#263 – retro PC madness – Proline – I

Unfassbar – ist denn der „Elektroschrott-Müllberg“, den wir in Artikel 233 angefangen haben abzuarbeiten, immer noch nicht verräumt?

Ich kann euch beruhigen, so langsam neigt sich die schier endlos wirkende Anzahl an Retro-Hardware dem Ende. Das wird aber auch Zeit – man konnte ja zeitweise gar keinen Fuß mehr in den Kellerraum setzen, weil der ganze Boden mit Zeug vollgestellt war! xD

Ein letztes Computersystem haben wir aus dem Konvolut aber noch, welches unsere Aufmerksamkeit erfordert. Ich bitte um einen kräftigen Applaus für den kleinen „Proline“-Desktop PC:

Das gute Stück wurde vermutlich von der Firma „Schadt Computertechnik“ gebaut, welche IBM-kompatible Desktoprechner- und Teile aus Hong-Kong und Taiwan importierte, speziell auf Kundenwunsch zusammenstellte und konfigurierte und anschließend im Privatkundensegment vertrieb. Diese unter dem Markennamen „Proline“ verkauften PCs kamen überwiegend in Privathaushalten oder kleineren Betrieben zum Einsatz. Oha – ein Windows 95-Aufkleber! Sag bloß, dass wir auf der Kiste ausnahmsweise mal etwas moderneres als Windows 3.1 drauf haben! 😀

Ich vermute, dass der Computer im Juni 1998 gebaut wurde. Woher ich das weiß? Der Aufkleber auf der Rückseite hat es mir verraten! 😛

Ebenso können wir hier die ersten technischen Daten des Rechners einsehen. Wow – ein Pentium II mit 266MHz, eine 4GB große Festplatte und 128MB Arbeitsspeicher. Na – im Vergleich zu den bisherigen Computern, die wir uns angesehen haben, ist das ja schon fast Raketentechnologie! 😀 Auch anhand der Laufwerke merkt man, dass der Computer etwas neuer ist, als seine Kumpels aus dem PC-Konvolut. Neben einem 32-fach LG-CD-ROM-Laufwerk vom Typ „CRD-8320B“ findet sich in dem System auch ein 3,5“-Diskettenlaufwerk. Von einem 5,25“-Laufwerk fehlt jede Spur.

Auf der Rückseite finden sich deutlich modernere Anschlüsse. Von einer DIN-Buchse fehlt jede Spur, Tastatur und Maus werden bereits über die sechspolige, serielle PS/2-Schnittstelle angeschlossen. Und was sehen meine Augen da? Sind das USB-Ports?! Tatsächlich erstaunt mich das etwas, denn sollte auf der Kiste tatsächlich Windows 95 laufen, würden die Ports von Haus aus gar nicht unterstützt werden. Erst ab einer recht späten Version des Betriebssystems (Windows 95b OSR 2.1) konnte der Support für USB nachträglich installiert werden.

Fun Fact: Auch hier wurde jeder einzelne Anschluss penibel beschriftet. Der Vorbesitzer war wirklich sehr genau was das angeht. Lobenswert! 🙂

Natürlich darf auch die obligatorische Soundkarte samt „Gameport“ zum Anschluss eines alten Gamepads oder Joysticks nicht fehlen! 🙂

Bei einem Blick in den Rechner fällt vor allem eines auf – gähnende Leere. Hier hat man so viel Platz, dass man fast noch ein zweites System mit einbauen könnte! Das Mainboard (ECS P6LX-A+) bietet neben alten ISA-Steckplätzen auch ein paar PCI-Slots und einen AGP-Port für die Grafikkarte.

Fun Fact: Das Gehäuse erinnert mich vom Platzangebot her fast etwas an den Sysline-PC aus Artikel 251. Zugegeben – der Tower ist nicht ganz so groß, aber hier ist immer noch ausreichend Platz.

Die ISA-Soundkarte, eine Terratec ProMedia TT1816-S, ist leider nichts Besonderes. Da war die „Yamaha Sound Edge SW20-PC“ aus Artikel 253 schon ein ganz anderes Kaliber! 😉

Gleiches gilt für die Grafikkarte. Verbaut ist eine ATI 3D Rage Pro Turbo mit 8MB RAM. Kein schlechtes Modell, aber auch kein absoluter Killer.

Die 4,3GB große Festplatte ist eine Western Digital „Caviar 24300“. Gott sei Dank kann das Award-BIOS des Computers scheinbar schon „Extended CHS“. Durch Nutzung von fiktiven CHS-Werten (max. Anzahl an Köpfen) anstatt der realen Festplattengeometrie, können wir die vollen 4,3GB der Platte adressieren. In einem älteren PC (samt älterem BIOS) würden wir an der typischen 504MB-Grenze scheitern und könnten so nur einen Teil des Datenträgers verwenden (wie damals in Artikel 254)!

Um den Rechner zum Fliegen zu bekommen, benötigen wir noch einen VGA-Bildschirm. Was haltet ihr von diesem 19-zölligen Monster? Bei dem 18,5 kg schweren Gerät handelt es sich um einen Medion-Monitor vom Typ „MD 1998 OB“. Sicherlich nicht das teuerste Gerät aller Zeiten, aber laut einiger alter Testberichte bietet der Bildschirm ein gutes Preis-Leistungsverhältnis! 🙂

Jetzt fehlt eigentlich nur noch eine Tastatur und eine Maus. Tatsächlich habe ich noch eine Logitech-PS2-Maus herumliegen, aber leider nur noch eine etwas neuere HP-Tastatur, welche über USB angeschlossen wird. Dank der vorhandenen USB-Ports bin ich mal so optimistisch und hoffe, dass der Rechner trotzdem auch mit der USB-Tastatur umgehen kann.

Ob jetzt alles so funktioniert, wie wir uns das vorstellen, lässt sich nur über einen Weg auf herausfinden. Power On! 🙂

Nun – zumindest startet der Rechner und scheinbar werden auch die einzelnen Komponenten wie z.B. Prozessor, Arbeitsspeicher und Laufwerke (Festplatte und CD-ROM) erkannt. Allerdings ertönen auch mehrere schrille Sirenentöne aus dem PC-Speaker. Diese sog. „Beepcodes“ können so ziemlich alles bedeuten, von einem defekten RAM-Modul bis hin zu einer leeren BIOS-Batterie. Das Gepiepe ist leider bei jedem BIOS (abhängig vom Hersteller) unterschiedlich, das macht es nicht einfach, den Fehler zu lokalisieren. Ich habe allerdings so eine Vermutung, dass wir das gar nicht tun müssen…

Natürlich, wie könnte es aber auch anders sein – die BIOS-Batterie ist leer! Mann, ich wünschte mir wirklich, dass ich ausnahmsweise mal einen Computer in die Finger bekommen könnte, bei dem das nicht so ist. Andererseits – was erwarte ich auch bei einem 25 Jahre alten PC-System? 😛

Fun Fact: Wann habt ihr zum letzten Mal das ikonische „Energy Star“-Logo gesehen? 😀

Kein Problem, denn bei diesem Mainboard ist diese Batterie tatsächlich schon eine stinknormale CR2032-Knopfzelle, welche sich in einem Batteriehalter versteckt. Das Teil ist schnell getauscht! 🙂

Nach einem Neustart können wir mal einen Blick ins BIOS werfen. Man merkt, dass der Rechner etwas neuer ist, denn so ein Award-BIOS habe ich tatsächlich bereits schon mal vor einigen Jahren auf einem meiner ersten Computer gesehen! 😉

Dennoch gibt es hier zahlreiche Einstellungen, bei denen ich mir nicht wirklich sicher bin, für was sie gut sind. Besser wir fummeln nicht zu viel daran herum! 😀

Jetzt aber schnell raus aus dem BIOS, schließlich wollen wir ja schauen, ob sich auf der Kiste noch ein Betriebssystem befindet. Zumindest sind die schrillen Piepstöne (dank neuer Batterie und ordentlich gesetzten und abgespeicherten BIOS-Einstellungen) verschwunden. Während des Startprozesses wird nun eine Übersicht der Systemkonfiguration angezeigt. Scheint so als wären wir mit der Einschätzung der verbauten Teile richtiggelegen! 😉

Und prompt wird im Anschluss daran auch ein Betriebssystem von der Festplatte gestartet. Das Bootlogo verrät, dass es sich dabei sogar bereits um Windows 98 handelt!

Na, damit lässt sich doch arbeiten, oder? Direkt nach dem Startvorgang findet das System zahlreiche neue Hardwarekomponenten, für welche automatisch versucht wird, passende Treiber zu installieren. Ich vermute, dass liegt daran, dass die CMOS-Batterie leer war (Plug & Play Failsafe).

Die meisten Treiber werden automatisch installiert, aber für den USB-Tastaturtreiber wird wohl leider die originale Windows 98 Installations-CD benötigt:

Fun Fact: Ich weiß – es ist ein kleiner Vorgriff, aber auf dem Computer läuft die „Second Edition“ von Windows 98, dementsprechend benötigen wir auch eine Windows 98 SE-CD. Ich traue es mich ja fast gar nicht zu sagen, aber bis heute ist diese Windows-Version mein absolutes Lieblings-Betriebssystem. Bei dem OS wurde einfach (gerade für die damalige Zeit) vieles richtiggemacht. Nicht nur läuft Windows 98 SE recht stabil, auch enthält es zahlreiche wichtige Features und Fehlerbehebungen im Vergleich zu seinen Vorgängerversionen. Unabhängig davon mag ich einfach dieses klassische „Windows-Design“, das wirkt so schlicht und dennoch elegant – einfach zeitlos! 🙂

Mist, bei dem Computer war leider keine entsprechende Windows-CD mit dabei. Gut, dass ich mir vor Jahren von einer originalen Installations-CD ein Image (digitale Sicherheitskopie) gezogen habe, so können wir uns einfach schnell eine neue Windows 98-CD brennen.

Fun Fact: Der verwendete „TEVION“-CD-Rohling ist vermutlich schon fast so alt wie der Computer selbst. Ich weiß – die ALDI-Hausmarke ist jetzt nicht gerade für hochqualitative Produkte bekannt, aber immerhin funktioniert der Rohling auch nach all den Jahren noch problemlos. Das habe ich bei CDs namhafter Herstellern häufig auch schon anders erlebt! 😉

Mit der CD lässt sich der fehlende Treiber sekundenschnell installieren:

Als letztes müssen wir dann noch die aktuelle Systemzeit einstellen und den Rechner neu starten:

Und schon sind wir auf dem Desktop angekommen. Eigentlich wäre jetzt der ideale Zeitpunkt gekommen, um die installierten Anwendungen etwas unter die Lupe zu nehmen, aber leider ist dafür heute keine Zeit mehr. Na, macht nichts, dann werfen wir eben beim nächsten Mal einen genaueren Blick auf den Computer! 😉

In der Zwischenzeit könnt ihr euch ja diesen kultigen Bildschirmschoner ansehen! 😛

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!

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