Na, habt ihr euch den Gastspieler-Beitrag über das Thema „Die Siedler II“ auf SPIELKRITIK.com, auf welchen ich in Artikel 338 verwiesen habe, durchgelesen? Brav! 🙂

Dann wisst ihr ja schon fast alles über den 1996 erschienenen Aufbaustrategieklassiker! Warum gibt es heute also noch einen weiteren Artikel zu dem Thema?

So gelungen ich den Text auch finde – leider lassen sich bei einem so umfangreichen Spiel nicht alle Facetten in einen ca. 3000 Wörter langen Text quetschen. Ich weiß – schwer zu glauben, aber so ist es wirklich! Heute möchte ich ein paar kleine Punkte aufarbeiten, welche ich im Rahmen des Beitrags leider nicht so detailliert beleuchten konnte, wie es mir lieb gewesen wäre. So sind wir beispielsweise noch gar nicht auf die technischen Aspekte des Spiels eingegangen.

Im Vergleich zu seinem Vorgänger wurde für die Siedler 2 erstmalig ein C-Compiler verwendet, anstelle von Assembler, wie es beim ersten Teil der Fall war. Ebenfalls stand neben einer VGA- (640×480) oder SVGA-Auflösung (800×600) sogar XGA (1024×768 Pixel) zur Verfügung, was für 1996 schon ein beeindruckendes Format war.

Das Spiel wurde für MS-DOS 5.0 entwickelt, lässt sich aber auch nativ unter Windows 9x (95 und 98) spielen. Benötigt wird dafür ein 80486-DX2-Prozessor mit 66 MHz, eine VLB- oder PCI-Grafikkarte mit VESA-Treibern. Ebenso werden ein Double-Speed-CD-ROM-Laufwerk sowie 35 Megabyte freier Festplattenspeicher vorausgesetzt. Und das waren nur die minimalen Systemanforderungen. Empfohlen war gar ein Intel Pentium Prozessor mit 75 MHz und 16 MB Arbeitsspeicher. Ganz schön heftige Systemanforderungen für die damalige Zeit!
Fun Fact: Laut Verpackung benötigt die Gold-Version mit 40 MB etwas mehr Festplattenplatz als das Standard-Release. Ich vermute, das liegt an den neun zusätzlichen Weltkarten mit weiteren Missionen. Was fünf Megabyte doch ausmachen können! 😉

Aus heutiger Sicht lässt sich Siedler 2 problemlos bei GOG erwerben oder alternativ, sofern man noch eine originale CD besitzt, auch über den DOSBox-Emulator auf modernen Systemen zocken. Seit Windows-XP-Zeiten lässt sich das Spiel leider nicht mehr nativ spielen, da es ein auf MS-DOS basierendes Betriebssystem voraussetzt.
Fun Fact: Auch Mac-Nutzer müssen nicht in die Röhre schauen, denn theoretisch sollte das Spiel sogar nativ mit etwas Gebastel auf aktuellen macOS-Systemen laufen. Der bessere, bzw. einfachere Weg ist vermutlich die Emulation der DOS-Version via DOSBox. Eine geeignete Anleitung findet sich z.B. hier.

Eine Besonderheit des Spiels ist mit Sicherheit der lokale Zweispielermodus, bei welchem zwei Mäuse an den PC angeschlossen werden und lokal im Split Screen gezockt werden kann. Auf einem alten 486er oder Pentium-PC unter MS-DOS oder Windows 95 ging das mit zwei seriellen Mäusen vergleichsweise einfach. Diese wurden schlicht und einfach an die seriellen COM-Schnittstellen angesteckt. Die Zeiten von seriellen Ports und Mäusen sind schon lange vorbei und entsprechend muss man heutzutage etwas basteln, um zwei USB-Mäuse mit dem Spiel zum Laufen zu bringen. Dafür wird der DOSBox Staging Emulator mit der ManyMouse-Bibliothek benötigt.

Doch auch als Einzelspieler kann man mit Siedler 2 etliche Stunden verbringen. Neben den zehn Levels der römischen Kampagne bietet die Gold Edition, bzw. die Missions-CD noch ein paar zusätzliche Herausforderungen für echte Siedler-Veteranen.

Ich habe ja bereits im Artikel auf SPIELKRITIK.com erwähnt, dass mir diese, auf echten Regionen der Welt (Kontinenten oder Inseln) basierenden, Karten zu schwierig sind. Respekt an alle Hardcore-Zocker, welche die Maps der Missions-CD geschafft haben. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viel Zeit man hier investieren müsste, um die ganze Kampagne erfolgreich abzuschließen!
Fun Fact: Anhand des Bildes sieht man ganz klar, dass ich lediglich die erste Welt-Mission „Europa“ absolviert habe. Ob ich mich irgendwann doch mal in Richtung Grönland, Nordasien oder Afrika wagen werde? Wer weiß…

Möchte man es nicht ganz so schwer haben und seinem „Siedler-2-Erlebnis“ eine persönliche Note verleihen, kann man auch selbst Hand anlegen. Der Gold-Edition liegt nämlich ein Leveleditor bei, mit dem man eigene Missionen erstellen kann.

Hier lässt sich auf so ziemlich alles Einfluss nehmen. Wie groß ist das Eiland? Welche Rohstoffe gibt es? Für wie viel Spieler ist die Mission konzipiert? Welche Beschaffenheit hat das Land? Ist es fruchtbar und lassen sich Gebäude bauen? Soll es Tiere auf unserer Insel geben? Wirklich beeindruckend, was sich mit dem Werkzeug alles festlegen lässt.

Es gibt sogar eine Plausibilitätsprüfung, die evaluiert, ob die erstellte Karte gültig ist und was ggf. noch getan werden muss, damit sie in das Spiel integriert werden kann. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Entwickler selbst das Tool zur Erstellung der zwanzig offiziell veröffentlichten Level verwendet haben.
Fun Fact: Die Bedienung des Editors ist größtenteils intuitiv, für ein paar Kommandos lohnt sich allerdings der Blick ins Handbuch.

Beim Stöbern durch die Spieldateien ist mir durch Zufall aufgefallen, dass sich auf der Missions-CD sogar ein paar, von Fans erstellte Karten für das Spiel befinden. Na, das nenne ich mal Bonuscontent!

Sofern man die Karten (liegen im SWD-Dateiformat vor) in die entsprechenden Verzeichnisse kopiert, lassen sie sich tatsächlich im Spiel einlesen…

…und im Modus „Freies Spiel“ dann entsprechend konfigurieren und spielen.

Die Vorstellung, dass hier nochmal 130 Missionen auf mich warten, lässt mich stark daran zweifeln, ob ich jemals all diese Karten spielen werde. Schon verblüffend, wie viel Inhalt man damals einfach so bekommen hat, heutzutage wäre das vermutlich alles „DLC“, den man nur gegen Bezahlung erhält! 😉

Das war aber immer noch nicht das Ende der Fahnenstange, was zusätzliche Karten bzw. Missionen für das Spiel angeht. Neben den offiziellen Veröffentlichungen von BlueByte (samt von Fans erstellten Karten), haben sogar andere Unternehmen zusätzliche Welten für Die Siedler 2 erstellt und veröffentlicht. Beispiel gefällig? Mit „Sehen, Siedeln, Siegen II – Über 50 neue Welten für Siedler 2“ hat z.B. die Firma „Media Disk Software“ 1997 eine inoffizielle Erweiterung für das Spiel herausgebracht.
Fun Fact: Das Unternehmen hat auch noch für zahlreiche weitere Spiele der Zeit Erweiterungen erstellt und in Form von Zusammenstellungen vertrieben.

Ich hätte ja schon mal Lust, bei der Software-Hotline durchzuklingeln, aber zwei Sekunden (!) für zwölf Pfennig sind mir dann doch etwas zu viel! 😀

Da ich dem ominösen Installationsprogramm nicht wirklich vertraue,…

…kopieren wir einfach selbst die Karten in das korrekte Verzeichnis. Analog der von BlueByte veröffentlichten Karten gibt es auch hier zahlreich neue Szenarien in den unterschiedlichsten Umgebungen mit einer variierenden Anzahl an Computergegnern.
Fun Fact: Auf dem Cover der CD ist von „über 50 neue Welten“ die Rede. Was soll man sagen? Sie haben nicht gelogen, denn es sind exakt 51! xD

Oder wie wäre es hiermit? Auch die „NBG EDV Handels- und Verlags GmbH & Co. KG“ ist mit von der Partie und veröffentlichte ebenfalls im Jahr 1997 die CD „Übersiedler S2 WeltROM: Welten für “Die Siedler II”“:
Fun Fact: Das Unternehmen ist auch heute noch aktiv und übernimmt den europäischen Vertrieb von Videospielen für Activision, Microsoft, Sony, EA und Take2.

Auf der Scheibe befinden sich nochmal 50 neue Welten für Die Siedler 2. Schön finde ich, dass im Booklet der CD die einzelnen Level beschrieben sind:

Ihr habt immer noch nicht genug? Zu guter Letzt ist dann auch noch die „Tewi Verlag GmbH“ aus München am Start, die uns ebenfalls drei Jahre vor der Jahrtausendwende eine CD mit „Über 70 neuen Welten für Die Siedler II“ verkaufen wollte.

Auch diesmal gibt es ein eigenes Installationsprogramm, welches allerdings nur auf eine Textdatei verweist, in der beschrieben ist, dass man die Karten händisch kopieren soll. Toller Service! Dafür könnten wir „Dr. Solomon’s Emergency Anti-Virus“ oder einen Windows-Client von Compuserve (dem Vorgänger von AOL) installieren. Puh, ich glaube, ich verzichte! 😉

Immerhin beinhaltet die Scheibe insgesamt 75 neue Welten. Mich würde echt mal interessieren, ob es irgendjemanden auf der Welt gibt, der schon all diese Szenarien gespielt hat?

Keine Panik – noch mehr CDs mit dubiosen Siedler 2-Add-ons habe ich nicht, aber ich finde, damit muss jetzt auch mal gut sein! Wer all diese Karten durchgespielt und hunderte, wenn nicht gar tausende Stunden in ein 30 Jahre altes Spiel investiert hat, der kann immer noch auf von Fans erstellte und online zur Verfügung gestellte Welten (z.B. hier, hier oder hier) zurückgreifen. Es gibt sogar die ein oder andere vollständige Kampagne, welche eine Geschichte (analog der römischen Kampagne von BlueByte) über mehrere Missionen hinweg erzählt. Schon wirklich verblüffend, wie viele inoffizielle Erweiterungen für den Aufbaustrategieklassiker existieren.

Im Nachhinein betrachtet ist es aber gar nicht so verwunderlich, dass so viele zusätzliche Karten für Die Siedler 2 entstanden sind und vertrieben wurden. Einerseits war (und ist) es ein populäres Spiel, andererseits hat der Hersteller BlueByte wohl selbst massiv dazu beigetragen. Wie das? Ein letzter Blick in die Anleitung der Gold-Edition verrät es:

Wow – so geht Fan-Service. Besonders schön finde ich den Aufruf zur Erstellung und zum Vertreib der selbst erstellten Karten im Internet. Ist das nicht ein geniales Marketing? Über diesen Weg wurden zahlreiche Leute mit dem Siedler-Fieber infiziert und haben mutmaßlich auch das Spiel erworben. Ob es allerdings im Sinne von BlueByte war, dass andere Unternehmen „Add-ons“ für ihr Produkt kommerziell vertreiben, wage ich zu bezweifeln.

So oder so – von dieser Einstellung könnten sich die Entwicklerstudios heutzutage ruhig eine Scheibe abschneiden. Während früher Fans noch bei der Weiterentwicklung und Erstellung zusätzlicher Inhalte unterstützt wurden, wird heute sog. „Moddern“ meist mit rechtlichen Schritten (Unterlassungsaufforderungen oder tatsächlichen Strafen) gedroht. Manchmal vermisse ich die Zeit, in der man noch wirklich das Gefühl hatte, Teil einer Community zu sein und nicht nur der Spielball börsennotierter Großkonzerne, der am Besten sein Geld in Lootboxen und Mikrotransaktionen versenken soll, egal wie gut oder schlecht das eigentliche Produkt ist.

Aber was soll’s. Ich will gar nicht abschweifen und mich über die heutige Videospielindustrie aufregen. Kommen wir besser lieber wieder zurück, bzw. zum Ende was Siedler 2 angeht. Ich kann jedem Hobby-Strategen, der bisher noch nicht mit der Reihe in Kontakt gekommen ist, empfehlen, mal einen Blick auf das Spiel zu werfen. Es ist nicht so komplex, wie z.B. die Anno-Reihe und auch nicht so kampflastig wie z.B. Age of Empires. Dennoch sind taktische Finesse und ein effizienter Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen gefragt, um erfolgreich eine Insel zu erobern. Alles in allem ist Die Siedler II das perfekte Aufbaustrategiespiel für zwischendurch. Wuselfaktor garantiert!

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!