#281 – Gunforce Famiclone feat. FC to NES Adapter

It’s a Bird…It’s a Plane…It’s… an old piece of crap! 😛

Auweia, was zum Geier soll das denn sein? „Gunforce“ steht drauf und die extrem runtergerockte Verpackung sieht irgendwie nach „80er-Jahre-Actionfigur“ aus. Mal sehen…

Das Design dieses „Dings“ erinnert rein optisch betrachtet an einen N64-Controller, schaut man aber etwas genauer hin, erkennt man recht schnell, dass es sich um einen sog. „Famiclone“, also um einen unlizenzierten Nachbau des Famicoms (die japanische Variante des Nintendo Entertainment Systems) von einem Dritthersteller handelt.

Fun Fact: In Artikel 8 (lang ist’s her) haben wir uns bereits mal mit so einem Teil beschäftigt. Erinnert sich noch jemand daran? „Damals“ haben wir so einen Famiclone in einen Toaster eingebaut! 😀

Die Verpackung ist trotzdem sehr mysteriös. Man könnte meinen, der Hersteller hat so ziemlich alle „Technik-Buzzwords“ auf die Pappschachtel gedruckt, um mögliche Käufer zu triggern. „Laser Gun“, „3-D Joystick“, „Double Shock“, „Vibration“ oder „Battery Operated“ sind nur ein paar Beispiele. Besonders lustig finde ich den Aufdruck „Virtual Reality“ – ist klar, Alter! xD

Fun Fact: Ein Hersteller des Geräts lässt sich natürlich nirgendwo finden. Stattdessen wurde der Platz auf der Verpackung genutzt, um mehrfach die Worte „The Best Accessory“ aufzudrucken! 😛

Jetzt packen wir das Teil doch lieber erst mal aus, bevor ich schon wieder mit spöttischen Kommentaren um mich schmeiße. Zumindest das Innenleben der Verpackung macht einen guten Eindruck…

…wenn auch mir noch nicht ganz klar ist, wie das Zeug angeschlossen werden soll?

Die Anleitung versucht einen Sinn daraus zu machen, aber deren Betitelung als „A Book of Directions“ lässt mich schon wieder ausfällig werden. Ein Buch? Wohl eher one fucking page! 😀

Aha, der silberne Controller ist quasi Spielkonsole und Controller in einem. Woher ich das weiß? Nun, am Unterteil des mittleren Griffs kommt ein AV-Kabel raus! 🙂

Unabhängig davon, hat der Controllerhybrid auch ein paar weitere, eher ungewöhnliche Merkmale. So befindet sich z.B. direkt unter dem AV-Kabel ein Controllerport zum Anschluss des zweiten (schwarzen) Controllers. Ebenso gibt es auf der Rückseite ein Batteriefach, zum Betrieb der Konsole mit vier AAA-Batterien. Direkt darunter wurde dann noch ein Modulslot verbaut. Da dieser nur 60 Pins (anstatt der bei NES-Konsolen üblichen 72 Pins) besitzt, vermute ich, dass sich daran lediglich japanische Famicom-Spiele (NTSC-J) einstecken lassen. Auf der Oberseite ist – neben dem An- und Ausschalter – ein Lichtsensor verbaut, durch welchen der Controller als „Zapper“ (Nintendos Version einer Lightgun für das NES) verwendet werden kann.

Der Controller für Spieler 2 ist mindestens genauso skurril. Dieser besitzt ganz „NES-untypisch“ einen neunpoligen D-Sub-Stecker (wobei ich glaube, dass nur fünf Leitungen davon verwendet werden), welchen man eher von Sega- oder Atari-Controllern kennt. Ebenso hat das Teil viel zu viele Tasten. Wer den Aufbau eines NES-Controllers im Kopf hat, weiß, dass es neben dem Steuerkreuz nur vier Buttons (A, B, Select und Start) gibt. Dieser Controller hat sogar Schultertasten – wozu das alles?!

Fun Fact: Gut, was beschwere ich mich eigentlich? Schließlich habe ich das Teil nicht gekauft, sondern vor einigen Jahren mal kostenlos zu einem Tausch in einem Videospielforum dazubekommen. Merkwürdig, dass das Ding keiner haben wollte? 😛

Ist ja auch egal, ich denke, wir sollten das Gerät jetzt erst mal anschließen und schauen, ob und wenn ja wie es funktioniert. Eine Frage konnte ich bisher allerdings nicht klären: Wo zur Hölle wird eigentlich das 9-Volt-Netzteil angeschlossen? Die Anleitung verrät uns, dass scheinbar ein Teil des AV-Kabels zur Stromversorgung der Konsole verwendet wird. Ernsthaft – wärt ihr da drauf gekommen? 😀

Not so fun Fact: Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass die Soundausgabe nur auf einem Kanal, also „Mono“ erfolgen kann. Nicht gerade fancy! xD

Um bessere Screenshots machen zu können, habe ich das Teil über den USB Video Grabber, welchen wir schon aus diversen Artikeln kennen, an einen PC angeschlossen. Hm, zumindest bekommen wir ein Bildsignal ausgegeben. Es sieht so aus, als wären schon ein paar Spiele auf der Konsole vorinstalliert:

Fun Fact: Musikalisch wird das merkwürdige Menü von einer 8-Bit-Version des Weihnachtsklassiker „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ begleitet. Puh, wie kommt man auf so was?! 😀

Jetzt wollen wir mal schauen, ob sich die Spiele auch wirklich spielen lassen. Moment mal, hatte ich nicht die Nummer 1, also „Ninja Turtles“ ausgewählt? Was das jetzt mit Tontaubenschießen zu tun hat, kann ich euch beim besten Willen nicht sagen! 😀

Auch Titel Nummer zwei ist nicht das, was er auf den ersten Blick zu sein scheint. Von wegen Star Wars – das sieht mir doch viel mehr nach „1942“ aus, einem alten Arcade-Shooter aus dem Hause Capcom!

Zumindest ab Spiel Nummer drei scheint die Zuordnung wieder zu stimmen, denn tatsächlich sieht das für mich nach einem 100-Meter-Lauf bei den Olympischen Spielen aus! 🙂

Was beim Spielen aber sofort auffällt – die Tastenbelegung des Controllers (bzw. der Konsole?) ist sehr fragwürdig gewählt. „Select“ und „Start“ machen noch Sinn und sind analog den Funktionen eines NES-Controllers belegt. Das kann man über die Aktionsknöpfe nicht sagen. Der gelbe, untere C-Knopf ist eigentlich der „B“-Knopf, während der rechte C-Knopf mit der Taste „A“ belegt ist.

Ach ja, und der ach so toll auf der Verpackung beworbene „3-D Joystick“ in der Mitte des Controllers macht natürlich gar nichts – völlig logisch! 😀

Leider sind auch keine 500 Spiele (wie man vom irreführenden Titel „500 in 1“ annehmen könnte) vorinstalliert. Stattdessen wiederholen sich die gleichen paar Games in unterschiedlichen Variationen immer und immer wieder. Ich gehe davon aus, dass einfach eine Hand voll ROM-Dateien diverser Spiele genommen und in unterschiedlichen Variationen auf das Teil geklatscht wurden. Insgesamt müssten ca. 30 unterschiedliche Spiele auf dem System vertreten sein.

Und wie sieht es mit dem Spielen von „externen“ Modulen aus? Wie bereits erwähnt, lassen sich mit der Konsole leider keine NES-, sondern nur japanische Famicom-Spiele abspielen. Diese (deutlich kleineren) Module besitzen 60 – anstatt der beim NES üblichen 72 – Pins und wurden nur für den japanischen Markt produziert. In Europa und den USA wurden Spiele für das „NES“ nur in Form von größeren, meist grauen Modulen vertrieben.

Leider habe ich keines dieser „japanischen Module“. Allerdings ist das auch gar nicht notwendig, denn tatsächlich gibt es entsprechende Adapter, mit welchen sich NES-Spiele auf Famicom-Konsolen (und so auch auf unserem Gunforce-Famiclone-Ding) abspielen lassen. Ein Problem ist nur, dass diese mittlerweile recht selten geworden sind und wenn dann entsprechend teuer verkauft werden.

Um ehrlich zu sein, will ich mir eigentlich gar nicht extra so ein Ding kaufen, weil ich mir vermutlich nie japanische Spiele zulegen werde. Tatsächlich habe ich aber noch eine viel verrücktere Lösung gefunden, um auszuprobieren, ob auch der Modulslot des Gunforce-Konsole funktioniert. Tadaaaa!

Hm? Moment mal, das ist doch nur ein stinknormales NES-Modul?! Tja, nicht ganz… Vergleicht man das Spiel mit einem anderen NES-Spiel, fällt spätestens auf der Rückseite auf, dass es sich um ein sog. „Five-Screw-Game“ handelt, d.h. die Rückseite des Moduls ist mit fünf Schlitzkopfschrauben, anstatt der üblichen drei, in allen ab 1987 produzierten Modulen, Außentorxschrauben befestigt. Die zwei zusätzlichen Schrauben wurden bei „neueren“ Modulen durch zwei Plastiknasen ersetzt. Bei dem Modul handelt es sich also um ein recht altes Spiel, was zwischen 1985 und 1987 erschienen ist!

Fun Fact: Das Thema mit den fünf Schrauben sollte euch – sofern ihr langjährige Leser des Blogs seid – bereits aus Artikel 46 bekannt vorkommen! 😉

Warum erzähle ich das alles eigentlich? Nun, dafür müssen wir einen kurzen Ausflug in die Geschichte der Firma Nintendo machen. Wir schreiben das Jahr 1985. „Big N“, wie der japanische Videospiel- und Konsolenhersteller gerne genannt wird, möchte seine, in Japan bereits äußerst erfolgreiche Konsole (das Famicom), rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft 1985 auf den amerikanischen Markt schmeißen. Der Plan gelingt und die Konsole kommt (zusammen im Paket mit einem Spielzeugroboter vertrieben) ziemlich gut bei den Spielern über dem großen Teich an.

Doch es gibt ein Problem. Die Nachfrage nach den neuen NES-Spielen ist in den USA so groß, dass Nintendo nicht mit der Produktion von Spielen (insbesondere deren Platinen) hinterherkommt. Um dennoch das lukrative Weihnachtsgeschäft mitzunehmen, muss eine kreative Lösung her. Die Japaner entscheiden sich dazu, einfach Platinen aus den bereits erhältlichen Famicom-Modulen (NTSC-J) herzunehmen und diese mit Hilfe eines speziellen Adapters umzufunktionieren, sodass sie auch in einer amerikanischen NES-Konsole (NTSC-U) lauffähig sind. Und genau hier kommen die „Five-Screw-Games“ (und somit auch das von mir vorhin gezeigte Gyromite-Modul) ins Spiel. In einigen wenigen dieser ganz alten Spiele sind solche Adapter samt Famicom-Platinen verbaut – so auch in unserem Modul! 🙂

Fun Fact: Hier ein Vergleichsbild zwischen einem „normalen“ (deutlich gängigerem) „Three-Screw-Modul“ ohne Adapter (links) und einem „Five-Screw-Modul“ samt verbautem Adapter (rechts).

Eins kann ich euch sagen – so ein spezielles Modul zu finden, war alles andere als einfach. Nintendo hat diese „Adapter-Lösung“ nämlich nicht in allen „Five-Screw-Games“ eingebaut, sondern nur in Spielen, welche in Amerika in der absoluten Anfangszeit (1985) erschienen sind. Eben solange, bis entsprechende NES-Spiele-Platinen verfügbar waren. Es gibt nur eine ganz kleine Liste an Spielen, bei denen überhaupt die Chance besteht, dass sie nach dieser speziellen Bauart produziert wurden. Selbst gleiche Spiele (wie z.B. Gyromite) wurden im Lauf der Jahre noch häufiger als „Five-Screw“- oder „Three-Screw“-Spiel erneut veröffentlicht.

Fun Fact: Wer sich noch erinnert – damals in Artikel 46 hatten wir auch so ein altes „Five-Screw-Modul“, allerdings hat sich darin schon eine „normale“ Platine (also ohne Adapter) befunden!

Es gibt Freaks im Netz, die ganze Abhandlungen darüber schreiben, wie man erkennen kann, ob man jetzt ein „normales“ altes Modul (mit fünf Schrauben), oder ein noch älteres samt verbautem Adapter hat. Diese Module sind unter Freunden von alten NES-Spielen mittlerweile recht gesucht, weil es eine vergleichsweise einfache Möglichkeit ist, einen universellen Adapter zu erhalten, mit dem man sämtliche japanische Famicom-Spiele auf NES-Konsolen zocken kann! Aber mal ernsthaft – hättet ihr den Unterschied zwischen den beiden Versionen nur anhand eines Bildes erkannt? 😀

Fun Fact: Ich bin mega happy, dass wir so ein „spezielles“ Modul gefunden haben. Es ist schon eher selten, dass man hierzulande (in deutschen, bzw. europäischen Gefilden) überhaupt amerikanische NTSC-Module findet (meist sind es die üblichen PAL-Spiele) und die Wahrscheinlichkeit, dass eines davon einen Adapter enthält, ist extrem gering. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass ich danach recht lang auf eBay gesucht und zig Bilder (siehe z.B. hier und hier) verglichen habe! 😉

Für den Adapter hat mir der gute Max ein schickes Gehäuse mit dem 3D-Drucker gezaubert. Zusammen mit einem kleinen Stoffband (zum Herausziehen des Adapters aus einer NES-Konsole) ist das Ding fertig und wir könnten damit nun Famicom-Spiele auf einem NES spielen – echt cool!

Um sicherzugehen, dass der Adapter auch funktioniert, habe ich das „B.E.E.S“ – eine in einen Toaster eingebaute NES-Klonkonsole) aus Artikel 8 (lang ist’s her) rausgekramt. Was soll ich sagen – läuft! 🙂

Oha, ich sehe schon – wir haben es mal wieder geschafft, weit weg vom eigentlichen Thema abzudriften. Das mit dem Adapter ist ja eine schöne Sache, aber eigentlich geht es uns doch um das darauf aufgesteckte Famicom-Modul. Damit können wir nun doch noch den Modulslot der Gunforce-Konsole testen, denn dieser unterstützt ja nur japanische NTSC-J-Spiele für das Famicom. Tatsächlich wird das Spiel erkannt und startet ohne Probleme! 🙂

Fun Fact: Spätere Platinen (nachdem der Zeitdruck des Weihnachtsgeschäfts weg war), wurden nicht mit dieser „Chip-On-Board“-Technologie, sondern als sauber bestückte Leiterplatten hergestellt.

Im Spiel selbst steuern wir einen Professor namens Hector, welcher Dynamitstangen in seinem eigenen Labor einsammeln muss. Bedrängt wird er dabei von grünen, vogelähnlichen Kreaturen. Ich weiß – nicht gerade ein Final Fantasy, aber das kann man auch nicht erwarten. Schließlich war Gyromite einer der ersten Gehversuche auf dem NES. Besonders die monotone, aber trotzdem funkige Musik des ersten Levels ist mir im Gedächtnis geblieben! 🙂

Fun Fact: Das Spiel war eigentlich als Software für den mit der Konsole verkauften Spielzeugroboter „Rob the Robot“ gedacht. Über Bildschirmsignale, welche über spezielle Tastenkombination auf dem Controller ausgelöst werden, wird mit dem Roboter (bzw. den Sensoren in seinen Augen) kommuniziert. Mit Hilfe von ein paar „Kreiseln“ drückt der Roboter selbst dann Knöpfe, welche Professor Hector wiederum einige versperrte Wege öffnen. Klingt abgefahren, ist es auch.

So, ich denke, damit sollten wir die schräge japanische Konsole hinter uns lassen. Was ich letztendlich mit dem Teil anfangen möchte, weiß ich noch gar nicht. Um ehrlich zu sein, würde es mich ja schon interessieren, wie das Ding von innen aussieht, aber ich denke das sollten wir mal auf die „ewige To-Do-Liste schieben. Es gibt auch noch hundert andere Baustellen, die bewältigt werden wollen…

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!

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