Endlich ist unsere 1581er-Replica-Platine fertig aufgebaut!
Beim letzten Mal stand ja noch die Frage im Raum, welches Laufwerk wir verwenden könnten. Dank dem PC-Drive-Adapter lässt sich jedes beliebige 3,5“-PC-HD-Diskettenlaufwerk anschließen. Mal sehen, ob wir da noch was Passendes im Keller herumliegen haben. Ah, da ist es ja!
Darf ich vorstellen? Ein Mitsumi D359M3D. Wie alt das gute Stück ist kann ich nicht sagen, aber ich würde mal vermuten, dass es in den frühen 2000ern (vermutlich 2002) produziert wurde. Passend dazu habe ich in der Elektroschrott-Kiste noch ein einfaches Floppy-Kabel (ohne weitere Buchsen zum Anschluss von mehreren Laufwerken) sowie ein Stromkabel mit zwei Berg-Steckern gefunden.
Fun Fact: Es gibt ein schönes Video, in welchem das Laufwerk komplett zerlegt und seine Innereien im Detail gezeigt werden. Und das Beste: Das Video wurde tatsächlich erst 2022 hochgeladen. Schon verrückt, oder? Wer beschäftigt sich denn heutzutage noch mit so altem Schrott? 😛 😀 😉
Perfekt, dann können wir die Komponenten ja alle verkabeln. Hierbei muss man aufpassen, die beiden Stecker richtig herum an der Leiterplatte sowie dem Diskettenlaufwerk anzuschließen. Sieht schon irgendwie abgefahren aus finde ich! 😀
Mal überlegen, was fehlt noch für einen ersten Test? In jedem Fall ein paar Disketten. Wie wir bereits gelernt haben, benötigt das Laufwerk auf 800 kB formatierte DD-Disketten. Vom PC (und aus bisherigen Projekten wie z.B. Artikel 12, 17 oder 40) kennen wir bisher nur normale (auf 1.440 kB formatierte) HD-Disketten. Was ist denn der Unterschied zwischen beiden? Schaut gut hin, könnt ihr ihn auf dem folgenden Bild erkennen? Und sagt jetzt bitte nicht die Farbe! 😛
Hier die Auflösung: Bei der DD-Diskette (rechts im Bild) fehlt rechts unten eine kleine Öffnung, welche bei der HD-Diskette (links) vorhanden ist. Anhand dieser Lücke kann ein Laufwerk erkennen, ob es sich um eine DD-Diskette (MF2DD, double density, double sided) oder HD-Diskette (MF2HD, high density, double sided) handelt – clever!
Fun Fact: Tatsächlich gab es auch 3,5“-Disketten, welche nur auf einer Seite der Magnetscheibe beschrieben waren (MF1DD, single density, single sided), allerdings ist das ein eher ungebräuchliches Format was bei einigen Amiga-, Atari- und IBM-Computern zum Einsatz kam.
Leider habe ich selbst nur zwei dieser DD-Disketten, aber das sollte für einen Test ja ausreichen. Die auf der Metalllasche der Disks angegebene Kapazität von 1,0 MB ist dabei die maximal theoretisch mögliche Speicherkapazität des Datenträgers. Rein physikalisch betrachtet könnte eine 3,5“ HD-Diskette 2.048 kB (und eine DD dementsprechend 1.024 kB) aufnehmen. Diese Werte werden in der Praxis aber nicht erreicht, denn schließlich muss der Datenträger ja noch formatiert (d.h. logisch in Spuren und Sektoren eingeteilt und anschließend mit einem Dateisystem bestückt) werden. In der Praxis wurden HD-Disks meist nur mit 80 Spuren, 18 Sektoren und einer Kapazität von 1.440 KB formatiert. Bei DD-Disketten sind es auch 80 Spuren, allerdings nur 9 Sektoren (bzw. 10 Sektoren bei Commodore-Disketten), dementsprechend haben DD-Disks eine Kapazität von 720 KB – oder im Falle des 1581er-Laufwerks beim C64 – 800 kB.
Fun Fact: Hersteller haben sehr gerne auf den Trick mit der maximalen, physikalischen Kapazität zurückgegriffen, um einen möglichst großen (wenn auch praxisfernen) Wert anzugeben und dem Käufer zu suggerieren, dass ihre Diskette etwas ganz Besonderes ist. So hat man im Endeffekt nur ca. 70% des laut Verpackung versprochenen Speicherplatzes zur Verfügung – diese Halunken! 😀
Bevor ich die Disketten verwende, würde ich gerne probieren, ob sie überhaupt noch funktionieren. Theoretisch sollten sich die Disks mit einem gewöhnlichen PC-Diskettenlaufwerk lesen lassen, doch leider unterstützen die wenigsten USB-Floppy-Laufwerke noch DD-Disketten. Dementsprechend müssen wir einen Computer finden, in dem ein Diskettenlaufwerk „fest“ (also intern) eingebaut und über einen ordentlichen Floppy Controller angeschlossen ist. Hierfür habe ich den alten HP compaq Laptop aus den Artikeln 30 und 77 herausgekramt:
Damit lassen sich beide Disketten tatsächlich problemlos einlesen. Für die neugierigen Leute unter euch: Außer einem alten Kassenprogramm für DOS und ein paar exportieren TD6-Track-Dateien (Achterbahnen) für „Roller Coaster Tycoon 2“ war auf den Disketten nicht viel zu finden! 😉
Bevor ich irgendwas damit mache, würde ich die Disk gerne mal sauber formatieren. Blöd nur, dass das unter Windows XP über den Dialog (Rechtsklick => Formatieren) scheinbar nur noch für HD-Disketten (also 1,44 MB im IBM PC Format) geht. So ein Mist!
Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Mit Hilfe der Eingabeaufforderung (CMD) sowie des etwas kryptischen Befehls „format a: /t:80 /n:9“ lässt sich auch unter Windows XP eine DD-Diskette formatieren! 😉
Die Formatierung glückt und wir haben nun gut 700 Kilobyte auf dem Datenträger zur Verfügung! 🙂
Not so fun Fact: Leider stehen uns nicht die vollen 720 kB zur Verfügung, denn es sieht es so aus, als wären schon ein paar der Sektoren auf der Disk im Lauf der Jahre defekt geworden. Für gewöhnlich stellt das kein Problem dar, sofern nicht Spur 0 (bei Commodore-Disketten Spur 18), welche Daten über das Dateisystem sowie das Dateiverzeichnis auf der Diskette enthält, defekt ist.
Ich denke, jetzt können wir einen ersten Test wagen. Bevor wir eine Diskette einschieben, sollten wir erst mal beide Geräte (also den C64 sowie das 1581-Laufwerk) anschalten.
Immerhin – die grün leuchtende LED zeigt uns an, dass ein Zugriff auf das Laufwerk erfolgt. Doch was ist das? Aus dem Laufwerksinneren kommen tickende Geräusche, sobald eine Diskette eingeschoben wird und der C64 bleibt beim Versuch das Verzeichnis zu laden („LOAD“$“,8“) einfach hängen:
Um ehrlich zu sein war ich recht planlos und habe erst wieder auf Recherche im Netz gehen müssen. Keine Angst, ich erspare euch die langwierige Fehlersuche. Stellt euch vor – wir verwenden das falsche Kabel! Kein Witz! 😀 Wieder die Preisfrage: Könnt ihr den Unterschied erkennen?
Richtig – das kürzere Kabel ist am Ende (kurz vor dem Stecker) gedreht. Kein Wunder – das Kabel ist ja eigentlich auch zum Anschluss eines einzigen Laufwerks im PC-Bereich gedacht. Dafür wäre die Pinbelegung korrekt, allerdings benötigen wir für das 1581er-Laufwerk eine 1:1-Verbindung der Pins. Da ich kein entsprechend kurzes 1:1-Kabel (mit nur zwei Steckern) habe, müssen wir es mit einem internen Floppykabel, welches mal bei der Schlachtung eines alten, defekten PCs übriggeblieben ist), probieren. Theoretisch sollte es klappen, sofern wir das Laufwerk am mittleren Stecker anschließen.
Also gut, Versuch Nr. 2 mit neuem Kabel:
Fun Fact: Die Drehung im Kabel ist dafür da dem PC eine Möglichkeit zu geben zu erkennen, ob es sich um Diskettenlaufwerk A oder B (sofern zwei Stück über ein Kabel angeschlossen werden sollen) handelt. Diese „Cable Select“ genannte Technologie ist notwendig, da Diskettenlaufwerke (z.B. im Vergleich zu IDE-Festplatten oder CD- und DVD-Laufwerken) nicht gejumpert werden!
Hm, zumindest bekommen wir einen anderen Fehler, diesmal sogar mit einer Fehlermeldung: „?DEVICE NOT PRESENT ERROR“:
Ich schwör es euch – durch reines „Herumprobieren“ sowie durch die anschließende Bestätigung durch einen Forumsbeitrag bin ich dahinter gekommen. Tatsächlich ist das Laufwerk unter der Hardwareadresse 11 („LOAD“$“,11“) erreichbar. Wie kann das sein?
Erinnert ihr euch noch an den DIP-Schalter aus Artikel 242? Damit das Gerät unter der Hardwareadresse „8“ (der Standard) zur Verfügung steht, müssen beide Kipphebelschalter in die untere Position gebracht werden. Und jetzt kommt‘s: Damit ist die Schalterstellung exakt umgekehrt wie in der Dokumentation beschrieben. Ich habe keine Ahnung warum das so ist, denn das Bauteil wurde richtig herum verlötet. Vielleicht ist der Schalter intern anders verdrahtet – was weiß ich? Solange es jetzt aber funktioniert, soll mir das egal sein! 🙂
Mit richtig gestellten Schaltern können wir zumindest mal den Index der Diskette laden und erhalten einen „?FILE NOT FOUND ERROR“.
Das macht Sinn, denn schließlich ist die Disk ja aktuell noch im 720 kB-DOS-Format (360 kB pro Seite) formatiert und dementsprechend wenig kann das Laufwerk mit der Floppy anfangen. Wie wir bereits wissen, muss die Diskette im erweiterten CBM-Format (auch „Commodore 1581 filesystem“ genannt) mit 800 kB (400 kB pro Seite) formatiert werden. Um das zu tun, geben wir den Floppy-Befehl „OPEN 15,8,15,“N:RETROLOLO,42“: CLOSE15“ ein. Der erste und letzte Parameter (numerischer Wert für logische Dateinummer bei OPEN/CLOSE) kann dabei beliebig gewählt werden und dient nur zur Unterscheidung der einzelnen geöffneten Dateien.
Fun Fact: Der Formatierungsvorgang hat – ähnlich wie bei der Formatierung unter (Win)DO(w)S – ebenfalls ca. 90 Sekunden benötigt. Hier ist Geduld gefragt! 🙂
Und siehe da – tatsächlich lässt sich nach der Formatierung der Index der Disk lesen und uns stehen 3160 Speicherblöcke (ca. 783 kB) zur Verfügung. Zum Vergleich – in Artikel 147 waren es bei einer 5,25“-Diskette nur 664 Blöcke (ca. 166 kB). Das ist fast die fünffache Menge an Daten – cool! 🙂
Fun Fact: Neben dem erweiterten CBM-Dateisystem 1581-FS (800 kB) sowie dem DOS-Format FAT12 (720 kB) gibt es für 3,5“-Disketten im DD-Format (double density, MFM-Verfahren) auch noch zig weitere Formate. So werden z.B. die DD-Disketten auf einem Amiga-Computer mit einem speziellen Amiga-Dateisystem (880 kB) formatiert. Wer ganz wild ist, der formatiert die Disks mit ganz eigenen Parametern. So könnte man z.B. die Sektoren erhöhen um die Daten noch dichter aneinander auf die Diskette zu schreiben. Dadurch erhält man mehr Speicherplatz, aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Daten fehlerhaft geschrieben und somit letztendlich nicht mehr gelesen werden können ist höher. Besser man lässt die Finger von solchen Spielereien… 😉
Als abschließende Maßnahme sollten wir jetzt noch versuchen, ein paar Daten auf die Diskette zu schreiben. Dafür habe ich nochmal das 1541-II-Laufwerk (Artikel 146), die retrololo-Diskette (Artikel 147) samt Filecopy-Programm (Artikel 153) sowie die Turrican-Diskette (Artikel 151) herausgekramt:
Mit der großen (5,25“) retrololo-Diskette können wir die Software „FILECOPY“ laden und damit die Programmdateien von der 5,25“-Turrican-Diskette auf unsere neue, kleine (3,5“) retrololo-Diskette kopieren. So die Theorie! Damit das in der Praxis klappt müssen wir zuerst das 1541er-Laufwerk anstecken, die retrololo-Diskette einlegen und anschließend die Kopiersoftware laden.
Sobald die Software läuft, müssen wir die retrololo-Diskette entnehmen, dafür die Turrican-Diskette einlegen und den Dateinamen der ersten Programmdatei auf der Spieldiskette angeben. Bevor wir jetzt aber auf „RETURN“ drücken, müssen wir aber auch noch das 1541er-Lauferk abstecken und dafür das 1581er-Laufwerk anstecken – was für ein Chaos! 😀
Fun Fact: Natürlich muss man sich vorab die Dateistruktur auf dem Turrican-Datenträger ansehen, um die Dateinamen zu wissen. Alternativ kann man auch direkt nach Laden des Kopierprogramms den Datenträger wechseln. Dann wird einem kurz vor dem Kopiervorgang nochmal die Dateistruktur auf der Turrican-Diskette angezeigt. Seid ihr noch wach? Ich weiß, es ist kompliziert… 😉
Das funktioniert zwar prinzipiell gut, aber ist extrem umständlich, da wir für jede Datei die Kabel zwischen den beiden Laufwerken umstecken müssen! Da ich den heutigen Beitrag aber mit einem Erfolgserlebnis (nämlich dem Spielen von „Turrican“ von der 3,5“-Diskette) abschließen wollte, habe ich in den sauren Apfel gebissen und den ganzen Kopierzirkus (verschiedene Disks laden, Laufwerke umstecken) insgesamt fünf Mal gemacht, bis alle Dateien auf die 3,5“-DD-Diskette übertragen waren.
Egal, denn jetzt können wir endlich Spielen. Mit dem wohl bekanntesten C64-Befehl („LOAD“*“,8,1“) und einem anschließenden „RUN“ wird das Spiel von unserer neuen Diskette geladen.
Oh Mann, was ist das denn? Direkt vor Beginn des ersten Levels kommt eine Hinweismeldung, dass wir die Diskette wenden sollen. Blöd nur, dass das bei der 3,5“-Diskette gar nicht geht?!
So langsam dämmert es mir… Das Spiel hat ja auch Daten auf der zweiten Seite der 5,25“-Diskette. Die habe ich natürlich bisher noch nicht mit auf die 3,5“-Diskette kopiert. Mist! 😀
OK – spätestens jetzt ist der Punkt endgültig erreicht, an dem ich mich geschlagen gebe. Ich befürchte, wir müssen uns ein andermal um die restlichen Dateien kümmern, darauf habe ich heute echt keinen Nerv mehr. Nur so viel vorab: Wie man diese ganzen Kopiervorgänge zwischen den Laufwerken etwas effizienter macht, erfahren wir beim nächsten Mal! 😉
In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!