Nachdem wir beim letzten Mal bereits die Ursprünge von Monkey Island ergründet haben, möchte ich euch heute (meiner Meinung nach) eines der besten PC-Adventures aller Zeiten vorstellen – „Monkey Island 3: The Curse of Monkey Island“! 🙂
Der dritte Teil der Geschichte rund um die Affeninsel erschien 1997 und war das erste Spiel, bei dem der Erfinder der Serie (Ron Gilbert) nicht mehr beteiligt war. Stattdessen wurde Jonathan Ackley und Larry Ahern das Heft in die Hand gegeben. Kein Wunder, denn die beiden langjährigen LucasArts-Mitarbeiter haben bereits zuvor populäre Spiele wie „Day of the Tentacle“ oder die „Sam & Max“-Reihe produziert. Der geniale Soundtrack kommt wieder von Michael Land, welcher schon bei den ersten beiden Spielen die Musik produzierte.
Ich selbst habe eine der früheren Versionen, die zumindest noch in einer „Big Box“ (ein damals noch gängiges Format für PC-Spiele) verkauft wurde. Außer den beiden Spiel-CDs ist aber nichts Weiteres dabei, Readme und Troubleshooting Guide befinden sich digital auf den CDs.
Über die Systemanforderungen an der Seite der Box kann man aus heutiger Sicht nur noch schmunzeln. So werden zum reibungslosen Betrieb von Monkey Island 3 z.B. Windows 95 als Betriebssystem, ein Intel Pentium Prozessor mit 90 MHz oder schneller, 16 MB Arbeitsspeicher, ein 4x-CD-Rom-Laufwerk, eine PCI-Grafikkarte, die DirectX 5 unterstützt, sowie ganze 12 MB Festplattenplatz (+ weitere 20 MB für diverse Spielstände) benötigt.
Fun Fact: Wer sich wundert, wieso nur so wenig Speicherplatz auf der Festplatte benötigt wird – das Spiel läuft in der Standardkonfiguration zu 95% von CD.
Leider gibt es von Monkey Island 3 noch kein Remake und so müssen wir uns mit dem Original begnügen. Da auch dieses Spiel bei neueren PC-Systemen mittlerweile Zicken macht, kann ich jedem, der das Spiel mal selbst spielen möchte, nur nochmal ScummVM empfehlen, davon gibt es sogar eine portable Version! 🙂
Tatsächlich musste ich diesmal nicht den steinigen Weg gehen und „basteln“, denn das habe ich bereits in Artikel 44 gemacht! 🙂
Fun Fact: Eine Anleitung, wie man Monkey Island 3 zum Laufen bekommt findet man z.B. hier oder hier.
Genug geredet, schnell noch einen Schwierigkeitsgrad wählen (wir entscheiden uns selbstverständlich für „oberaffig“) …
…und rein ins Spielgeschehen. Gleich zu Beginn treibt Guybrush in einem Autoscooter-Wagen und klagt uns sein Leid:
Die Story knüpft dabei direkt an den Vorgänger an, auch wenn entscheidende Details nicht erwähnt (oder absichtlich weggelassen) werden. Kein Wunder – ich denke es wäre schwierig bis fast unmöglich wirklich direkt an das surreale Ende des letzten Teils anzuknüpfen.
Was den Humor angeht hat die Serie nichts an Glanz verloren. So wünscht sich Guybrush z.B. nichts sehnlicher als etwas Trinkwasser und was zu essen – vorzugsweise etwas Obst um den Skorbut zu bekämpfen. Die vorbeitreibende Kiste samt Obst bemerkt er natürlich nicht, weil er ja mit dem Schreiben seines Logbucheintrags beschäftigt ist! 😀
Noch ehe er sich mit weiteren Gedanken quälen kann, treibt unser Protagonist mitten in eine Seeschlacht vor der Küste von Plunder Island. Der Zombiepirat LeChuck belagert mit einer Armee von untoten Skeletten die Insel, auf der Elaine mittlerweile Gouverneurin ist. Der Schurke hat natürlich immer noch den Plan Elaine zu heiraten, doch noch während der Schlacht gesteht Elaine ihre Liebe zu Guybrush. Bevor es jedoch zu einer Aussprache zwischen den Turteltäubchen kommt, nimmt LeChuck Guybrush gefangen.
Im Gefängnis (Rumpf des Schiffes) trifft man dann auf Wally, einen alten Bekannten aus vergangenen Tagen, mit dem Guybrush schon so einiges mitgemacht hat. Natürlich ist es unser Ziel so schnell es geht auszubrechen, doch wie geht das? Nun, die Rätsel zu Beginn des Spiels sind noch sehr leicht: Ladestock nehmen, Wally überreden, dass er kein echter Pirat ist bis er weinend in der Ecke sitzt, selbst mit der Kanone ein paar Skelette abschießen, Skelettarm samt Säbel aus Wasser fischen, etc. Der übliche Wahnsinn eben! 🙂
Die Dialoge sind wie immer hervorragend geschrieben (mit zahlreichen unsinnigen, aber witzigen Dialogoptionen) und die Synchronsprecher haben ganze Arbeit geleistet den Zeichentrickcharakteren eine Persönlichkeit zu verleihen.
Fun Fact: Die Stimme des Synchronsprechers unseres Protagonisten, Norman Matt, ist vielen vielleicht aus der TV-Serie „NCIS“ bekannt. Dort vertont er den Super-Special-Agent „Tony DiNozzo“! 🙂
Besonders im Kopf geblieben ist mir Murray – der sprechende Totenschädel. Man trifft ihn gleich zu Beginn des Spiels und er taucht während des Abenteuers immer wieder an den unmöglichsten Orten auf. Murray ist dämonisch böse und hat nur das Verbreiten von Schrecken im Sinn. Leider fällt es ihm schwer diesen Plan in die Tat umzusetzen, denn die meiste Zeit sitzt (oder liegt?) er nur herum und bemitleidet sich selbst (schließlich hat er ja keine Arme oder Beine mehr)! 😀
Fun Fact: Murray wird von demselben genialen Synchronsprecher gesprochen, welcher auch dem Mechaniker-Dämon Glottis aus „Grim Fandango“ seine Stimme leiht! Sie ist wirklich einzigartig und macht einen großen Teil seines Charakters aus. 🙂
Gesteuert wird das Spiel mit der Maus. Wie bei den Vorgängern kann Guybrush durch einen Klick auf die linke Maustaste bewegt werden. Was die Interaktion mit Objekten und Personen angeht, läuft zwar die alte SCUMM-Engine noch im Hintergrund, LucasArts hat aber die Benutzerschnittstelle grundlegend überarbeitet. So wurden die Verben durch einen kontextsensitiven Cursor in Form eines per langem Linksklick aufrufbaren, wie eine Münze geformten Menüs ersetzt. So können Gegenstände eingesammelt, mit Leuten geredet oder Sachen betrachtet werden. Je nach Situation haben die Steuerungsoptionen eine weitere Funktion. So kann z.B. das „Mund-Symbol“ nicht nur zum Sprechen, sondern in einigen Fällen auch dafür benutzt werden, um in bestimmte Gegenstände zu beißen (kontextsensitiv eben).
Um die ganzen Gegenstände zu verwalten hat Guybrush ein Inventar in Form einer Schatzkiste, welches sich beim Klick auf die rechte Maustaste öffnet. Hier können Gegenstände ausgewählt und mit weiteren Gegenständen oder Objekten in der Spielwelt kombiniert werden.
Fun Fact: Es war ein kluger Schachzug das veraltete Verben-Interface zu überarbeiten. Auf diese Weise kann des starre Menü am unteren Bildschirmrand entfallen und es ist mehr Platz auf dem Bildschirm zur Darstellung der Spielwelt vorhanden.
Hat man sich erst mal durch das angenehm unaufdringlich wirkende Einführungskapitel geklickt, erfährt man das eigentliche Hauptziel des Spiels. Eine Explosion mit einer Voodoo-Kugel später finden sich Guybrush und Elaine am Strand von Plunder Island wieder. Guybrush möchte endlich Nägel mit Köpfen machen und um Elaines Hand anhalten. Um den Bund zu besiegeln steckt er ihr einen Diamantring, welchen er in der Schatzkammer auf LeChucks Schiff gestohlen hat, an den Finger!
Die Welt könnte so schön sein, doch leider wurde der Diamantring mit einem furchtbaren Voodoo-Fluch belegt, welcher Elaine kurzerhand in eine Goldstatue verwandelt! 😀
In seiner Tollpatschigkeit auf der Suche nach Hilfe lässt unser Möchtegern-Pirat natürlich Elaine einfach so am Strand stehen und so ist es kein Wunder, dass seine goldene Herzensdame kurzerhand von Piraten gestohlen wird, ehe er sie bergen kann…
Spätestens jetzt ist klar, was zu tun ist: Guybrush muss Elaine wiederfinden und den Fluch des Rings brechen! 🙂
Was die Grafik angeht, haben die Entwickler im Vergleich zum Vorgänger einen großen Sprung gewagt und auf einen Comic- bzw. Zeichentrickstil gesetzt. Mir persönlich gefällt diese Stilrichtung generell recht gut und ich finde man kann es (in der zugegeben etwas geringen Auflösung von 640×480) auch heute noch gut ansehen.
Die einzelnen Orte sind mit sehr viel Liebe zum Detail gezeichnet. Spontan fällt mir da Käpt‘n Blondbarts Hühnchenladen ein. Hauptattraktion des Restaurants ist natürlich der verrückte Besitzer, welcher panische Angst vor einer fiktiven Figur namens „El Pollo Diablo“ (dem Teufelshühnchen) hat! 😀
Fun Fact: Der „ruhige“ (um nicht zu sagen tote) Stammkunde in dem Lokal ist kein geringerer als Manny Calavera aus Grim Fandango! Mit auf dem Tisch liegt sogar ein Button auf dem steht „Frag mich nach Grim Fandango“. Cross Marketing vom feinsten! 😉
Besonders liebevoll gemacht finde ich auch den Friseursalon „Barbierküste“. Dort treffen wir auf die Piratenfriseure (sie bezeichnen sich selbst als Seeräuber-Haarstylisten) Edward „Kuschelhase“ van Helgen, „Halsabschneider“ Bill und Haggis McMutton. Auch trifft man hier zum ersten Mal den schmierigen Kapitän René Röchelieu, mit welchem Guybrush im Lauf des Spiels noch ein Hühnchen zu rupfen hat…
Fun Fact: Die Bilder an der Wand sollen Porträts von berühmten Piraten und Seefahrern aus vergangenen Tagen darstellen. Die Entwickler haben dabei einige Namen leicht abgewandelt, sodass der Spieler etwas nachdenken muss, welche Person gemeint ist. Hättet ihr z.B. erraten wer „Käpt’n Richard Squakins“ oder „Edward Kreisch“ in Wirklichkeit waren? 🙂
Monkey Island 3 strotzt nur so vor Secrets und Easter Eggs. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Hafen der Hauptstadt von Plunder Island, „Puerto Pollo“. So zeigt z.B. der Glockenturm tatsächlich die korrekte Uhrzeit an. Das funktioniert, indem das Spiel einfach die Uhrzeit des PCs, auf dem sie gerade läuft, ausliest! 🙂
Auch die zahlreichen Referenzen (gerade an das Star Wars Franchise) dürfen nicht fehlen. So benötigt man z.B. in Brimstone Beach eine Mitgliedskarte um den Strand zu betreten. Da Guybrush natürlich keine hat, versucht er den Cabana Jungen mit dem Jedi-Macht-Geistestrick davon zu überzeugen, dass er seine Mitgliedskarte nicht sehen muss! Spoiler Alarm – es klappt natürlich nicht. 😀
Fun Fact: Es ist wirklich verblüffend – obwohl ich das Spiel schon mehrfach durchgespielt habe, entdecke ich jedes Mal neue Dinge, die mir bisher nie aufgefallen sind. Wirklich beeindruckend, was die Entwickler (und auch die deutschen Übersetzer) in dieses Spiel an Zeit investiert haben…
Auf seiner Mission begegnet Guybrush natürlich wieder zahlreichen verrückten Charakteren. Mit von der Partie sind alte Bekannte wie z.B. die Voodoo-Lady…
…oder der Verkäufer unseres Vertrauens „Stan“. Dieses Mal betreibt Stan eine Versicherungsagentur auf einem Friedhof in einer Gruft. Im Lauf des Spiels müssen wir es schaffen ihm einen Haufen Geld aus einer Lebensversicherungspolice abzuluchsen, indem wir unseren eigenen Tod vortäuschen! xD
Fun Fact: Stan kam tatsächlich bereits in den ersten beiden Teilen vor, einmal als Verkäufer gebrauchter Schiffe und einmal als Verkäufer „leicht“ gebrauchter Särge! Seine geschäftstüchtige, exzentrische Art ist definitiv was Besonderes – müsste ich es versuchen in Worte zu fassen würde ich sagen er ist der klassische „immer-gute-Laune-verbreitende-Autoverkäufer-Abzocker“. 😀
Natürlich gibt es neben den Piratenfriseuren, dem Hühnchenladenbesitzer und Murray auch einige neue, sehr prägnante Charaktere. Auch die Story ist noch für einige Überraschungen gut (ich habe in dem Beitrag noch nicht mal den Inhalt des ersten Kapitels erwähnt). Seht es mir nach, wenn ich an dieser Stelle nicht weiter spoilern möchte! 😉
So, bevor ich noch weiter ins Schwärmen komme (wie ein Teenie-Girl, das zum ersten Mal ein Tokio Hotel Live-Konzert besucht) und der Artikel noch weiter in Lobeshymnen abdriftet, sollten wir langsam zu einem Ende kommen…
Für viele eingefleischte Fans ist Monkey Island 3 (samt seiner beiden Nachfolger) kein „richtiges“ Monkey Island, weil es nicht von Ron Gilbert (dem Urvater der Serie) entwickelt wurde. Tatsächlich sagt Ron Gilbert bis heute, dass er zwar den dritten Teil gut findet, die Story aber definitiv in eine andere Richtung entwickelt hätte. Mir persönlich ist das egal, über ungelegte Eier braucht man nicht zu diskutieren. Ich finde die Entwickler haben den Spagat zwischen Ron Gilberts Erbe (samt typischen Monkey-Island-Humor) und sinnvollen Neuerungen, um das Franchise weiter zu bringen und dem Spiel ihren eigenen Stempel aufzudrücken, prima geschafft. Wenn man es als Fan der ersten Stunde schafft über ein paar Inkonsistenzen hinwegzusehen und das Spiel eigenständig betrachtet ist es der absolute Wahnsinn! 🙂
Fun Fact: Sogar die aus dem ersten Teil bekannten Duelle im Beleidigungsfechten haben wieder einen Weg in das Spiel gefunden! 🙂
Vielleicht schwingt eine ordentliche Portion Nostalgie mit, aber für mich persönlich ist „The Curse of Monkey Island“ das perfekte Adventure. Es bietet alles, was man sich von so einem Spiel wünschen könnte. Eine originelle Story, schrullige Charaktere, perfekte Vertonung, skurrile aber stets faire Rätsel, einen genialen Soundtrack und last but not least eine gehörige Portion Humor samt Seemannsgarn. Adventure-Herz, was willst du mehr? 🙂
Fun Fact: Der Soundtrack – OMG, den hätte ich jetzt zu Unrecht fast vergessen! Die einzelnen Stücke passen perfekt zum karibischen Setting und würden heutzutage locker als „ASMR-Soundscapes“ durchgehen. Viel atmosphärischer geht es nicht, hier haben die Kollegen rund um Michael Land wirklich großartige Arbeit geleistet.
Ich bin kein Fan von Superlativen wie „Bestes Spiel aller Zeiten“ oder „Bestes PC-Adventure“. Die Meinungen gehen natürlich immer weit auseinander und jeder hat andere Vorlieben was z.B. das Setting eines Spiels betrifft. Ich selbst bin ein absoluter Fan des Spiels und es beruhigt mich sehr, dass ich mit meiner Meinung nicht alleine bin.
Fun Fact: Mir persönlich geht es z.B. mit der „The Legend of Zelda“-Reihe so. Das Spiel „Ocarina of Time“ ist so gehyped und wird von vielen als eines der besten Spiele aller Zeiten angesehen. Ich weiß nicht woran es liegt, aber ich kann ihm nicht viel abgewinnen. Mir persönlich gefällt der Vorgänger „A Link to the Past“ (und natürlich „Link’s Awakening“) tausendmal besser! 😉
Wie dem auch sei – ich kann euch „The Curse of Monkey Island“ nur wärmstens empfehlen. Das Spiel könnt ihr euch für ca. 3€ (egal ob auf eBay oder digital bei GOG.com) sehr günstig holen. Hand aufs Herz: Wo bekommt man heute noch so viel Spielspaß für so wenig Geld (ca. 15-50 Stunden Spielzeit, je nach Spieltempo und investiertem Gehirnschmalz)? Pro Tipp: Für diese Art von Spielen ist es wichtig nicht gleich jedes Rätsels Lösung im Internet nachzusehen, sondern selbst den Kopf einzuschalten. 🙂
So, und jetzt entschuldigt mich, ich habe noch ein kniffliges Abenteuer vor mir – das letzte Wort gehört Murray! 😀
Cya!