#211 – Game Boy Camera – IV – color

Ich weiß Leute – es gibt keine Entschuldigung. Drei Artikel über eine alte Spielzeugkamera im Kasten und trotzdem schiebe ich noch einen vierten hinterher. Seid mir nicht böse, aber ich konnte einfach nicht wiederstehen. Fotographie an sich ist schon ein interessantes Thema, aber wenn man das noch mit „Videospielen“ verbinden kann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich abdrifte… 😀

Mittlerweile kennen wir ja so ziemlich jede Funktion der Game Boy Camera. Während wir beim letzten Mal durch Modifizierung der Hardware (Gameboy Camera Flashcart) versucht haben etwas mehr Leistung aus der Kamera heraus zu kitzeln, möchte ich heute einen anderen Ansatz wählen.

Heute wollen wir versuchen, mit der Kamera ein paar farbige Fotos zu schießen. Moment mal – wie soll das denn gehen? Die Game Boy Camera kann doch nur Bilder in Schwarzweiß aufnehmen, hier ein Beweisbild aus Artikel 209!

Natürlich kann die Kamera per se keine Farbfotos aufnehmen. Allerdings können wir uns einem alten Trick bedienen und einfach drei Bilder mit unterschiedlichen Farbfiltern (rot, grün und blau) aufnehmen um diese anschließend digital zu einem Bild zusammenzufügen.

Fun Fact: Diese Technik bzw. dieses Verfahren wird auch „Trichromie“ genannt und existiert bereits seit über 150 Jahren. Erdacht, bzw. in der Praxis bewiesen wurde das Verfahren vom schottischen Physiker Clerk James Maxwell. Klugscheißen mit retrololo! 😛

Klingt abgefahren, das sollten wir definitiv mal ausprobieren! Letztendlich benötigen wir dafür lediglich drei Farbfilter in den Farben Rot, Grün und Blau. Hierfür habe ich drei transparente Farbfolien bestellt, solche Dinger kennen wir ja bereits aus Artikel 177.

Fun Fact: Es war gar nicht so einfach passende Folien für eine gute RGB-Mischung herauszusuchen. Letztendlich habe ich mich nach einiger Recherche für die Folien mit den LEE-Nummern 106 (primary red), 119 (dark blue) und 139 (primary green) entschieden.

Die Frage ist nur, wie man jetzt die sich permanent einrollenden Folien gut (und vor allem ruhig) vor die Kamera halten soll? Vielleicht liegt es daran, dass ich schon viel zu zittrige Hände habe, aber so wird das auf jeden Fall nichts! 🙁

Beim Halten der labberigen Folien ist mir dann irgendwie plötzlich das Thema „Dias“ in den Kopf geschossen und hat mich auf eine Idee gebracht. Ich habe doch noch ein paar Diarahmen, welche aus Artikel 70 übriggeblieben sind! 🙂

Darin könnte man doch ideal kleine Stücke der Farbfolie einrahmen und so einen etwas handlicheren Farbfilter bekommen. Klingt nach einem Plan! 🙂

Fun Fact: Beim Einlegen hat mir dann tatsächlich das Dia-Einfassgerät (siehe Artikel 68) geholfen. Ironischerweise war ich schon so oft kurz davor, das kleine Stück Plastik in den Müll zu werfen. Wer hätte gedacht, dass ich das echt nochmal brauchen würde?! 😀

Schaut fast so aus als würden wir versuchen uns eine einfache 3D-Brille zu bauen! 😀

Nachdem wir nun die drei stabilen Farbfilter haben, wird es Zeit, ein geeignetes Motiv zu wählen. Um ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen, habe ich Ausschau nach einem recht kontrastreichen Objekt gehalten. Was würde sich besser eignen, als ein paar bunte Billardkugeln auf dem blauen Tuch des Billardtisches? 😉

Nun geht es ans Eingemachte, denn jetzt müssen wir mit vorgehaltenem Filter drei möglichst gleiche Aufnahmen schießen.

Fun Fact: Als Referenz habe ich auch ein „normales“ Schwarzweißbild ohne Filter aufgenommen.

Dabei kommt es darauf an, die Kamera möglichst keinen Millimeter zu bewegen und so das Bild zu verschieben – gar nicht mal so einfach! Vielleicht wäre das mit einem geeigneten Stativ oder Ständer für den Game Boy einfacher, aber da ich so ein Ding nicht habe musste ich etwas improvisieren! 😉

Gott sei Dank ist das geschafft. Die aufgenommenen Bilder müssen jetzt natürlich wieder (mit Hilfe des Cart Readers (siehe Artikel 209) auf den Computer transferiert…

…und aus der Spielstandsdatei mit Hilfe des Tools „GBCameraDump“ exportiert werden.

Hier habe ich die Bilder mal etwas vergrößert und gekennzeichnet, welches Bild wie, bzw. mit welchem Farbfilter aufgenommen wurde. Schon schwer vorstellbar, dass aus diesen Aufnahmen am Ende ein Farbfoto herauspurzeln soll, oder?

Die drei mit Filter geknipsten Bilder müssen anschließend in einer halbwegs soliden Bildbearbeitungssoftware eingelesen werden. Der Klassiker ist „Photoshop“ von Adobe, aber ich habe mich für das kostenlose Programm „GIMP“ entschieden.

Fun Fact: Seht es mir nach, aber ich sehe es nicht ein 285€ pro Jahr für ein professionelles Bildbearbeitungsprogramm zu zahlen. Selbst in der im Funktionsumfang abgespeckten „Elements“-Version sind es immer noch einmalig 50€ – nein danke! 🙂

Damit der Trick mit der additiven Farbmischung klappt, muss zuerst jedes der Bilder auf „Graustufen“ umgestellt werden. Das geht über den Menüpunkt „Image => Mode => Greyscale“:

Jetzt kommt die eigentliche Magie, denn über den Menüpunkt „Color => Components => Compose“ lassen sich die drei Bilder zu einem kombinieren.

Dabei muss man aufpassen, dass man für den jeweiligen Wert (rot, grün oder blau) auch das richtige Bild ausgewählt ist:

Und siehe da – prompt wird ein farbiges Bild erzeugt – abgefahren! 😀

Um ehrlich zu sein, bin ich von dem Ergebnis absolut begeistert. Wer hätte gedacht, dass das tatsächlich funktioniert? Sogar Lichtspiegelungen und Schatten sind erkennbar! Hier noch mal der Schnappschuss in etwas vergrößerter Form:

Natürlich habe ich noch etwas weiter experimentiert und versucht ein paar weitere Aufnahmen zu erstellen. Dabei ist mir aufgefallen, wie wichtig das Thema „Beleuchtung“ ist. Je mehr Licht man auf das Objekt bekommt umso besser. Ebenso ist die Auswahl eines geeigneten Motivs absolut entscheidend. Je farbenfroher ein Objekt ist, desto besser. Das schwierigste ist aber meiner Meinung nach die Kamera absolut still zu halten, bzw. während des Auslösevorgangs nicht zu verrutschen. Hier ein paar weitere, leider nicht ganz so toll geglückte Versuche:

Tja, was soll man machen? Das Bild mit den Billardkugeln ist schon das beste geworden. Ich denke das liegt am kontrastreichen Motiv, oder ich hatte einfach beim ersten Versuch „Anfängerglück“? 😀

Alles in allem bin ich echt überrascht mit welchen einfachen Mitteln man der Game Boy Camera doch ein paar farbige Bilder entlocken kann. Klar – aus heutiger Sicht ist die Qualität lachhaft, aber ich finde das macht den Retro-Charme von Schnappschüssen, welche mit der Game Boy Camera erstellt wurden, erst aus! 😉

Abschließend hier noch ein Bild der Lego-Diskette aus Artikel 136 – einmal normal in Schwarzweiß aufgenommen und einmal mit Hilfe der drei Farbfilter in Farbe. Ich könnte mir kein besseres „Retro-Motiv“ als Abschluss für diese kleine Beitragsserie über eine „Retro-Kamera“ vorstellen! 🙂

In diesem Sinne, bis die Tage, ciao!

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