Tja – beim letzten Mal habe ich doch glatt großspurig angekündigt, dass wir heute eine Möglichkeit finden werden direkt Dateien von einem PC auf C64-Disketten zu übertragen. Aber wie soll das gehen?
Tja, genau für dieses Problem wurde das „XUM1541“ entwickelt:
Das XUM1541 ist ein Adapterkabel zum Anschluss eines C64-Diskettenlaufwerks an einen modernen PC über USB zur Übertragung von Daten auf Diskette (oder natürlich auch umgekehrt). Es kann fertig oder als Bausatz erworben werden. Selbstverständlich habe ich mich für die Bausatz-Variante entschieden – wo bleibt sonst die Herausforderung? 😀
Fun Fact: Die Idee, ein C64-Laufwerk an einen PC anzuschließen ist schon recht alt. In seiner ursprünglichen Form wurde das X1541-Kabel an den Parallelport eines PCs angeschlossen, wenn auch die Daten nur seriell übertragen werden. Ich mag zwar so alten Schrott, aber in dem Fall habe ich mich hinreißen lassen, mal die „moderne“ USB-Variante auszuprobieren! 😉
Der Bausatz kostet ca. 25€ und stammt von einem C64-Enthusiasten aus München, welcher seine Produkte auf eBay unter dem Namen „Faszination C64“ anbietet. Das Kit kommt mit einer sehr ausführlichen, bebilderten Anleitung. Darin ist nicht nur der Zusammenbau, sondern auch etwas C64-Geschichte sowie hilfreiche Tipps für den Umgang mit elektronischen Bauteilen (inklusive Hinweise zum Löten) beschrieben. Ebenso mitgeliefert wird ein Lieferprogramm, in welchem weitere Produkte fertig oder als Bausatz angepriesen werden – echt Wahnsinn was es da alles gibt…!
Fun Fact: Ernsthaft Leute – selten habe ich so eine gute und verständliche Anleitung gesehen – Lego und IKEA können einpacken! 😀
Mal sehen was in dem Kit alles drin ist… Neben der Hauptplatine finden sich ein Widerstand, ein Wannenstecker, eine Stiftleiste, ein Teensy 2.0 USB-Mikrokontroller, ein Mini-USB-Kabel, eine LED und eine serielle Buchse.
Fun Fact: Wer Zeit und Lust hat, kann das ganze natürlich auch für ein paar Euro weniger komplett auf eigene Faust bauen, aber allein auf die Einzelteilbeschaffung habe ich keinen Nerv! 😀
Na dann, frisch ans Werk! Der Anleitung zufolge habe ich zuerst den Widerstand auf die Platine und anschließend den Teensy auf die Stiftleiste verlötet. Natürlich muss man die Stiftleiste zuvor in drei passend große Teile trennen.
Als letztes müssen dann nur noch die Stiftleiste sowie die serielle Buchse auf der Unterseite der Platine verlötet werden.
Fertig ist das gute Stück! 🙂
Fun Fact: Den Wannenstecker benötigt man nur, wenn man das XUM1541 auch zusätzlich noch parallel mit einem C64-Diskettenlaufwerk verbinden möchte. Damit ließe sich die Übertragungsgeschwindigkeit deutlich steigern, doch leider muss man hierfür das Diskettenlaufwerk öffnen und modifizieren. Darauf habe ich definitiv keine Lust und darum habe ich mir gleich das Verlöten des Wannensteckers gespart! 😉
Na, das sollten wir doch gleich mal testen, ob das Ding auch wirklich funktioniert. Über die serielle Schnittstelle wird die Platine mit dem C64-Diskettenlaufwerk verbunden. Der Teensy wird über einen USB-Anschluss mit dem PC verbunden.
Fun Fact: Da das Mini-USB-Kabel recht kurz ist, habe ich die Platine mit dem „NES USB Tool“ aus Artikel 4 (ja ja, lang ist’s her) verbunden – fancy! 😀
Zumindest wird das XUM1541 schon mal im Gerätemanager erkannt, wenn auch kein passender Treiber installiert werden konnte.
Die USB-Treiber sind in einem Software-Paket namens „OpenCBM“ enthalten. An sich eine gute Sache, doch da Windows 10 leider die Installation unsignierter Treiber nicht mehr zulässt müssen wir etwas tricksen! 😉 Mit Hilfe des Tools „Zadig“ lässt sich der „libusb-win32“-Treiber installieren und mit dem offiziellen WinUSB-Treiber von Microsoft austauschen.
So sieht das schon besser aus! 🙂
Um jetzt auch wirklich Dateien auszutauschen, wird natürlich noch etwas Software benötigt. Um „OpenCBM“ zu installieren, muss einfach die „install.bat“ als Administrator ausgeführt werden:
Nach einer kurzen Installation…
… muss noch das Verzeichnis der OpenCBM-Installation dem System-Path hinzugefügt werden, um später die entsprechenden Befehle von überall verwenden zu können:
Jetzt sind wir endlich soweit das Laufwerk einzuschalten und eine Diskette einzulegen. Natürlich verwende ich die retrololo-Diskette aus Artikel 147.
Mit dem Befehl „cbmctrl detect“ lässt sich anzeigen ob, und wenn ja welche Laufwerke am PC angeschlossen sind. Mit Hilfe des Commands „cbmctrl dir 8“ lässt sich dann das Dateiverzeichnis auslesen. GEIL – es klappt tatsächlich! 🙂
Zugegeben, die Handhabung in der Kommandozeile ist nicht gerade benutzerfreundlich. Abhilfe schafft da eine grafische Oberfläche namens „CBMXfer“.
Fun Fact: Ich konnte es nicht lassen euch die Bilder der Installationsroutine zu zeigen, denn so etwas sieht man nicht alle Tage – der Dialog sieht so aus als käme er direkt aus den Neunzigern! 😀
Die Software selbst ist auch nicht gerade besser, passt aber optisch perfekt zum C64! 😀
Immerhin scheint unsere Diskette nach einem Klick auf „Directory“ einwandfrei erkannt zu werden! 🙂
Die Bedienung gestaltet sich dafür überraschend einfach. Über die grünen Pfeile können einzelne Dateien zwischen PC und Diskette übertragen werden:
Über die Funktion „View“ kann man eine PRG-Datei genauer inspizieren und sich sogar den BASIC-Code ansehen – cool! Hier im Bild sehen wir das von mir erstellte Beispielprogramm aus Artikel 142, mittlerweile schon fast ein alter Bekannter! 😉
Fun Fact: Mittlerweile gibt es sogar Webseiten, auf denen man sich den BASIC-Code von PRG-Dateien anzeigen lassen kann – irre! 😀
Ist keine Datei markiert wird beim Kopiervorgang auf den PC ein vollständiges Diskettenimage (.D64) erstellt.
So habe ich z.B. ein Image des Spiels „Maniac Mansion“ erstellt:
Fun Fact: Beim Versuch originale Spiele zu sichern, stößt man aber leider – spätestens dann, wenn ein Kopierschutz verwendet wird – an seine Grenzen. Dafür müsste man das Laufwerk modifizieren und den Parallelport auf dem XUM1541 verwenden, um mit Hilfe von Software wie z.B. „NIBTools“ die entsprechenden Routinen zu umgehen und eine Sicherung zu ermöglichen.
Die einzelnen Programme und D64-Images kann man dann auf dem PC in einem Emulator abspielen. Hier verwende ich z.B. die Software „CCS64“:
Natürlich lassen sich auch Disketten mit einzelnen Programmen oder Images beschreiben. Wer sich erinnert – beim letzten Mal habe ich noch einen recht umständlichen Weg (Stichwort Multiload) gehen müssen, um „Turrican“ (kennen wir ja bereits aus Artikel 150) zu starten. Jetzt habe ich mir das Spiel einfach mit Hilfe des XUM1541 auf eine Diskette gepackt:
So lässt sich Turrican wesentlich zuverlässiger starten, allerdings habe ich das Gefühl, dass der Ladevorgang vom Diskettenlaufwerk fast noch langsamer ist, als der via MP32C64. Aber was soll’s, die eine Minute hin oder her machen das Kraut jetzt auch nicht fett. Wenn ich ehrlich bin, bin ich begeistert, dass das überhaupt so funktioniert! 🙂
Fun Fact: Die Daten des Spiels sind auf Vorder- und Rückseite aufgeteilt. So muss man während des Ladevorgangs an einer bestimmten Stelle die Diskette aus dem Laufwerk nehmen, umdrehen, wieder rein schieben und mit der Leertaste den Ladevorgang fortsetzen! 😀
Besonders cool finde ich, dass man mit dem XUM1541 letztendlich moderne und alte Technik vereint. Und Daten auf Diskette zu speichern gefällt mir grundsätzlich gut – viel mehr „retro“ geht nicht! 🙂
Das einzige was nicht ganz so schön ist, ist die lose Platine. Alles kein Problem, denn für schlappe vier Euro (inklusive Versand) kann man zusätzlich ein kleines Plastikgehäuse für das Teil bestellen. Natürlich könnte man auch selbst ein Gehäuse mit einem 3D-Drucker drucken, aber für unter 5 Euro lohnt sich das auf keinen Fall. Damit die Platine auch in das Gehäuse passt, muss die serielle Buchse noch etwas bearbeitet werden.
Ebenso müssen zwei Löcher für das USB-Kabel und die serielle Buchse gebohrt werden. Als kleines „Schmankerl“ kann man noch eine LED verlöten und ein weiteres Loch auf der Oberseite bohren…
… um den Status (Zugriff auf das Laufwerk) von außen erkennen zu können – sehr cool! 🙂
So, bitte entschuldigt mich jetzt, ich bin dann mal weg. Ich möchte noch ein paar weitere Disketten inspizieren und deren Programme ggf. sichern. Wenn ich mir so den riesigen Stapel an Disketten ansehe gibt es noch viel zu tun… 😀
Bis die Tage! 🙂