Vor ein paar Tagen hat mich ein Arbeitskollege – welcher natürlich auch immer fleißig den retrololo-Blog liest – gefragt, ob mir nicht irgendwann mal die Ideen oder Themen für weitere Blogbeiträge ausgehen. Hm, gute Frage!
Tatsächlich habe ich mir darüber noch nie wirklich Gedanken gemacht, aber wenn ich mir die aktuelle To-do-Liste an geplanten Projekten so ansehe, dann bezweifle ich, dass mir jemals langweilig werden wird. Es gibt einfach noch so unglaublich viele interessante Themen, mit denen man sich beschäftigen könnte. Und nicht nur das – häufig stolpert man auch durch reinen Zufall über neue Projekte. Beispiel gefällig?
Diesen Haufen „Elektroschrott“ konnte ich vor dem Wertstoffhof retten. Ich schwör es euch – das war überhaupt nicht geplant, aber so ist es eben manchmal. Die Vermieterin eines Kumpels ist am Kellerausräumen und ihr kennt mich: Wenn da solche Retro-Schätze aus längst vergangenen Tagen ans Tageslicht kommen – wie könnte ich da widerstehen?! 😉
Na, bevor wir entscheiden ob wirklich etwas davon im Schrott landet, sollten wir die Hardware erst mal sichten. Beginnen möchte ich mit dem aus meiner Sicht interessantesten Stück. Könnt ihr euch noch an die Zeit erinnern, in der Computer noch flach und Bildschirme nicht größer als 12“ waren? 😀
Wow – das nenne ich mal einen alten Rechner! Ich selbst kann mich nicht erinnern, jemals mit so einer Mühle gearbeitet zu haben. Wenn das nicht eine gute Gelegenheit ist das nachzuholen! 😉
Fun Fact: Bereits in Artikel 137 haben wir uns ja einen alten PC angesehen. Müsste ich raten, würde ich sagen, dass dieses Modell noch ein Stück älter ist! 😀
Zugegeben – die Vorderseite des Gehäuses ist etwas vergilbt, aber ansonsten steht das Gerät zumindest optisch betrachtet da wie eine Eins! Wir haben hier ein Modell „TECH-1260“ der Firma DTK Computer. Ich vermute, dass das Gerät von ca. 1989 ist, allerdings habe ich nicht mal ein Datenblatt oder sonstige, allgemeine Informationen darüber online gefunden – schon erstaunlich! Mann, da kommen Erinnerungen hoch. Ich gebe es offen zu – der Schlüsselmechanismus, der Turbo-Knopf und die ockerfarbene Beschriftung lassen mein Nostalgiker-Herz höherschlagen! 😀
Fun Fact: Der Schlüsselmechanismus wurde für unterschiedliche Zwecke verwendet. Meist ließen sich damit sämtliche Keyboardeingaben (mit Hilfe eines geeigneten Schlüssels) sperren, manchmal wurde auch durch eine mechanische Blockade das Öffnen des Gehäuses verhindert. In einigen Fällen wurde durch das Herumdrehen des Schlüssels der Zugriff auf eine verbaute Festplatte gesperrt oder sogar das Hochfahren eines Computers gänzlich verhindert – abgefahren! 😀
Highlight für mich persönlich ist das 5,25“-Diskettenlaufwerk! Mir ist bewusst, dass solche Teile auch häufig in IBM-PC kompatiblen Systemen zum Einsatz kamen, aber ich kenne die „großen“ Diskettenlaufwerke für die wabbligeren Disketten bisher nur vom Commodore 64! Die beiden 3,5“-Einschübe sind dagegen leer. Sieht so aus als wäre jemand kein Fan von „kleinen“ Disketten gewesen. Vielleicht waren aber auch nur die Laufwerke damals zu teuer! 😉
Fun Fact: Das schwarze Ding unter dem Diskettenlaufwerk ist übrigens die Festplatte! 🙂
Während sich an den Seiten des Geräts nicht Spannendes finden lässt, gibt es auf der Rückseite ein paar wahre Relikte zu entdecken. Mann, das nenne ich mal alte Schnittstellen!
Die Maus wird seriell (über einen fünfundzwanzig- oder neunpoligen D-Sub-Stecker nach RS-232) angeschlossen. Für die Tastatur steht sogar nur ein alter, fünfpoliger DIN 41524-Anschluss am Mainboard zur Verfügung. Dazu gesellt sich noch ein Parallelport, welcher vermutlich mal zum Anschluss eines Druckers verwendet wurde. Ebenso scheint es noch genügend freie Slots für weitere Einsteckkarten (Modem, Soundblaster, Gameport, etc.) zu geben. Zu guter Letzt findet sich hier auch der Anschalter – nicht gerade ergonomisch, dass der auf der Rückseite sitzt! xD
Fun Fact: Das Netzteil hat sogar noch eine Buchse um Strom z.B. für einen Monitor abzugreifen – sehr praktisch! Keine Ahnung, wieso die Hersteller heutzutage auf so etwas verzichten? 🙁
Viel mehr gibt es über den Rechner auf den ersten Blick nicht zu sagen. Nicht weniger interessant finde ich den putzigen 12 Zoll Monitor. Ist er nicht süß? 🙂
Das Teil besitzt einen Schwenkmechanismus sowie zahlreiche interessante Regler auf der Rückseite, die förmlich dazu einladen daran herumzudrehen! 😉
Immerhin haben wir beim Monitor sogar ein Typenschild: Es ist also ein Modell „Samtron SM-430“, welches nur eine Darstellung im MDA-Modus (Monochrome Display Adapter) unterstützt. Wenn ich mich nicht irre, müsste das für uns bedeuten, dass der Bildschirm nur reine monochrome Textausgabe (je nach Modell entweder in Grün auf Schwarz, Weiß auf Schwarz oder Bernstein auf Schwarz) mit 25 Zeilen mal 80 Zeichen unterstützt! 😀
Und, wie schließen wir das Ding jetzt an? Wir haben Glück – im gleichen Kellerraum habe ich noch eine alte DIN-Tastatur finden können. Was für ein geiles Teil! 🙂
Da ich leider keine serielle Maus besitze, muss es eine PS/2-Maus mit entsprechendem seriellen Adapter tun. Wobei ich nach einem Blick auf die technischen Daten des Monitors und des Rechners eher skeptisch bin, ob wir überhaupt eine Maus brauchen werden! 😀
Zum Anschluss des Netzteils habe ich ein Kaltgerätekabel gefunden. Und was soll ich sagen – tatsächlich befand sich auch noch ein Warmgerätekabel (zur Weiterleitung des Stromsignals vom PC-Netzteil an den Monitor) in meiner „Kabel-Schrottkiste“! 🙂
Sieht schon richtig „retro“ aus das Setup! Um ehrlich zu sein, habe ich fast Angst das Ding an den Strom anzuschließen, aber no risk, no fun! 😀
Ich fass es nicht – tatsächlich geht die Kiste an. Wenn ich die Augen schließe hört es sich fast so an, als wäre ich am Flughafen und ein Airbus A380 würde gerade zum Start abheben! 😀 Zudem kommen leicht schleifende Geräusche aus dem PC. Sollte mich das beunruhigen?
Zumindest scheint das Gerät halbwegs ordnungsgemäß zu starten, denn wir bekommen ein Bild angezeigt. Aha, wir haben also das bernsteinfarbene Bildschirmmodell – sexy! 🙂
Leider stehen auf dem Bildschirm gleich mal ein paar Fehlermeldungen. Neben einem FDC error scheint auch etwas mit der Grafikkarte nicht zu stimmen.
Na, dann wollen wir doch mal der netten Aufforderung folgen und uns in das Setup-Menü (durch Drücken der F1-Taste) begeben. Hier lassen sich zahlreiche Tests zur Diagnose von Fehlern durchführen. Eine gute Gelegenheit für uns, das System etwas genauer kennenzulernen! 🙂
Während es beim Testen des Hauptspeichers keine Probleme gibt, wird dagegen bei der Komponente „146818“ (ist so schnell vorbeigeflogen, habe ich leider nicht fotografieren können) auf dem Mainboard ein Fehler entdeckt. Bei meiner Recherche hat sich herausgestellt, dass das der Uhrenschaltkreis ist. Der Fehler könnte also im Idealfall nur an einer leeren CMOS-Batterie (häufig auch gerne „Bios-Batterie“ genannt) liegen. So ein Ding wird zum Erhalt der Systemeinstellungen im BIOS (Hardwarekonfiguration, Systemzeit, etc.) benötigt.
Not so fun Fact: Ebenso wurden weitere Fehler bei dem Diskettenlaufwerk, der Festplatte, dem Coprozessor, dem Drucker sowie den seriellen Schnittstellen gefunden. Ich bin mal so optimistisch und hoffe, dass diese daher kommen, dass die entsprechenden Geräte gar nicht angeschlossen, konfiguriert oder vorhanden sind? Wer weiß…
Bevor wir uns weiter mit der Software beschäftigen, sollten wir den Computer mal öffnen und nach dem Rechten sehen. Dafür muss lediglich eine Schraube auf der Rückseite gelöst werden:
Anschließend kann das Gehäuse nach vorne abgenommen werden und die Innereien des Geräts kommen in ihrer vollen Pracht zum Vorschein. Es geht einfach nichts über alte Hardware! 😉
Mal sehen, was haben wir hier denn alles feines. In jedem Fall einen Haufen Kabelsalat! 😀 Auf den ersten Blick könnte man meinen, es handelt sich ausschließlich um IDE-Kabel. Das ist aber nicht ganz korrekt, denn während das Diskettenlaufwerk über ein normales 34-Pin „Floppy-Kabel“ nach ATA-Standard angeschlossen ist, ist die Festplatte nach dem noch älteren ST506-Standard angeschlossen.
Neben dem gefühlt riesigen Diskettenlaufwerk sowie der darunterliegenden (ebenfalls gigantisch wirkenden) Festplatte beherbergt das Mainboard vom Typ „PTM-1260B“ einen Intel 80286 Prozessor (286) mit 12,5 MHz sowie ein ganzes Megabyte an Arbeitsspeicher. Ihr habt richtig gelesen – 1MB! 😀
Fun Fact: Der Arbeitsspeicher befindet sich nicht auf einem steckbaren Speichermodul (wie z.B. DRAM, SDRAM oder DDR), sondern ist in Form mehrerer einzelner RAM-Chips, welche sich in kleinen Sockeln befinden, direkt auf der Platine bestückt!
Auf der Oberseite des Mainboards finden sich zwei ROM-Chips, auf denen sich das BIOS (also letztendlich die Firmware) des Systems befindet. Direkt daneben ist ein Steckplatz für eine „Gleitkommaeinheit“. Diese wird auch häufig NPU (Numeric Processor Unit) oder FPU (Floating Point Unit) genannt. Hier könnte ein spezieller Chip (vom Typ 80287) verbaut werden, welcher den Rechner bei mathematischen Berechnungen – sofern die darauf laufende Software das unterstützt – behilflich sein kann. Solche 80287-Erweiterungschips gab es von verschiedenen Herstellern in zahlreichen Varianten (mit jeweils unterschiedliche Taktfrequenzen).
Fun Fact: Genau das Ding was hier fehlt ist der Coprozessor, welcher beim Hardwaretest nicht gefunden wurde! 😉
Betrachten wir die Erweiterungsmöglichkeiten des PCs, sieht es so aus, als steht auf dem Mainboard prinzipiell nur ein ISA-Slot für Einsteckkarten zur Verfügung. Allerdings wurde dieser mit einer „Adapterkarte“ so umgebaut, dass wohl mehrere Einsteckkarten seitlich gelagert in das Gerät eingebaut werden können – was für eine interessante Architektur!
Unterhalb der beiden 3,5“ Blenden (also auf der Vorderseite) befindet sich der PC Speaker. Erinnert sich noch jemand an die – zugegeben sehr piepsigen, aber dennoch ikonischen – Sounds, die der kleine Lautsprecher produziert? Sei es nun ein schriller Piepton zur Signalisierung eine BIOS-Fehlers oder die (unter Berücksichtigung der Hardwarelimitierungen) toll klingenden Musikstücke, welche Sounddesigner und Videospielentwickler dem kleinen Lautsprecher entlocken konnten.
Apropos BIOS – wollten wir nicht den Computer eigentlich öffnen, um nach der BIOS-Batterie zu sehen? Es ist echt unfassbar, wie leicht man sich manchmal ablenken lässt. Schnell zurück zum Thema: Während zum Erhalt der BIOS-Settings heutzutage (überwiegend gesockelte) Knopfzellen in PCs, Laptops und Tablets zum Einsatz kommen, befindet sich in unserem Gerät noch ein alter 3,6V Varta-Nickel-Cadmium-Akku (3/V60R) samt eigener Ladeschaltung.
Mal sehen, ein kurzer Messvorgang mit dem Multimeter bestätigt, dass der Akku platt ist. Doch was sehe ich da? Scheint so als wäre einiges an Batteriesäure auf die naheliegenden Bauteile ausgelaufen, welche ein paar der Kontaktpunkte bereits angegriffen hat. Puh, das sieht nicht gut aus…
Seht es mir nach, dass ich an dieser Stelle eine Pause mache. Der Beitrag ist schon wieder recht lang und wenn ich ehrlich bin habe ich jetzt gerade überhaupt keine Lust, mich darum zu kümmern! 😛
In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!