Ich glaube, so langsam habe ich den Überblick über all die Computer und Spielkonsolen, die hier herumstehen, verloren. Erste Anzeichen von Alzheimer? Oder einfach nur zu viele, parallele Themen im Hirn? Schwer zu sagen. Jedenfalls ist mir beim Durchforsten der Bestände dieses Ding wieder in die Hände gefallen:

Das Playstation 2 Slim-Modell vom Typ „SCPH-77004“ hatte ich tatsächlich komplett vergessen. Und dabei haben wir uns doch in Artikel 61 intensivst mit dem Gerät beschäftigt! Erinnert ihr euch noch? „Damals“ haben wir der Spielkonsole mit Hilfe der Custom Firmware „Free McBoot“ zahlreiche neue Tricks wie z.B. das Abspielen von Multimedia-Inhalten, das Laden von Sicherheitskopien oder das Starten von Spielen über einen USB-Datenträger, bzw. einer Netzwerkfreigabe mit der Homebrew-Software „Open PS2 Loader“ entlockt. Wie kann es also sein, dass ich das gute Stück vergessen habe?

Um ehrlich zu sein, wundert mich das nicht. Schließlich verwende ich zum Zocken von PS2-Spielen ausschließlich die „fette“ PS2-Konsole (Modell SCPH-35004), mit welcher wir uns in den Artikeln 60 und 62 beschäftigt haben. Trotzdem weckt auch der größtenteils verschmähte, kleinere Bruder von Sonys meistverkaufter Konsole ein paar nostalgische Gefühle bei mir. Spätestens dann, als auch noch dieses Accessoire aus den Untiefen der „random-as-fuck-Kabelkiste“ auftaucht:

Singstar-Mikrofone?! Uff, ist das lange her…
Ach ja, Singstar. Der Karaoke-Party-Hit meiner Jugend. Während Sonys Playstation-Konsolen heutzutage wohl fast ausschließlich von Gamern eingesetzt werden, hatte früher gefühlt jeder (und dessen Mutter, Schwester oder sonstiges Familienmitglied) eine PS2 Slim. Es gibt zahlreiche Gründe, warum die Konsole so ein Erfolg wurde, aber neben der guten Spielbibliothek, einem effektiven Marketing und der Möglichkeit, diese neuartige Scheibentechnologie namens DVD zum Abspielen von Videos zu nutzen, hatte wohl auch Singstar seinen Anteil am Erfolg der Playstation 2.

So ganz sicher bin ich mir nicht, warum das von den Programmierern des „London Studio“ (ein britisches First-Party-Entwicklerstudio von Sony) ertüftelte Musikspiel – gerade in Europa – so einen starken Eindruck hinterlassen hat. Vielleicht lag es am ausgereiften Design der Karaokesoftware. Das Spiel war sofort und ohne große Vorkenntnisse für jeden Spieler zugänglich und sorgte trotz (oder gerade wegen) gesanglicher Minderleistung der Teilnehmer für zahlreiche spaßige Abende im Freundeskreis. Singstar war einfach das Partyspiel schlechthin! 🙂

Da kommt mir eine Idee. Wäre es nicht cool, aus der Playstation eine kleine Karaoke-Maschine mit den verschiedenen Singstar-Spielen zu basteln? So könnte man sich das lästige Wechseln von Disks sparen, wenn man die Songs einer anderen Singstar-Edition spielen möchte. Die grundsätzliche Voraussetzung dafür sollten wir mit unserer getunten PS2 Slim eigentlich bereits geschaffen haben. Zur Erinnerung: Per Memory Card Exploit wird die Custom Firmware „Free McBoot“ von einer speziell präparierten Speicherkarte geladen. In Kombination mit dem „Open PS2 Loader“ lassen sich dann ISO-Abbilder der Spiele von einem USB-Gerät (Festplatte oder Stick) starten.

Klingt doch genau nach dem, was wir suchen, oder? Nicht ganz. Das Problem in Artikel 61 war, dass beim Starten von Spielen über einen USB-Datenträger die USB-Ports für alle anderen Geräte deaktiviert werden. Konkret heißt das, dass auch die per USB-Adapter angeschossenen Singstar-Mikrofone nicht funktionieren. Als Lösung haben wir damals die Spiele per Netzwerk (SMB-Freigabe) von einem über ein Crossover-Kabel angeschossenen PC geladen.

Das funktioniert, ist aber recht umständlich. Um ehrlich zu sein, hat mir die Lösung nie wirklich gut gefallen. Wer hat schon Lust, zusätzlich zu der PS2 immer einen PC zu starten, nur um ein paar Games zu zocken? Klar könnte man mit einem Kleinstcomputer, wie z.B. dem Raspberry Pi, das Setup etwas verkleinern, aber trotzdem ist das einfach alles viel zu umständlich! Da muss es doch etwas Besseres geben?
Scheinbar wurden meine Gebete erhört, denn mittlerweile gibt es eine weitere, deutlich kompaktere Variante zum Abspielen von PS2-ISO-Dateien. Darf ich vorstellen? „MX4SIO“:

Einfach gesagt ist MX4SIO (Memory eXpansion For SIO) ein Adapter für die PlayStation 2, mit dem sich eine SD-Karte mit dem Memory-Card-Schacht verbinden lässt. Über diesen Weg kann dann der Open PS2 Loader ISO-Dateien direkt von der SD-Karte laden und starten. Rein optisch betrachtet sieht der Adapter tatsächlich wie eine Memory Card aus – nur eben mit Schacht für eine SD-Karte. Damit sollte einer kompakten PS2-Karaoke-Maschine nichts mehr im Weg stehen! 🙂

Klingt super, wie gehen wir es an? Als erstes sollten wir die – mittlerweile hemmungslos veralteten – Versionen von Free McBoot und dem Open PS2 Loader updaten. Dafür müssen ein paar Dateien heruntergeladen und auf einen im FAT32-Dateisystem formatierten USB-Stick gepackt werden:

Mit Hilfe des Dateibrowser LaunchELF können wir nun das Free McBoot Installationsprogramm starten. Seit der neuesten Version wird neben FAT32 auch das Dateisystem exFAT unterstützt. Das erleichtert uns das Leben ungemein, denn konkret bedeutet das, dass wir nicht mehr umständlich die ISO-Dateien, welche größer als 4 Gigabyte sind, mit Hilfe von diversen Tools splitten müssen, sondern sie stattdessen einfach direkt auf die SD-Karte kopieren können.

Der Installationsvorgang gestaltet sich selbsterklärend. Es macht Sinn, vorab die alte Free McBoot-Version zu deinstallieren. Nach einem Neustart der Konsole wird automatisch die neue Version von Free McBoot gestartet:
Not so fun Fact: Sorry für die schlechten Screenshots in diesem Beitrag. Diese wurden mangels Alternative mit einem billigen USB-Grabber erstellt, welcher die Auflösung der Playstation 2 nicht unterstützt. Entsprechend sind die Bilder recht dunkel und ein paar Teile davon abgeschnitten.

Nach dem Update müssen wir nochmal den LaunchELF-Explorer starten, um damit den neuen Programmstand des Open PS2 Loaders vom USB-Stick auf die Free McBoot Memory Card kopieren. Wie das im Detail funktioniert, erkläre ich an dieser Stelle nicht, das haben wir in den vergangenen Beiträgen rund um die Playstation 2 schon zu genüge geübt.
Fun Fact: Bei der Gelegenheit macht es Sinn, auch den Dateiexplorer „LaunchELF“ auf eine neue Version hochzurüsten, damit er über den M4XSIO-Adapter auf die SD-Karte zugreifen kann.

Anschließend müssen mit dem Free McBoot Configurator noch die Menüeinträge auf die neuen Programmversionen angepasst werden. Außer viel Menünavigation und dem gelegentlichen Eintippen von ein paar Zeichen gibt es hier nicht viel zu sehen. Ich weiß – mega langweilig, entsprechend tun wir mal so, als wäre das alles schon erledigt! 🙂

Jetzt können wir die SD-Karte vorbereiten. Im Endeffekt muss diese lediglich im exFAT-Dateisystem mit einer Clustergröße von 128 Kilobytes formatiert werden.

Ebenso müssen drei Ordner angelegt werden, in denen anschließend die ISO-Dateien oder Cover-Grafiken abgelegt werden:

Apropos ISO-Dateien: Die Spiele selbst muss man bereits als digitales Abbild vorliegen haben. Die gute Nachricht: Playstation 2 Disks lassen sich theoretisch mit jedem beliebigen DVD-Laufwerk auslesen. Trotzdem kann ich euch gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass ich mir diesen Schritt sparen kann. Ich war bereits vor Jahren so weitsichtig, meine gesamte PS2-Spielesammlung (samt diverser Singstar-Titel) digital zu sichern.

Nun können wir ein paar Singstar-Spiele auf die SD-Karte kopieren. Theoretisch kann man das alles händisch machen, aber wer schlau ist, verwendet den „OPL Manager“. Mit diesem Tool lassen sich nicht nur automatisch alle benötigten Dateien anlegen, bzw. kopieren,…

…sondern auch Covergrafiken für die einzelnen Spiele aus dem Internet beziehen. Cool!

Die SD-Karte wird nun in den MX4SIO-Adapter eingesteckt, welcher selbst in den zweiten Memory Card Slot der Playstation verfrachtet wird.

Damit der Open PS2 Loader mit dem MX4SIO-Adapter umgehen kann, müssen diverse Einstellungen (BDM Start Mode, Block Devices, etc.) angepasst werden. Schon klar – wen interessiert das? xD

Schließlich wollen wir doch endlich Singstar spielen! Gute Nachrichten – scheinbar haben wir alles korrekt konfiguriert, denn tatsächlich werden die einzelnen Titel von der SD-Karte geladen:

Ob wirklich alle Singstar-Spiele funktionieren, ist nicht klar. Die Kompatibilität des MX4SIO-Adapters im Zusammenspiel mit dem Open PS2 Loader ist zwar schon ganz gut, aber dennoch ausbaufähig. Ich denke, hier muss man einfach noch ein paar Tests abwarten oder selbst ein bisschen mit dem Ding herumspielen, um herauszufinden, welche Games wirklich problemlos laufen.
Fun Fact: Möchte man ein anderes Spiel spielen, lässt sich die PS2-Konsole bequem per Controller über die Tastenkombination „L1 + L2 + R1 + R2 + Select + Start“ in den Open PS2 Loader zurücksetzen. Eine tolle Funktion, blöd nur, dass sie ausgerechnet bei den Singstar-Spielen nicht funktioniert! xD

Zumindest scheinen die Mikrofone einwandfrei zu funktionieren. Mist – somit gibt es also auch keine Ausrede, wenn ich schlecht singe! 😀

So richtig Spaß macht Singstar natürlich nur mit Freunden. An einem großen Fernseher angeschlossen steht einem schrägen Mehrspieler-Duett also nichts mehr im Wege! 🙂
Not so fun Fact: Leider ist Singstar sehr zickig, was Latenzen bei der Bilddarstellung angeht. Gerade auf modernen HD-TVs kann es sein, dass sich das Spiel nicht ideal spielen lässt, weil es bei der Gesangserkennung zu Verzögerungen kommt. Manchmal hilft, sämtliche Bildoptimierungen zu deaktivieren oder den TV (wenn vorhanden) in einen speziellen „Game Mode“ zu schalten. Fakt ist: Singstar wurde für Röhrenfernseher konzipiert und richtig latenzfrei läuft es leider nur darauf.

So oder so bin ich mit der kompakten Singstar-Karaoke-Maschine zufrieden. Der MX4SIO-Adapter ist schon eine echt feine Sache. Nicht nur spart man sich so den umständlichen Weg über eine SMB-Netzwerkfreigabe oder eine Festplatte, auch hat das Ding einen kleinen Geschwindigkeitsvorteil im Vergleich zu einem USB-Datenträger. Es mag absurd klingen, aber tatsächlich ist der Memory-Card-Anschluss der PlayStation 2 schneller als der USB-Port, da die Konsole lediglich mit USB 1.1 ausgestattet ist. Ein Nachteil der Lösung ist, dass man den zweiten Memory Card Slot verliert und so die Spielstandsdaten nur auf die erste Memory Card (welche schon größtenteils mit Free McBoot und dem Open PS2 Loader belegt ist) geschrieben werden können.

Um dem Problem entgegenzuwirken, könnte man sog. VMCs (virtuelle Memory Cards) im Open PS2 Loader definieren und die einzelnen Spielstände im Idealfall sogar auf der SD-Karte ablegen. Sicher eine gute Lösung, aber darauf kann ich gut und gerne verzichten. Wenn ich ehrlich bin, möchte ich meine Singstar-Misserfolge gar nicht für die Nachwelt sichern! 😀

Wisst ihr, was witzig ist? In der Kiste, in der die PS2-Konsole war, habe ich auch diesen Schnellhefter gefunden:

Scheinbar habe ich mir schon vor ein paar Jahren mal die einzelnen Tracklisten der Singstar-Spiele ausgedruckt, um die Songauswahl in einem übersichtlichen Format zu haben. Gut, dass ich das Ding noch gefunden habe, denn ich hatte schon fast vor, nochmals so eine Mappe zu erstellen! 😀

Erschreckend, wie vergesslich man wird. Apropos – wie fing nochmal der heutige Beitrag an? Irgendwas mit Alzheimer oder so? Ach, was weiß ich schon… 😛
retrololo aus der Zukunft hier: Erst bei der Nachbearbeitung des Beitrags ist mir dann aufgefallen, dass ich diese Singstar-Mappe tatsächlich auch schon in Artikel 62 erwähnt und sogar gezeigt hatte! 😀 Was soll man dazu noch sagen? Das menschliche Hirn ist etwas faszinierendes…

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!