Jack? Etwa DER Jack Sparrow? „Das ist zweifellos der schlechteste Pirat, den ich je gesehen habe“, wie Admiral James Norrington zu sagen pflegte. Nein nein, lasst euch nicht veräppeln! Heute geht es nicht um den legendären Piraten-Fürsten aus der „Fluch der Karibik“-Reihe, sondern um seinen Namensvetter „Jack Keane“, einem nicht weniger tollpatschigen Antihelden aus dem gleichnamigen PC-Adventure aus dem Jahre 2007.
Da ich vor gut 13 Jahren nicht dazu gekommen bin das Spiel zu spielen, möchte ich diese Erfahrung jetzt nachholen und meine Erlebnisse mit euch teilen! 🙂
Die Installation klappt einwandfrei, dementsprechend hoch war meine Motivation für das Spiel. Tatsächlich trat dann aber noch während des Tutorials ein „Game-Breaking Bug“ auf. Nach langer Recherche bin ich in einem alten Forum auf die Lösung gestoßen. Das Spiel benötigt zwingend eine eingelegte DVD in dem Laufwerk, mit welchem installiert wurde. Eine entsprechende Fehlermeldung wäre hilfreich gewesen…
Ein weiterer kleiner Wermutstropfen für mich waren die zufällig auftretenden Spielabstürze. Das hatte zur Folge, dass ich jede paar Minuten sicherheitshalber speichern musste. Ich bin mir nicht sicher, ob es an meinem Setup lag. Vielleicht kann man auch dreizehn Jahre später von einem Spiel „designed for Windows Vista“ nicht erwarten, dass es einwandfrei unter Windows 10 (64 Bit) läuft. 😀
Fun Fact: Ich bin schon froh, dass ich im weiteren Spielverlauf auf keine weiteren derartigen Fehler gestoßen bin, allerdings habe ich auch den aktuellsten Patch installiert! 🙂
Aber genug Technik-Blödsinn, es wird Zeit sich das eigentliche Spiel etwas genauer anzusehen… 🙂
Das Spiel ist von 2007 – und das merkt man auch. Nicht nur optisch ist die „frühe“ 3D-Grafik (meiner Meinung nach) eher mäßig gealtert, auch die teilweise unlogischen „Kamerawinkel“ bringen das Blut des häufigeren zum Kochen. Über das Gameplay kann man nicht viel sagen – es ist ein klassisches Point-and-Click-Adventure, d.h. die Steuerung findet ausschließlich mit der Maus statt. Ich persönlich konnte mich im Verlauf des gesamten Spiels nicht mit der doch sehr träge wirkenden Steuerung richtig anfreunden. Dennoch haben die Entwickler alles versucht um die teils undurchsichtigen Umgebungen (z.B. tief im Dschungel) nicht zu überladen.
Einer meiner größten Kritikpunkte ist vermutlich die fehlende Hotspot-Anzeige. Heutzutage ist das Standard in Adventure-Spielen um auch ungeübten Rätselfans optional den Zugang zum Spiel zu erleichtern, vor gut dreizehn Jahren war dem wohl nicht so. An sich habe ich auch ohne Hotspot-Anzeige kein Problem. Viele klassische 2D-Adventures haben/hatten das nicht, und sie waren auch schaffbar. Der Fehler liegt meiner Meinung nach in der dritten Dimension selbst. An einigen Stellen habe ich ewig gesucht, bis ich festgestellt habe, dass sich hinter der unglücklich platzierten Liane im Vordergrund tatsächlich noch ein Weg oder ein Item befindet.
Loben muss man die Entwickler für die Vielzahl an Cutscenes die sie eingebaut haben. Sie erklären die Story und lockern das Erlebnis zwischendrin immer wieder mit kleinen Scherzen auf. An dieser Stelle fällt auch auf, dass es ein Spiel eines deutschen Entwicklerstudios ist, denn die Figuren sind ungewöhnlich gut vertont. Die (professionellen) Synchronsprecher haben hier hervorragende Arbeit geleistet! 🙂
Fun Fact: Jack Keane wird z.B. von David Nathan, dem Synchronsprecher von Jack Sparrow, aus den neueren Fluch der Karibik-Teilen gesprochen!
Auch bietet die Story an sich alles, was man von einem Point-and-Click-Adventure erwarten, bzw. erhoffen kann. Es ist ein schräger Mix aus Machtstreben, Geheimnissen der Vergangenheit und vielen Klischees. Das alles wird geprägt durch einen Haufen schrulliger Charaktere wie z.B. Mr. Montgomery – einem nutzlosen Geheimagenten im Dienste des britischen Empires, Amanda – einer weiblichen Begleiterin/Widersacherin mit schnippischen Bemerkungen, sowie einem durchgeknallten Doctor samt biederer Haushälterin (Mrs. Thatcherby).
Fun Fact: Mich erinnert Jack irgendwie an eine Comic-Version von Charlie Sheen. 😀
Ihr glaubt mir nicht? Also gut, hier ein kleiner Einblick:
Jack ist Pirat und steckt (ähnlich wie sein Namensvetter) in allerlei Schwierigkeiten. Schulden bei Geldhaien, eine mürrische Crew und ein kaum seetaugliches Schiff. Durch einen Zufall gerät er an eine Mission der Queen. Er soll einen Geheimagenten über See bringen, rutscht aber dann selbst immer tiefer in die eigentliche Mission hinein. Der böse „Doctor T.“ besitzt ein Tee-Imperium und möchte das Weltmonopol im Teehandel übernehmen. Sein Plan ist es hierfür teefressende Pflanzen zu züchten, um diese auf die Plantagen seiner Konkurrenz abzuwerfen.
Fun Fact: Die Teesorte des nicht so guten Doctors heißt im Übrigen „Doctor T‘s Finest“! 😀
Im Lauf des Spiels wird der Doctor aber immer verrückter und möchte mit Hilfe einer geheimen Substanz seine Pflanzen zu fleischfressenden Killermaschinen verwandeln, welche er auf die Flotte des britischen Empires loslassen möchte. Der von der Queen beauftragte Geheimagent Mr. Montgomery soll die fiesen Machenschaften des Doctors aufdecken, stellt sich aber eher als nutzlos heraus. So muss unser Antiheld in die Rolle des Weltretters schlüpfen und das britische Empire retten.
Auf dem Weg dorthin gräbt Waisenkind Jack immer tiefer in seiner eigenen Geschichte und erfährt mehr über seine Vergangenheit (bzw. seine Eltern). Auch findet natürlich das obligatorische semi-romantische Techtelmechtel mit Amanda statt. Gegen Ende des Spiels ändert sich der Ton des Geschehens etwas. Der Doctor wirkt noch skurriler und Jack richtet seinen Fokus vom Piraten-Dasein eher in Richtung eines Abenteurers. Aber jetzt genug der Story – ich will nicht zu viel spoilern! 😉
Gut finde ich auch, dass die Entwickler versucht haben etwas Abwechslung in das Spielgeschehen zu bringen, in dem sie in einigen Kapiteln dem Spieler die Kontrolle über Jacks weibliche Begleiterin (zu Beginn noch eher „Jägerin“) geben. Amanda ist taff, wenn auch etwas naiv was ihr Vertrauen gegenüber Doctor T angeht (zu Beginn wird sie von ihm als Handlangerin angeheuert). Dafür kann sie als waschechte Amerikanerin gut mit ihrer Flinte umgehen! 😀
Ein weiterer lobenswerter Punkt ist, dass der Spielfluss nicht durch überflüssige Geschicklichkeitseinlagen oder Rätsel unter Zeitdruck getrübt wird. Die Entwickler haben bewusst darauf verzichtet und den Fokus verstärkt auf Fortschritt durch Logik (in Form von Kombinieren von Items) und dem Auswählen von Multiple-Choice Antworten in Dialogen gelegt – gut so!
Fun Fact: Gerade die von allen Adventure-Liebhabern gefürchteten „Schiebe-Rätsel“ haben – Gott sei Dank – keinen Platz in Jack’s Abenteuer gefunden! 😀
Hat man alle Herausforderungen gemeistert, wertet gerade der kreative Abspann die Erfahrung dann nochmal ungemein auf. Hier merkt man, dass sich das Spiel (und somit auch die Entwickler) selbst nicht zu ernst genommen haben. So wendet sich z.B. Jack direkt an die Entwickler selbst und moniert die klobigen Gegenstands-Animationen sowie die Tatsache, dass er in einer Szene in ein anderes Objekt (Holzfass) positioniert wurde! 😀
So, nach diesem wilden Ritt wird es Zeit für ein kleines Fazit. Jack Keane ist ein wirklich gelungenes Spiel und hat eigentlich alles, was ein gutes Adventure benötigt. Die Charaktere und deren Synchronisation sowie das allgemeine Setting (von London bis in die Karibik) sind prima gelungen. Mir persönlich gefällt vor allem die schräge Story und der dazu passende Humor. Kleine Abzüge gibt es für die nicht optimal gelungene Steuerung („Klick-Orgien“) und die gelegentlich unglücklich agierende Kamera. Alles in allem ein definitiv empfehlenswertes Adventure! 🙂
2012 war es dann so weit – Jack durfte in sein zweites (und bisher letztes) Abenteuer aufbrechen. Diesmal geht es darum das Geheimnis um Ukumba (wird im Spiel als „Auge des Schicksals“ bezeichnet) zu finden und zu lüften.
Ich selbst habe die Collector’s Edition, welche neben dem Spiel und dem Handbuch ein Bananen-Rezepte-Kochbuch, ein Poster sowie ein Amulett als Anhänger beinhaltet! 🙂
Fun Fact: Das finde ich bei PC-Adventure-Spielen immer so schön. Im Vergleich zu AAA-Konsolen-Titeln kosten sie nur wenige Euros und kommen meist in einer schicken Verpackung mit viel Bonusmaterial daher. Jack Keane 2 habe ich z.B. neu für 8€ gekauft – vergleicht das mal mit „modernen Titeln“, ich sag nur Season Pass, DLC und In-Game-Käufe…
Als Unterstützung hat Jack neben Amanda diesmal eine weitere weibliche Begleiterin – eine attraktive Fotoreporterin namens Eve – an seiner Seite, Spannungen mit Amanda sind somit vorprogrammiert. Als Widersacher kommt diesmal der skrupellose Unternehmer Professor Umbati mit seiner Gefolgschaft zum Zuge. Auch gibt es Nebencharaktere, wie z.B. den begabten aber ängstlichen deutschen Ingenieur Carl, welcher Jack bei seinem Abenteuer zur Seite steht.
Fun Fact: Auch Agent Montgomery kommt im zweiten Teil vor, hat aber diesmal nur eine (wenn auch sehr wichtige) Nebenrolle zugeteilt bekommen. 😉
Technisch gesehen merkt man, dass das Spiel etwas größer aufgezogen wurde und wesentlich polierter daherkommt. So lässt sich mittlerweile eine Full-HD-Auflösung wählen. Auch generell ist das Spiel, was die Optik angeht, ganz gut gelungen. Die Kamera reagiert diesmal wesentlich besser auf Perspektivwechsel und auch spielerische Elemente wie Rauch, Schatten und Spiegelungen sind gelungen. Kleinere Abzüge gibt es für einige Texturen, die aussehen, als wären sie vom ersten Teil übriggeblieben.
Wie beim ersten Teil sollte man vor Beginn einen Patch herunterladen, welcher die gröbsten Fehler im Spiel beseitigt.
Fun Fact: Selbstverständlich ist die Grafik kein Vergleich zu anderen Titeln der Zeit wie z.B. „Far Cry 3“. Allerdings ist der Fokus auch ein ganz anderer und das Entwicklungsteam besteht vermutlich aus nicht mal einem Zehntel der Personen wie bei größeren Spielen. 😉
Unglaublich, aber was die Steuerung angeht haben die Entwickler scheinbar nichts dazu gelernt – im Gegenteil. Unsere Protagonisten lassen sich nicht mehr durch „Point-and-Click“, sondern nur noch durch Bewegung der Maus mit gedrückter linker Maustaste steuern. Dabei müssen teils Geschicklichkeitseinlagen (z.B. Springen mit rechter Maustaste) bewältigt werden. Zu allem Überfluss bleibt man häufig an irgendwelchen Objekten hängen. Insgesamt fühlt es sich recht träge und unpräzise an, auch wenn mich persönlich die Steuerung im ersten Teil fast noch etwas mehr genervt hat! 😀
Fun Fact: Immerhin bieten die Entwickler zusätzlich die Möglichkeit Jack und seine Freunde auch über die Tastatur (WASD) zu steuern. Auch wurde nach Kritik diverser PC-Magazine mit einem experimentellen Patch eine Point-and-Click-Steuerung nachgereicht, aber auf solche Abenteuer möchte ich mich nicht einlassen. 😉
Von vielen Seiten wurde auch eine neu eingeführte Mechanik – das Kämpfen – kritisiert. Man merkt schon, dass Jack Keane 2 wesentlich actionlastiger ist als sein Vorgänger. Mich persönlich stört es nicht, denn es schadet dem Spielfluss nicht und bringt etwas Abwechslung rein. Allerdings kann ich die Kritik verstehen, denn eigentlich sind die Kämpfe vollkommen überflüssig und strecken nur die Gesamtspielzeit. Apropos Gesamtspielzeit – diese beträgt mit ca. zehn Stunden nur ungefähr die Hälfte des ersten Teils – aus meiner Sicht sehr schade!
Fun Fact: Im Bild sehen wir einen der ersten Kämpfe im Spiel gegen den „Schädelbrecher“. Jack war längere Zeit im Knast, deshalb ist sein Bart so lang! 😀
Doch jetzt wieder zu den positiven Punkten. Die Story beginnt diesmal mit Amanda, welche sich standesgemäß inmitten eines Feuergefechts mit zwielichtigen Schmugglern auf hoher See befindet, als sie eine Nachricht von Jack erhält. Scheinbar ist unser Protagonist in einem Gefängnis in Shanghai gefangen. Dort erhält er einen Teil eines mysteriösen Amuletts von einem noch mysteriösen Schamanen, welches ihm zum Größten aller Schätze, dem „Auge des Schicksals“, führen soll.
Selbstverständlich geht natürlich von Beginn an einiges schief. Der Schamane stirbt beim Versuch die Erinnerungen an den Aufenthaltsort der restlichen Fragmente des Amuletts verbal an Jack weiterzugeben. Allerdings schafft er es, seine Erinnerungen tief in Jack’s Geist „einzupflanzen“.
Ein großer Teil des Spiels findet in Jacks Unterbewusstsein statt. So muss man seine tiefsten Ängste erforschen und z.B. aus einer Traumwelt mit einem (noch mehr) heruntergekommenen „Zukunfts-Jack“ entkommen! Coole Idee! 😀
Nach einer waghalsigen Flucht aus Shanghai finden sich unsere Helden am Hafen von Hamburg wieder. Dort muss Jack den Hafenarbeitern helfen der Unterjochung des Hafenmeisters (als Marionette von Professor Umbati) zu entfliehen. Dabei trifft er auf die Fotoreporterin Eve (beziehungsweise er wacht nackt in ihrem Bett auf) und den Ingenieur Carl, welcher den Prototyp seines Autos auf der Weltausstellung in New York vorstellen möchte – eine Hommage an den deutschen Automobilpionier Carl Benz.
Fun Fact: Der norddeutsche Hafenmeister wird – wie im Übrigen alle anderen deutschen Charaktere in dem Spiel – als genau, unfreundlich und extrem humorlos dargestellt. Selbstironie eines deutschen Entwicklerstudios! 😉
So geht die Reise von Hamburg nach Afrika, wo Jack zwischen Unterbewusstsein und Realität hin- und herspringt um die restlichen Teile des Amuletts zu finden. Währenddessen taucht immer wieder Professor Umbati auf, um Jack’s Pläne zu vereiteln und die Crew vor brenzlige Situationen zu stellen. Mehr möchte ich storytechnisch an dieser Stelle nicht spoilern – spielt das Spiel selbst! 😉
Fun Fact: Die „Umbati Corporation“ ist meiner Meinung nach eine Anspielung auf die Umbrella Corporation aus der Resident Evil-Reihe. 😉
Was mir – ähnlich wie im ersten Teil – sehr gut gefällt ist der Humor des Spiels. So findet Jack z.B. bei seinem Ausbruchsversuch aus dem chinesischen Gefängnis ein Buch namens „Die Heldentaten des Agent Montgomery und seinem unbeholfenen Diener Jackie – Bestseller von 1899“ – eine clevere Referenz an das erste Spiel. Ebenso trifft Jack im Hafen von Hamburg auf den Gorilla aus Teil eins. An seinem Käfig hängt eine Notiz: „Absender: Mrs. Thatcherby, Ziel: Afrika“.
So, genügend geplänkelt – der Artikel ist schon viel zu lang! Ich denke es wird Zeit auch für „Jack 2“ ein kleines Fazit zu ziehen. Ich hatte viel Spaß mit „dem Auge des Schicksals“. Über die Schwächen im Gameplay (Steuerung, Kampfszenen) kann ich hinwegsehen, denn der Rest des Spiels ist wirklich prima gelungen. Der Humor ist nicht ganz so bissig wie im ersten Teil, aber definitiv immer auf den Punkt gut für den ein oder anderen Lacher. Die Story spielt sich – vermutlich durch die clever geführten Dialoge – flüssig und wirkt authentisch. Ganz nebenbei wird so auch der Wiederspielwert ungemein gesteigert, denn unterschiedliche Entscheidungen (z.B. zwischen Amanda und Eve) haben erhebliche Einflüsse auf das weitere Spielgeschehen sowie (logischerweise) das Ende.
Fun Fact: Wie würdet ihr euch entscheiden? 😉
Ich kann euch den guten Jack und seine beiden Abenteuer wärmstens empfehlen. Piraten und Abenteuer, das passt einfach immer zusammen…
So ich bin dann mal weg – am Horizont wartet sicher schon das nächste Abenteuer…
PS: Achja, wollt ihr noch wissen, was es mit dem Geheimnis von Ukumba auf sich hat? Keine Chance – findet es selbst heraus! 😉