Ich schwör es euch – hätte mir jemand gesagt, dass ich irgendwann mal den halben Keller voller alter Computer stehen habe, dann… hätte ich es ihm blind geglaubt! 😛
Fun Fact: Keine Angst – das Bild stammt nicht aus meinem Keller. Auch wenn man es schwer glauben kann – ich weiß wo meine Grenzen sind! 😉 Trotzdem muss ich zugeben, dass sich das „Spielzimmer“ (welches eigentlich ursprünglich mal als Werkstatt gedacht war) so langsam füllt…
Ich sehe es ja ein. Man kann nicht alles behalten und Ordnung muss sein. Bevor es jedoch wieder ans Aufräumen (und Ausmisten) geht, möchte ich euch noch ein ganz besonders schickes Stück Hardware zeigen:
Diesen Computer habe ich vor einigen Jahren von einem ehemaligen Nachbarn im Tausch gegen ein paar „PC-Dienstleistungen“ (Router installieren, Computer neu aufsetzen, etc.) bekommen. Seitdem steht das Gerät ungenutzt im Keller. Damit ist jetzt Schluss! 😉 Ich weiß – für einen Großteil von euch ist das einfach nur alter Elektroschrott, aber was soll ich machen? Ich kann mich für so Zeug eben begeistern! Und sind wir mal ehrlich – es gibt viel schlimmere Leidenschaften. Denkt nur mal an die armen Ehefrauen von Oldtimersammlern! 😛
Kommen wir lieber schnell zum Objekt der Begierde. Mann, das nenne ich mal einen alten Computer! Die Front des PCs erinnert mich irgendwie frappierend an den „IBM Personal Computer/AT“ (Modell 5170), allerdings scheint es sich um einen Nachbau von einem anderen Hersteller zu handeln. Von wann der PC ist, kann ich auf Anhieb gar nicht sagen. Vielleicht können wir zusammen im Lauf des Beitrags ein paar mehr Details über den Retro-PC herausfinden? 🙂
Scheint so, als wurde der Computer von einer Firma namens „adb-Software“ aus Lauf zusammengebaut. Überall auf dem Gehäuse sowie den Peripherieteilen finden sich entsprechende Aufkleber. Wann habt ihr das letzte Mal eine alte, vierstellige Postleitzahl gesehen? 😀
Fun Fact: Die Firma scheint es auch tatsächlich heute noch zu geben, zumindest haben sie einen Internetauftritt und es gibt auch halbwegs aktuelle Google-Bewertungen. Wahnsinn! 😀
Was sofort ins Auge fällt, sind die bunten Knöpfe (Reset und Turbo) auf der Vorderseite. Statt dem üblichen beige ist hier ungewöhnlich viel Farbe im Spiel!
Ebenso finden sich auf der Vorderseite zwei Diskettenlaufwerke. Um ehrlich zu sein wundert es mich, dass auch ein 3,5“-Laufwerk verbaut ist. Der Optik des PCs nach zu urteilen, müsste es sich um ein recht altes Modell handeln, bei dem nur 5,25“-Laufwerke üblich waren. Ich würde mal ganz dreist unterstellen, dass das „kleinere“ Laufwerk nachträglich eingebaut wurde…
Komisch – wo ist denn eigentlich der Ein- und Ausschalter? Aha! Seitlich am Gehäuse hat er sich versteckt. Mann, was für ein kultiges und vor allem massives Design. Bei solchen Schaltern bin ich mir immer nicht sicher, ob ich ein Atomkraftwerk starte, oder einen Heimcomputer anschalte. 😛
Mittlerweile haben wir uns ja einige alte Computer angesehen, dementsprechend gibt es auf der Rückseite keine großen Überraschungen.
Neben einem Netzteil samt Monitorausgang finden sich hier auch ein DIN-Port zum Anschluss einer Tastatur…
…und diverse D-Sub-Buchsen zum Anschluss eines Monitors, einer Maus, eines Druckers sowie eines Joysticks bzw. Gamepads über den Gameport.
Fun Fact: Im Vergleich zu bisherigen Retro-Computern steht bei diesem System nur eine neunpolige D-Sub-Buchse zum Anschluss einer Maus zur Verfügung. Je nachdem, welche Maus beim System dabei ist, kann es also sein, dass wir einen Adapter (25-polig auf 9-polig) benötigen.
Apropos Maus. Mit dabei war eine serielle Maus vom Typ „BSP H500157. Leider habe ich nichts über den Hersteller in Erfahrung bringen können. Tatsächlich handelt es sich um ein Eingabegerät mit 25-poligem Stecker. Na, da haben wir aber Glück, dass gleich ein passender Adapter dabei war! 🙂
Auch auf der gigantischen Tastatur findet sich leider keine Herstellerangabe, dafür aber ein paar kryptische Seriennummern. Puh, das nenne ich mal Pfeiltasten! 🙂
Besonders schön finde ich den Mechanismus, mit welchem sich die Tastaturhöhe verstellen lässt. Per Drehregler lassen sich Plastikfüße ausklappen, welches sich bei Bedarf durch Druck auf den Regler wieder einklappen lassen. Putzig! 😀
Für was der Schalter auf der Rückseite der Tastatur ist, musste ich tatsächlich erst im Internet nachsehen. Scheinbar wurde für Computer mit einer 8088-CPU (IBM PC oder XT) ein anderes Tastaturprotokoll verwendet, wie für spätere IBM AT-Systeme (mit 80286-CPU). Um mit möglichst allen Systemen kompatibel zu sein, griffen Hersteller auf solche Schalterlösungen zurück, welche beide Standards (also PC/XT unidirektional und PC/AT direktional) unterstützten.
Fun Fact: Dadurch, dass die Tastatur auf „88“ geschaltet ist, gehe ich davon aus, dass es sich bei unserem Computer um einen Klon eines älteren IBM XT-Computers mit 8088-CPU in einem AT-Gehäuse handelt. Sehr mysteriös das alles!
Mal überlegen, was fehlt noch zum Betrieb des Retro-PCs? Na klar, ein Monitor! Mit 14 Zoll fällt das vorliegende Modell ja im Vergleich zu unseren bisher verwendeten Bildschirmen schon fast groß aus! 😛 Anhand der technischen Daten…
…und der Pinbelegung im Stecker würde ich mal stark vermuten, dass es sich um einen monochromen Bildschirm handelt, welcher für den MDA-Modus gedacht ist:
So viel zum ersten Eindruck des PC-Systems. Um etwas mehr über den Computer herauszufinden, sollten wir das gute Stück mal aufschrauben und nachsehen, was für Teile darin verbaut sind. Das Gehäuse ist mit nur fünf Schrauben auf der Rückseite gesichert und lässt sich so leicht entfernen.
Im Inneren angekommen fällt mir auf, dass es sich bei dem PC um ein wirklich altes System handeln muss. Die verbaute Seagate „ST-225“-MFM-Festplatte mit satten 20 Megabyte ist über den ST506-Bus an einer „NDC 5427-01“-Controllerkarte angeschlossen. Konkret heißt das, dass der Rechner aus einer Zeit stammt, zu der es mutmaßlich noch keinen ATA-Standard (auch unter dem Begriff „IDE“ bekannt) gab, denn dieser wurde erst 1989 etabliert. Den ST506-Standard gibt es dagegen seit 1980. Wenn ich mich nicht täusche, müsste diese Festplatte ca. Ende 1986 produziert worden sein! 🙂
Neben der Festplatte finden sich auch noch zwei Diskettenlaufwerke im PC. Das „kleine“ 3,5“-Laufwerk ist ein TEAC „FD-235HF 800-U“, über welches ich leider nicht besonders viel herausfinden konnte. Scheint so, als gäbe es mehrere Modellvarianten vom FD-235HF. Was ich allerdings weiß, ist, dass unser Modell (800-U, 19307328-00) nur DD-Disketten (maximal mit 360 kB oder 720kB) frisst, mit den „normalen“ HD-1,44MB-Disketten kann das Teil nicht viel anfangen. Ich vermute, dass das Laufwerk von ca. 1990 ist. Das bestätigt meine Annahme, dass es nachträglich in den Rechner eingebaut wurde. Interessant finde ich die Adapterplatine, mit welcher der Typ des Steckers verändert wird. Ich vermute, das wurde so gemacht, weil in den PC-Systemen der damaligen Zeit nur Kabel mit „Leiterplattenrandverbindern“ verbaut waren.
Beim „großen“ 5,25“-Laufwerk handelt es sich um ein NEC „FD1054“ von 1987! Das Laufwerk unterstützt nur 5,25“-DD-Disketten (double density), welche mit 360kB formatiert sind. Interessant finde ich, dass die Laufwerke scheinbar über den Metallrahmen geerdet sind und letztendlich nur durch zwei verschraubte Klammern darin gehalten werden. So eine Art, Laufwerke zu befestigen, habe ich bisher noch nie gesehen. Bitte seht es mir nach, dass ich kein besseres Bild davon habe, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich wenig Lust, das gute Ding einfach „grundlos“ auszubauen! 😀
Fun Fact: Wie es der Zufall will, scheint dieses Laufwerk auch häufiger das Problem mit der locker werdenden Abdeckkappe des Schreib-/Lesekopfs zu haben. Das Thema sollte euch ja schon vom „FD1157C“ aus Artikel 273 bekannt vorkommen! 😉
Die beiden Diskettenlaufwerke hängen über ein 34-Pin-Floppy-Kabel an einer „PII-147 HEXA I/O PLUS“ Einsteckkarte. An dieser „Multi I/O“-Karte lassen sich Diskettenlaufwerke, serielle und parallele Schnittstellen, sowie ein Gameport anschließen. Mit Hilfe einer kleinen Adapterplatine wird die serielle Schnittstelle (COM1) an die Gehäuserückseite geführt, sodass sich daran z.B. eine Maus anschließen lässt.
Ebenso findet sich hier eine Batterie (Knopfzelle), welche vermutlich zum Erhalt der BIOS-Einstellungen verwendet wird. In jedem Fall bildet die Karte das Herzstück des Rechners und ist für so ziemlich jede verfügbare Schnittstelle verantwortlich.
Fun Fact: Tatsächlich habe ich auf dem gesamten Mainboard keine weitere Batterie gefunden. Ich bin überrascht, dass sich die Knopfzelle auf einer Einsteckkarte befindet. Sehr merkwürdiges Design! 😀
Lediglich der Monitor ist über eine eigene Grafikkarte („Graphic Smith/MGP6212“ von der Firma dtk aus dem Jahre 1987) angeschlossen. Wie bereits vermutet, handelt es sich dabei um eine MDA-Grafikkarte, welche auch den Hercules-Grafikmodus unterstützen sollte. Sag bloß, wir bekommen am Ende auf der alten Mühle ein paar Spiele zum Laufen? Ich bin skeptisch 😀
Das Mainboard selbst stammt ebenfalls von dtk aus dem Jahre 1987 und ist vom Typ „PIM-TB10-Z“. Darauf verbaut haben wir eine 10 MHz-CPU von Siemens (SAB8088-1-P), ein ERSO-Bios, sowie 640 kB RAM in Form von einigen, aufgesteckten OKI-DIP-Chips (M41256A-12).
Beim Blick auf hunderte Jumper oder DIP-Schalter läuft es mir immer kalt den Rücken runter. Ohne das passende Handbuch ist man hier aufgeschmissen. So wie es aussieht, lässt sich anhand dieser Schalter die Anzahl der verbauten Laufwerke sowie die Art der Grafikkarte (MDA, CGA, EGA) einstellen.
Besonders witzig finde ich die Position des PC Speakers. Es sieht irgendwie so aus, als wäre der Systemlautsprecher vergessen und einfach nachträglich seitlich angeflanscht worden, findet ihr nicht? 😀
So, genug Theorie. Jetzt wird es aber Zeit, dass wir das gute Stück wieder zusammenbauen und anschließen. Schließlich wollen wir ja wissen, ob der betagte Rechner noch funktioniert.
Da hilft nur eins: Mutig den Einschalter umlegen und beten, dass nichts in die Luft fliegt. Ok, wir haben ein Lebenszeichen! Es sieht so aus als würden die 640 kB RAM sauber geprüft werden. Leider bleibt das System anschließend mit einer nichtssagenden Fehlermeldung hängen. Nach mehreren Neustarts geht es zwar (ohne wirkliches Zutun meinerseits) einen Schritt weiter und scheinbar werden ein paar Treiber geladen, trotzdem fährt das System nicht hoch. 🙁
Gut, alles andere hätte mich auch überrascht! 😀 Ich habe da schon ein paar Ideen, woran es liegen könnte. Für heute reicht es mir aber, es ist schon spät. Seht es mir also bitte nach, dass wir uns erst beim nächsten Mal weiter mit dem PC beschäftigen.
In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!