#290 – retro PC madness – Olivetti PCS 286 – I

Ich weiß – viele sind mittlerweile massiv gelangweilt von den vielen Beiträgen über irgendwelche hemmungslos veralteten Computer – und das zu Recht! xD

Ich gebe es zu – ich bin im Rahmen der letzten gut 50 Beiträge etwas auf das PC-Thema abgedriftet, aber das lag nur daran, weil sich im Lauf der letzten Monate (oder Jahre?) ein ganz schön großer Haufen an alter Hardware im Keller angesammelt hat. Okay – daran bin natürlich primär auch ich schuld! 😛

Ich bin trotzdem so optimistisch, dass wir uns heute vorerst den letzten Computer für einige Zeit ansehen. Hier haben wir einen süßen, kleinen Desktop-PC vom Typ „PCS 286“ der Firma Olivetti:

Fun Fact: Die italienische Firma Olivetti ist eigentlich eher als Produzent von Schreibmaschinen bekannt. Im Lauf der über hundertjährigen Firmengeschichte wurden allerdings auch Rechenmaschinen, Buchungsmaschinen, Großrechner, Personal Computer, Notebooks, PDAs, Drucker, Tablets, Taschenrechner, Telefone, Bankterminals, Fotokopierer, Fahrkartenentwerter oder computergesteuerte Produktionsmaschinen gebaut. Ein ganz schön breites Produktportfolio!

Ist er nicht süß? Schon klar – für euch Apple-Hipster und TikTok-Millennials sieht das Ding vermutlich trotzdem nur nach einem großen, grauen Block Metall aus, aber tatsächlich ist der Computer für die damalige Zeit relativ kompakt gebaut. Hier mal ein Vergleich mit einer CD, nur um die Größe des PCs besser zu verdeutlichen:

Auf der aus Plastik gefertigten Vorderseite findet sich neben der Modellbezeichnung (PCS 286) ein 3,5“-Diskettenlaufwerk sowie ein Einschub für ein weiteres Laufwerk. Ich bin mir gar nicht sicher, ob der PC eine Festplatte besitzt, könnte mir aber vorstellen, dass diese hinter der zweiten Blende verbaut wurde.

Das Gehäuse selbst wurde aus stabil wirkendem Metall gefertigt. An dessen linker Seite befindet sich der Anschalter. Auffallend sind die vielen Roststellen, welche die Metallteile des Computers im Lauf der Jahre angesammelt haben. Normalerweise sollte das nicht passieren, vielleicht wurde der PC über Jahre hinweg in einem feuchten Kellerraum gelagert?

Auf der rechten Gehäuseseite gibt es eine Öffnung, über welche die Schnittstellen der Einsteckkarten zugänglich sind. Interessantes Design – normalerweise findet man solche Buchsen eher auf der Rückseite eines Computers! 🙂

So ganz sicher bin ich mir nicht, um was es sich bei den Anschlüssen handelt. Die obere Einsteckkarte könnte eine serielle Schnittstellenkarte sein, aber für was die Cinch-Buchse gut ist, weiß ich nicht. Ich vermute, dass die untere Karte eine Netzwerkkarte (Ethernet-Buchse und Koaxialbuchse für Token-Ring-Netzwerke) ist. Warum diese allerdings zusätzlich einen „Gameport“ (zum Anschluss von Joysticks und Gamepads oder vielleicht sogar MIDI-Geräten) hat, ist mir schleierhaft.

Schauen wir uns lieber abschließend noch die Rückseite an. Diesmal müssen wir das Baujahr erst gar nicht erraten, denn auf der Rückseite befindet sich ein mit einem Beschriftungsgerät erstellter Aufkleber, welcher das mutmaßliche Produktionsdatum des Computers enthält. September 1990 – das gute Stück hat auch schon ein paar Tage auf dem Buckel! 😛 Das ist insofern interessant, da das offizielle Produktionsdatum dieses Modells auf den meisten Quellen, die ich geprüft habe, mit 1991 angegeben ist! Allerdings gibt es auch diesen schicken Werbespot von 1989, also wer weiß! 😛

Fun Fact: Der Satz „apparatet ma kun tilkobles jordet stikkontakt“ ist norwegisch und bedeutet übersetzt „Das Gerät darf nur an einer geerdeten Steckdose angeschlossen werden“. Kam der kleine Olivetti-PC in seinem bisherigen Leben in Skandinavien zum Einsatz?! 😀

Direkt darunter wurde eine Kaltgerätebuchse verbaut, über welche man wohl einen Monitor (welcher allerdings nicht mehr als 0,5A ziehen darf) direkt mit Strom versorgen kann. Das Netzteil selbst bekommt keinen eigenen Anschluss, bzw. eine Buchse, stattdessen kommt einfach direkt ein Kabel aus dem PC heraus, welches vermutlich mit dem Netzteil verbunden ist.

Ebenso gibt es auf der Rückseite einen Parallelport z.B. zum Anschluss eines Druckers sowie eine serielle Schnittstelle (RS-232), über welche man z.B. eine sehr alte Maus wie die z.B. die Genius GM-6 aus Artikel 239 mit dem Rechner verbinden könnte.

Was fehlt noch? Richtig – die Möglichkeit, Eingabegeräte an dem PC anzuschließen. Besonders ungewöhnlich finde ich, dass sich anstatt eines für die damalige Zeit üblichen DIN-Anschlusses für die Tastatur bereits PS/2-Buchsen zum Anschluss einer Maus und einer Tastatur auf dem Mainboard befinden! Na das nenne ich mal fortschrittlich! 🙂

Bisher bin ich – trotz der zahlreichen Roststellen sowie des vergilbten Plastiks – von dem Rechner begeistert. Die kompakte Bauform hat einfach was. Ob uns die „inneren Werte“ auch überzeugen können? Das lässt sich nur auf eine Art und Weise herausfinden. Herr Doktor, den Schraubenzieher bitte! 🙂

Um den Olivetti-PC zu öffnen, muss zuerst die Blende auf der Rückseite, welche durch zwei Schrauben gehalten wird, entfernt werden.

Anschließend muss die Netzwerkkarte ausgebaut werden, da sich sonst das Gehäuse nicht nach hinten schieben lässt. Blöde Koax-Buchse! 😀

Fun Fact: Bei der Netzwerkkarte handelt es sich um eine 3Com „Etherlink III 3C509B-C“ von 1995. Falls jemand (warum auch immer) Treiber dafür braucht, wird er hier fündig! 🙂

Jetzt müssen wir nur noch das Abschirmblech entfernen und schon können wir die technischen Komponenten des PCs begutachten:

Wie der Modellname des Computers (PCS 286) schon verrät, hat das gute Stück eine Intel 80286 CPU mit 12 Megahertz verbaut. Leider können wir den Prozessor nicht sehen, weil ein Kühlkörper darauf geklebt wurde:

Und wie sieht es mit dem Arbeitsspeicher aus? Auf dem Mainboard sind bereits 512 kB an RAM (in Form von vier DIP-Chips mit je 128 kB) verbaut. Beim Blick auf die RAM-Bänke fällt auf, dass dort zwei weitere SIMM-Module mit je 256 kB eingesteckt sind. Dementsprechend würde ich vermuten, dass uns auf dem PC sage und schreibe ein ganzes Megabyte Arbeitsspeicher zur Verfügung steht. Die Welt liegt uns zu Füßen! 🙂

Oha, vor so einer „Freiluftverdrahtung“ habe ich persönlich immer etwas Respekt. Es ist so schnell passiert, dass man beim herumspielen (oder reparieren) einen der Widerstände samt Lötpad abreißt. Also – aufpassen! 😉

Und wie sieht es mit den Laufwerken aus? Zum einen hätten wir da ein HD-Diskettenlaufwerk (1,44 MB) vom Typ „Panasonic JU-257A393P“…

…sowie eine „Conner CP-3044“ IDE/AT-Festplatte mit sage und schreibe 40 Megabyte:

Was auffällt ist, dass die für beiden Laufwerke verwendeten IDE-Kabel extrem kurz sind, damit sie möglichst platzsparend in dem Rechner verbaut werden können. So kurze Versionen habe ich bisher noch nie gesehen. Selbst die Stromzuführungen via Molex-Stecker (zur Festplatte) und Berg-Stecker (zum Diskettenlaufwerk), sind entsprechend schlank, bzw. dünn gehalten. Wirklich ungewöhnlich! 🙂

Fun Fact: Erst im Nachhinein ist mir aufgefallen, dass sämtliche Komponenten wie z.B. der Floppy- und Festplattencontroller sowie eine OnBoard-VGA-Grafikkarte in Form von Chips auf dem Mainboard verbaut sind. Ist das nicht abgefahren? Ein für die damalige Zeit wirklich sehr kompaktes und irgendwie auch futuristisch wirkendes Gerät!

Mist – na da habe ich mich aber mal sauber geirrt! Bei der oberen Einsteckkarte handelt es sich nicht um ein ISA-Modul zur Bereitstellung einer seriellen Schnittstelle, sondern um eine „MIDI-Schnittstellenkarte“ (MPU-401) vom Typ „CMS-401-II“ aus dem Jahre 1990. Mit Hilfe von solchen Karten lässt sich ein externes MIDI-Gerät (wie z.B. den Roland MT-32) an den Computer anschließen und für die Soundausgabe nutzen.

Die Netzwerkkarte und die MIDI-MPU-Schnittstelle hängen an einer ISA-Erweiterungskarte, welche zwei 16-Bit-ISA-Ports und einen 8-Bit-ISA-Port zur Verfügung stellt:

Fun Fact: Diese „Winkelstücke“, welche es ermöglichen ISA-Karten waagrecht (statt senkrecht, direkt auf dem Mainboard) in einem PC zu verbauen, werden auch „Riser-Karten“ genannt.

Bevor wir weitermachen, den Computer in seine Einzelteile zu zerlegen, sollten wir mal schauen, ob das Ding in die Luft fliegt, wenn wir ihm Strom geben. Hm – zumindest der Lüfter vom Netzteil geht an und der Rechner gibt durch zwei kurze Piepser auch ein erstes Lebenszeichen von sich!

Ok, so viel dazu… Knappe zehn Sekunden später gibt es einen Knall, die Lichter gehen aus und der ganze Raum stinkt nach verschmorter Elektronik! 😀 Ich vermute, dass es das Netzteil, bzw. einige Bauteile davon erwischt hat, denn von dort (unter der Metallabdeckung) kommt der Rauch.

Ein prüfender Blick unter die (mittlerweile abgeschraubte) Abdeckung verrät nichts Gutes. Ich würde sagen, hier ist definitiv etwas explodiert! Um ehrlich zu sein überrascht mich das nicht. Scheint so, als hätte die feuchte Kellerluft sowie die lange Standzeit nicht nur dem Gehäuse, sondern auch der Elektronik gehörig zugesetzt. So ein Mist. Und was machen wir jetzt? 🙁

Nüchtern betrachtet macht es absolut keinen Sinn, Zeit und Geld in die Reparatur des Computers zu stecken. Ihr kennt mich – natürlich reizt es mich dennoch (oder gerade deswegen), dem betagten Italiener wieder neues Leben einzuhauchen. Allerdings bin ich skeptisch, ob uns das gelingt. Gerade Reparaturen am Netzteil sind eine heikle Angelegenheit, bei der man sehr behutsam vorgehen muss. So ganz sicher, ob ich an das Ding wirklich Hand anlegen möchte, bin ich auch noch nicht…

Ich denke diese Entscheidung sollten wir beim nächsten Mal treffen. In gewohnter Manier endet der heutige Beitrag also mit einem Cliffhanger – wie könnte es auch anders sein? 😛

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!