denn eine Diskette Platz finden? Achso! Die Hüllen haben spezielle Einleger, in welchen sich exakt eine Diskette klipsen lässt. Cool!
Zuerst hatte ich geplant, normale CD-Jewelcases zu kaufen und den Plastikeinleger mit einem 3D-Drucker zu drucken. Dafür gibt es sogar entsprechende Vorlagen, allerdings müsste man vermutlich etwas tüfteln, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erhalten. Die Arbeit können wir uns sparen, nachdem ich nach langer Recherche ein paar Hüllen samt Einlegern ergattern konnte.
Not so fun Fact: Die Hüllen stammen aus den Neunzigern und wurden früher zum Vertrieb von Drucksoftware genutzt. Sie sind alle gebraucht und haben dementsprechend ein paar Kratzer und Schönheitsfehler. Klar könnte man neue CD-Hüllen kaufen, aber wenn ich ehrlich bin, finde ich das gar nicht so schlimm. Ich bin generell ein Fan von Recycling und irgendwie verleiht dieser gebrauchte „Low-Budget-Look“ dem Spiel auch einen gewissen „Indieflair“! 😉
Jetzt fehlt eigentlich nur noch ein geeignetes Cover für unser Spiel. Da ich bekanntermaßen selbst keinerlei Talent für Grafikgestaltung besitze, hat mir der gute Michi etwas mit dem iPad gezaubert:
Auf der Rückseite finden sich ein paar Infos:
Eigentlich hatte ich vor, die Cover professionell drucken zu lassen, doch leider ist es gar nicht so einfach einen Dienstleister zu finden, der noch CD-Cover (und vor allem faltbare Inlay-Cards für die Rückseite der Hülle) druckt. Meist geht das nur in sehr großen Auflagen (ab 1.000 Stück) oder kostet für Kleinstserien eine dreistellige Summe. Entsprechend habe ich mich dazu entschieden alles selbst (mit einem einfachen HP-Tintenstrahldrucker) zu drucken. Sicher nicht ideal, aber wenn ich ehrlich bin, ist es mir egal und alle alternativen Lösungen sind einfach zu teuer.
Not so fun Fact: Natürlich zeigte sich das Gerät – wie das für Drucker nun mal so üblich ist – extrem zickig und es hat mich mehrere Anläufe gekostet, ein halbwegs akzeptables Druckbild zu erhalten. Und auch unabhängig vom Druck selbst war die Ausrichtung der Grafiken und Textelemente ebenfalls anspruchsvoller als gedacht. Kein Wunder – wer erstellt heute schon noch CD-Cover? 😀
Aber egal. Mittlerweile ist alles fertig und ich bin mit dem Ergebnis zufrieden. Auf der Vorderseite der Hülle habe ich noch einen kleinen roten Aufkleber angebracht (und vorher hochprofessionell in MS Paint designed), welcher kennzeichnen soll, ob es sich um die DD- oder HD-Version handelt:
Ebenso gibt es Einlegeblätter, welche per QR-Code auf die Online-Version des Spiels verweisen:
Alles in allem bin ich mit der „Retail-Version“ von DORFLEBEN echt zufrieden und entsprechend habe ich gleich noch ein paar weitere Exemplare (wahlweise in der DD- oder HD-Version) produziert:
Not so fun Fact: Auch wenn das nicht nach viel aussieht, ist doch erschreckend viel Zeit zwischen dem initialen Bestücken der Disketten und den finalen Handgriffen vergangen. Ich will gar nicht mehr an die etlichen Stunden denken, die ich nur mit dem Ausschneiden und Falten der Cover, der Rückseiten oder den Einlegeblättern verbracht habe! xD
Wie man an eines dieser exklusiven Stücke kommt? Tja, das soll vorerst ein Geheimnis bleiben. Vielleicht ein kleiner Tipp: Die letzten paar Zeilen in Artikel 330 geben einen entscheidenden Hinweis darauf! 😉
Damit wollen wir das Thema „DORFLEBEN“ aber auch endgültig gut sein lassen. Spoiler alert: Beim nächsten Mal beschäftigen wir uns zwar erneut mit einem Videospiel, allerdings geht es dann nicht um ein von mir entwickeltes Game, sondern vielmehr um ein verschollen geglaubtes Abenteuer ein paar pixeliger Taschenmonster…
In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!