#278 – Terratec Tuning

Wow, Tuning? Sag bloß, du bist jetzt unter die PS Profis gegangen lieber retrololo? Na klar, ich gehöre jetzt zu den Gas Monkeys („Fast N‘ Loud“) und der gute Xzibit (MTV „Pimp My Ride“) ist ein absoluter Dauergast in meiner Werkstatt! 😛

Ok, ok – ihr habt es bestimmt sofort durchschaut. Mit Auto-Tuning habe ich ungefähr so viel gemein, wie mit gleichnamiger Audiosoftware (AutoTune). Wer sich also auf einen Beitrag über tiefergelegte Sportwagen gefreut hat, den muss ich leider enttäuschen. Aber hey – zumindest zum Thema „Sound“ hat der heutige Beitrag einen Bezug, es geht nämlich um eine Soundkarte! 😛

Preisfrage: Kennt ihr das Teil noch? Das ist die 16-Bit-ISA-Soundkarte vom Typ Terratec ProMedia TT1816-S, mit welcher wir schon in den Artikeln 263 und 274 herumexperimentiert haben.

An und für sich bin ich mit der Karte recht zufrieden. Einerseits hat mir das Ding nun schon bei verschiedenen PC-Bastelprojekten geholfen und andererseits gefällt mir der Klang, den das Ding erzeugt, sehr gut. Mit der Meinung bin ich wohl nicht alleine, denn selbst im Vergleich zu den wesentlich hochpreisigeren Sound Blaster Karten von Creative schneiden die Terratec-Karten gut ab! 🙂

Aber retrololo, wenn dir die Karte so gut gefällt, wieso liegt sie dann ausgebaut auf dem Schreibtisch? Keine Panik, das lässt sich ganz einfach erklären. Ein kleiner Nachteil der Audiokarte ist, dass sie leider keinen eingebauten Verstärker besitzt. Dementsprechend ist das Ausgabesignal extrem leise. Selbst, wenn wir die Boxen volle Kanne aufdrehen, hört man die Soundeffekte und Hintergrundmusik der ganzen tollen Spiele nur ganz leise – echt schade! 🙁

Warum ist das so? Tatsächlich war das damals leider gängige Praxis diverser Soundkartenhersteller, jeweils kostenreduzierte Einstiegsmodelle ohne bestimmte Funktionen auf den Markt zu schmeißen. Es sieht so aus, als wäre unsere TT1816-S auch so ein Modell, denn es scheint von der TT1816-Karte eine weitere Modellrevision vom Typ „TT1816-N“ zu geben, welche als einzigen Unterschied zur „S“-Karte wohl einen eingebauten Verstärkerschaltkreis mit zwei LM 386 Audioverstärkerchips hat! Hier ein Bild der „TT1816-N V1.0“, ich habe den Verstärkerschaltkreis für euch gelb markiert:

Bei unserer TT1816-S sieht man ganz deutlich, dass die Teile für den Verstärkerschaltkreis einfach eingespart wurden:

Stattdessen wurde mit zwei Drähten die (nicht vorhandene) Verstärkerfunktion einfach überbrückt:

Natürlich könnten wir uns jetzt einfach so ein „N“-Modell kaufen, aber das wäre ja irgendwie zu einfach. Mal nachdenken, im Endeffekt müsste man doch nur die ganzen Teile besorgen und auf die S-Karte auflöten, um aus der S-Karte eine „N“-Version mit Verstärker zu machen, oder? Klingt nach einem verrückten Plan, also genau mein Ding! 😀 Allerspätestens jetzt sollte klarwerden, was ich heute versuchen möchte! 😉

Als erstes sollten wir mal eine Bestandsaufnahme machen, welche Teile wir für den Verstärkerschaltkreis benötigen. Gar nicht mal so einfach, wenn man keinen Schaltplan oder ein Exemplar, von dem man sich die Schaltung abschauen kann, zur Verfügung hat. Im Endeffekt habe ich mir ein paar Bilder der N-Soundkarte mit den entsprechenden Teilen online angesehen und versucht, daraus eine Teileliste zu erstellen. Ganz sicher bin ich mir dabei aber nicht, weil einige Teile (z.B. die Keramikkondensatoren) keinen expliziten Aufdruck haben.

Fun Fact: Mit Hilfe zahlreicher Internetseiten lassen sich die Kodierungen auf den Bauteilen (z.B. Widerstände) bequem entschlüsseln, um deren Ohm-Werte herauszufinden. Cool! 🙂

Wie immer möchte ich natürlich so wenig Teile wie möglich kaufen, ganz im Sinne eines typischen Low-Budget-Bastelprojekts! Dementsprechend habe ich die Elektroschrottkiste durchwühlt…

…und ein paar Teile von alten, bzw. defekten Platinen ergattert. Bis auf die beiden Audioverstärkerchips konnte ich tatsächlich alle Teile aus dem Schrott zusammenhamstern. Der Kronkorken dient nur zum Größenvergleich, damit ihr einschätzen könnt, wie klein gerade die SMD-Kondensatoren und Widerstände sind! 🙂

Na dann, frisch ans Werk. Als erstes müssen wir ein paar Widerstände entlöten. Kurioserweise wurden sog. „Null-Ohm-Widerstände“ verbaut, welche letztendlich auch durch ein Stück Draht oder etwas Lötzinn ersetzt werden könnten. Warum macht man sowas? Ich vermute, dass das aus Gründen einer einfacheren, maschinellen (automatischen) Bestückung der Platinen gemacht wurde. SMD-Bauteile lassen sich eben einfacher handhaben, als ein Stück Draht. Ebenfalls bleibt die Platine dadurch flexibler und kann z.B. durch eine andere Bestückung mit „richtigen“ Widerständen und Bauteilen auch für andere Modellversionen verwendet werden. Es hat alles seinen Sinn! 😉

Anstelle der Widerstände müssen zwei Kondensatoren und zwei andere Widerstände (10 Ohm) verlötet werden. Um ehrlich zu sein, bereiten mir gerade die Kondensatoren Bauchschmerzen. Ich habe keine Ahnung, ob die Teile die richtige Kapazität haben. Da hilft nur beten und hoffen! 😀

Als nächstes müssen vier weitere Widerstände (10 kOhm und 22 kOhm) auf der Platine angebracht werden. Ohne zusätzliche Hilfsmittel, wie z.B. eine Pinzette geht hier nichts:

Ich gebe es ja zu – SMD-Löten ist nicht meine Sache und die Teile wurden maximal dilettantisch auf die Karte gebrutzelt, aber hey – das alles kann man bei Gelegenheit ja nochmal schön machen, wenn sichergestellt ist, dass die Karte nach der Bastelaktion noch funktioniert.

Einige, für die Durchsteckmontage vorgesehenen Teile, wie z.B. die Elektrolytkondensatoren, lassen sich nicht direkt verlöten, da die Löcher vom Hersteller mit Lötzinn verschlossen wurden:

Das ist einer der Arbeiten, die mir am wenigsten Spaß macht. Ich musste sämtliche Werkzeuge (Entlötpumpe, Entlötlitze, Sicherheitsnadel, etc.) auffahren und viel Geduld mitbringen, um die Löcher vom Lötzinn zu befreien. Klar, mit einer hochpreisigen Entlötstation wäre das alles einfacher und würde vermutlich auch mehr Spaß machen, aber wer will schon Geld für so etwas ausgeben? 😛

Gott sei Dank ist das geschafft. Frustrierend, wie ein paar so dämliche Löcher so viel Zeit kosten können! 😀

Jetzt können wir endlich die letzten Kondensatoren sowie die Stiftleiste für die Jumper verlöten:

Apropos Jumper – diese können wir gleich auf die korrekte Position setzen, um unsere selbstgebastelte Verstärkerschaltung zu aktivieren:

Lediglich die beiden Audioverstärkerchips (UTC LM386) musste ich käuflich erwerben. Bei einem Stückpreis von ca. 25 Cent muss man nicht lange überlegen, da schlagen die Versandkosten sogar mehr zu Buche. Egal, für knapp 4€ habe ich beide Teile ergattern können:

Mit den verlöteten Chips müsste unsere „getunte“ Soundkarte jetzt eigentlich fertig sein.

Ob sie auch wirklich funktioniert, lässt sich nur in einem Praxistest herausfinden. Dafür habe ich nochmal den Tema TC Computer aus Artikel 272 herausgekramt und das Ding darin verbaut.

Und siehe da – beim Starten eines Spiels wie z.B. „Prehistorik“…

…ertönt der Sound in voller Lautstärke aus den Boxen. Geil, genauso hatte ich mir das vorgestellt! 🙂

Ende gut, alles gut. Ist es nicht verblüffend, mit was für einfachen Mitteln man manchmal Dinge reparieren, bzw. verbessern kann? Im Endeffekt kosten all diese Projekte „nur“ die teuerste Währung auf der ganzen Welt: Zeit! 😉

Ich bin jedenfalls mit der getunten Karte sehr zufrieden und hoffe, dass sie noch ein paar Jahre ihre Dienste verrichtet! 🙂

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!