#283 – retro PC madness – adb 8088 – II

Beim letzten Mal haben wir den mysteriösen adb-Computer ja zumindest soweit gebracht, dass er ein Lebenszeichen von sich gibt.

Leider fährt das System nicht hoch und bleibt mit einem kryptischen „Startfehler“ hängen. Meine Vermutung ist, dass der Rechner vielleicht durch die leere Knopfzelle ins Schleudern kommt. So einen Fehler hatten wir ja schon öfter. Es kann auf jeden Fall nicht schaden, das Ding zu tauschen. Wie wir in Artikel 282 gelernt haben, sitzt die Knopfzelle auf der „Multi-I/O“-Einsteckkarte.

Es war gar nicht so einfach, einen Ersatz für das Teil zu finden. Die Batterie vom Typ „CR2325“ ist wohl ein eher ungewöhnliches Format. Ich schwöre es euch – es ist völlig egal wie viele Knopfzellen-Sortiments-Packungen man kauft – die eine, die man benötigt, ist nie dabei! 😀

Mit frischer Knopfzelle fährt der Computer dann aber tatsächlich hoch:

Bevor wir den Rechner erkunden gehen, sollten wir als erstes im BIOS nachsehen, ob irgendwelche Einstellungen verlorengegangen sind. Hm, wie kommt man eigentlich bei dem System ins BIOS? Ich habe so ziemlich jede Tastenkombination ausprobiert, nur um festzustellen, dass der Computer gar kein BIOS-Menü hat. Kein Witz! 😀

Fun Fact: Somit ist auch klar, warum sich auf dem Mainboard keine CMOS-Batterie gefunden hat. Bei der Knopfzelle, welche auf der Multi-IO-Karte steckt, handelt es sich dementsprechend auch nicht um eine „CMOS-Batterie“, sondern lediglich um eine Energiequelle zum Erhalt der Uhrzeit des Rechners.

Die Frage ist – wie zur Hölle werden dann BIOS-Einstellungen eingegeben und gespeichert? Die Antwort ist einfacher, als man denkt: Gar nicht! xD Im Umkehrschluss bedeutet das, dass sämtliche Konfigurationen über Jumper auf dem Mainboard bzw. den Einsteckkarten gemacht werden. So beinhaltet z.B. der MFM-Festplattencontroller (NDC 5427-01) zur Ansteuerung der alten Seagate-Festplatte einen eigenen BIOS-Chip (Bios Expansion Rom) – mega abgefahren! 😀

Stopp – anstatt wieder in die Untiefen der Hardware abzudriften, beschäftigen wir uns lieber mit der Software des PCs. Sieht so aus, als ist auf der Kiste eine deutsche Version von MS-DOS 3.30 installiert:

Fun Fact: DOS 3.30 ist die erste Version, welche das Partitionieren von Festplatten sowie das Erstellen von BATCH-Dateien unterstützt. In älteren Versionen war das alles nicht möglich! 🙂

Auf der Festplatte sind von den ca. 20MB nur noch sage und schreibe 170 Kilobyte frei! Ich befürchte hier müssen wir erst mal großzügig ausmisten, bevor wir versuchen, irgendwas mit dem PC zu tun.

Beim Eingeben des „dir“-Befehls ist mir aufgefallen, wie langsam der Bildschirm die Bilder aufbaut und wie lange die einzelnen Zeilen und Buchstaben nachleuchten. Dieser auch „Ghosting“ genannte Effekt entsteht durch lange Nachtleuchtzeiten und tritt gerade bei Schwarzweißbildschirmen häufig auf. Ich weiß – für euch Generation-Z-Kiddis bedeutet „Ghosting“ was ganz Anderes! 😛

Fun Fact: Welche Farbe der Monitor ausgibt, hängt letztendlich vom verwendeten Phosphor ab. Monochrome Monitore waren üblicherweise in drei Farben erhältlich: Wird ein P1-Leuchtstoff verwendet, ist der Bildschirm grün monochrom. Wenn der P3-Leuchtstoff verwendet wird, ist der Bildschirm bernsteinfarben monochrom und wenn der P4-Leuchtstoff verwendet wird, ist der Bildschirm weiß monochrom. Unser Monitor gehört zu letzterer Gattung! 🙂

Da ich bisher überwiegend mit MS-DOS 5 gearbeitet habe, wirkt Version 3.30 für mich schon echt antik. Man merkt definitiv, dass zwischen den beiden Betriebssystemversionen vier Jahre Entwicklungszeit (Version 3.3 von 1987, Version 5 von 1991) liegen. So kommt z.B. unter DOS 3.30 – anstatt des später ab MS-DOS 5 verwendeten Zeileneditors „EDIT“ – der antiquarisch wirkende „EDLIN“ zum Einsatz. Die vielen Tastenkürzel erinnern mich fast an den (aus meiner Sicht extrem kryptischen) „vi“-Editor, welchen man von Unix-basierten Betriebssystemen kennt.

Fun Fact: Na das nenne ich mal eine übersichtliche AUTOEXEC.BAT-Datei. Außer dem Laden des deutschen Tastaturtreibers und der Anzeige der aktuellen Uhrzeit passiert hier nicht viel! 🙂

Um anständig mit dem PC arbeiten zu können, brauchen wir erst mal ein paar Tools sowie eine Startdiskette, falls wir durch zu viel Herumfummeln irgendwas kaputtmachen. Dazu benötigen wir recht alte 3,5“-DD-Disketten, mit welchen das verbaute TEAC FD-235HF Laufwerk umgehen kann. Zur Erinnerung: Im Vergleich zu den „normalen“ HD-Disks (1,44MB) haben DD-Floppys nur eine Kapazität von 720 kB. Erkennen kann man die DD-Disks an der fehlenden Öffnung rechts unten an der Diskette.

Not so fun Fact: Ich bin echt froh, dass ich noch ein paar dieser Mistviecher habe, denn DD-Disketten (doppelseitig mit 720 kB) sind mittlerweile leider recht selten und entsprechend teuer geworden. Von einseitigen DD-Disketten, welche auf 360 kB formatiert werden, will ich gar nicht erst anfangen! 🙁

Mit dem Befehl „format a: /s“ ist schnell eine Startdiskette erstellt. Was auffällt ist, dass anstatt der zu erwartenden 720 kB nur 360 kB zur Verfügung stehen. Woran liegt das?

Not so fun Fact: Was soll ich sagen, Leute? Bei so extrem alten PCs ist einfach alles kompliziert! 😀 Kein Witz – selbst das Einstellen der Uhrzeit kann zu einer richtigen Herausforderung werden, wenn man nicht die entsprechende Software zur Hand hat!

Tatsächlich wird unser schönes 3,5“-DD-Laufwerk vom Rechner unter dem Laufwerksbuchstaben A: standardmäßig nur als „double density single sided“-Laufwerk erkannt. Normalerweise wird der korrekte Laufwerkstyp (double density double sided) im BIOS eingestellt. Da wir aber kein BIOS-Konfigurationsmenü haben, in dem sich der Typ des Laufwerks bequem setzen lässt, müssen wir MS-DOS in der „CONFIG.SYS“ das Laufwerk mit entsprechenden Parametern bekannt machen:

Das hat zur Folge, dass der Rechner unter dem Laufwerksbuchstaben „A:“ das 3,5“-Laufwerk als „single sided“ erkennt und Disketten mit 360 kB formatiert, unter dem Laufwerksbuchstaben „D:“ allerdings als „double sided“ anspricht und somit mit 720 kB formatieren kann. Crazy shit! 😀

Gleiches gilt für das 5,25“-DD-Laufwerk. Unter dem Laufwerksbuchstaben „B:“ werden die größeren, wabbeligen Disketten mit 360 kB formatiert und unter dem Buchstaben „E:“ lassen sich die Disks nur auf 320 kB formatieren. Und das wird alles nur anhand der Parameter in der CONFIG.SYS gesteuert.

Puh, das muss man wissen! 😀 Wie sind wir jetzt nochmal schnell auf das Thema gekommen? Richtig – wir wollten uns eine Startdiskette erstellen! Mit dem erlangten Wissen (und dem Befehl „format d: /s“) können wir uns jetzt also eine 720 kB große DOS-Startdiskette erstellen:

Not so fun Fact: Leider wird durch den Befehl nur eine Art „Mini-Startsystem“ (ohne zusätzliche Tools) erstellt. Davon lässt sich ein Rechner zwar starten, aber viel anfangen kann man damit dann nicht.

Auf dieser ist nun noch genügend Platz vorhanden, um ein paar nützliche Programme (wie z.B. „FDISK“, „FORMAT“ oder „EDLIN“) aus dem DOS-Systemverzeichnis der Festplatte drauf zu kopieren. So hat man im Notfall gleich ein paar passende Werkzeuge zur Hand! 🙂

Unabhängig davon sollten wir uns noch eine zweite Disk mit ein paar Werkzeugen (z.B. zur Analyse des Systems) anlegen. Gut, dass wir die Programme noch auf dem DTK-Computer aus Artikel 233 rumliegen haben. Damit ist eine kleine „Tool-Diskette“ schnell erstellt:

Mit einem der Programme („CPUTEST“) können wir gleich mal die Prozessorleistung des adb-Computers überprüfen. Standardmäßig läuft das System mit schwachbrüstigen 4,77 MHz, um kompatibel mit älteren IBM-PC-Programmen zu sein. Mit gedrücktem Turbo-Knopf wird der Prozessortakt auf 10 MHz erhöht. Das nenne ich mal einen fetten Boost! 🙂

Beim durchstöbern der Festplatte ist mir aufgefallen, dass scheinbar sogar eine frühe Windows-Version auf dem Rechner installiert ist! Über den Befehl „win“ lässt sich aus DOS heraus tatsächlich eine grafische Oberfläche namens „Windows 3.0“ aus dem Jahre 1990 starten! 🙂

So richtig viel gibt es nicht zu entdecken, aber die wichtigsten Werkzeuge scheinen mit an Bord zu sein. Seht es mir nach, dass ich diesmal auf keine größere „Windows-Erkundungstour“ gehe. Das alles haben wir in vergangenen Beiträgen bei anderen PCs mit Windows 3.1 ja schon häufiger gesehen! 😉

Fun Fact: Schon verblüffend, dass Windows selbst mit einem monochromen Bildschirm läuft, findet ihr nicht? Eigentlich hätte ich das seit Artikel 257, spätestens 258 wissen müssen. „Damals“ haben wir den Speicherbereich für monochrome Bildschirme ja dem EMM zur Erweiterung des EMS-Speichers zur Verfügung gestellt – mit dem Ergebnis, dass Windows nicht mehr hochgefahren ist. Erinnert ihr euch noch? Ich schon – das war ein prägendes Erlebnis! xD

Eine Runde Solitär muss aber trotzdem drin sein. Puh – eigentlich ist Solitär ja kein komplexes Spiel, aber es spielt sich gar nicht mal so leicht, wenn man keine Farben sieht! 😛

Auch „Paintbrush“, der Großvater von Microsoft Paint“, lässt sich zwar einigermaßen bedienen, aber es ist echt schwer abzuschätzen, welcher Grauton für welche Farbe stehen soll! 😀

Genug von Windows und schnell wieder zurück zu DOS, denn auch hier gibt es einiges zu entdecken. Wie gefällt euch z.B. die Textverarbeitungssoftware Microsoft Word in der Version 5 von 1989? 😀 Es waren sogar noch ein paar alte Dokumente auf der Platte, hier nur ein paar harmlose Auszüge. Habt ihr Lust mit auf das Treffen der „Kärwaboum“ am 22. April 1996 mitzukommen? Alternativ treffen wir uns einfach zwei Jahre später direkt auf der Kirchweih! 😛

Fun Fact: Es ist schon interessant, in welchem zeitlichen Rahmen die Dokumente auf dem Rechner entstanden sind. Von 1989 bis in das Jahr 2000 (!) ist alles dabei. Der Vorbesitzer hat das Teil wohl in regelmäßigen Abständen zum Verfassen von Texten genutzt. Heutzutage ist es für die meisten Leute vermutlich unvorstellbar, ein technisches Gerät länger als 10 Jahre zu verwenden! 😉

Alternativ hätte ich mit „dBASE IV“ auch ein Datenbank-Managementsystem im Angebot. Mit diesem Software-Dino lassen sich einfache Datenbanken anlegen und verwalten. Die Syntax zur Bedienung des Programms ist proprietär, aber ab Version 4 wird auch SQL als Abfragesprache unterstützt! Außer einer Adressliste gibt es allerdings nicht viel zu entdecken. Um ehrlich zu sein, möchte ich mir solche Dinge aus Respekt gegenüber dem Datenschutz auch gar nicht weiter ansehen.

Mit „GEDIT“ können wir sogar einfache Schwarz-Weiß-Grafiken anfertigen – und das unter DOS! Ich gebe es allerdings offen zu – es gibt deutlich komfortablere Möglichkeiten, als mit der Tastatur zu zeichnen! 😀

Fun Fact: Theoretisch könnte man mit dem Tool wohl auch eine Maus verwenden, allerdings habe ich auf dem gesamten System – zumindest unter DOS – keinen Maustreiber gefunden!

Habt ihr Probleme mit Computerviren? Kein Problem, denn mit „McAfee VirusScan“ steht uns sogar eine Uralt-Version des populären Antivirenprogramms zur Verfügung. Im Beschreibungstext steht „This version may be out of date“ – was du nicht sagst! 😛

Ist es nicht verrückt, dass es bereits ab Ende der Achtziger eine Vielzahl an Computerviren (auch für MS-DOS) gab? Die ersten Antivirenprogramme wurden dann ab ca. 1988 entwickelt. Unsere Version von VirusScan ist allerdings erst von 1992 und somit „nur“ etwas über 30 Jahre veraltet! xD

Auch der „Norton Commander“ – ein sehr populärer Dateimanager wurde bereits auf dem Computer installiert. Ich selbst habe tatsächlich eher selten solche Dateimanager verwendet, kann aber durchaus verstehen, warum sie so beliebt sind. In Zeiten, in denen grafische Oberflächen und der „Windows Explorer“ noch ein Fremdwort waren, war der Norton Commander ein Segen! 🙂

Zu guter Letzt findet sich mit „LHA“ sogar ein plattformübergreifendes Packprogramm auf der Festplatte des adb-Rechners. Es wäre verlockend, damit herum zu experimentieren, man muss aber wissen, wann genug ist. Ich will gar nicht dran denken, wie lange es dauern würde, damit ein oder zwei Megabyte zu zippen! 😀

Nanu? Ist der heutige Beitrag schon wieder zu Ende? Sieht fast so aus! 🙁 Und dabei gäbe es noch so viel auf der Kiste zu entdecken. Aber keine Angst – beim nächsten Mal werde ich euch nicht mit alter Hard- und Software langweilen. Stattdessen schauen wir uns ab, ob wir auf der lahmen Mühle tatsächlich ein paar Spiele zum Fliegen bekommen! 🙂

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!

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