#235 – retro PC madness – Tech-1260 – III

Beim letzten Mal habe ich euch ja mit einem fiesen Cliffhanger in den Feierabend entlassen. Keine Angst, das klären wir sofort auf. Mir ist da so eine Idee gekommen: Was könnten wir tun, wenn der auf dem Mainboard verbaute Diskettencontroller (bzw. ein paar Bauteile, welche zur korrekten Funktion benötigt werden) defekt ist? Richtig, wir können versuchen, einen „externen“ Laufwerkscontroller in Form einer ISA-Karte verbauen!

Stimmt! Der Rechner hat ja noch zahlreiche freie Steckplätze (ISA-Slots) für Erweiterungskarten! 🙂

So die Theorie, denn eins kann ich euch sagen: Auch diesmal war es gar nicht so einfach, so eine Karte aufzutreiben. Gut erhaltene Modelle kosten gerne mal 50-100€ und so viel war, bzw. bin ich nicht bereit für so eine Spielerei auszugeben. Erst nach langer Suche habe ich für 10€ auf eBay folgende Karte erstanden:

Das Teil ist eine „LCS-6623 REV.A1“ ISA-Controllerkarte, welche uns einen Floppy-Controller (sowie einen IDE-Bus zum Anschluss einer ATA-Festplatte) zur Verfügung stellen sollte. So die Theorie – ob wir das Laufwerk damit zum Fliegen bekommen? Als erstes sollten wir das gute Stück mal im Rechner an einem ISA-Slot verbauen:

Um das Laufwerk über die Karte anzubinden müssen wir das Floppy-Kabel vom Mainboard abstecken und am freien FDD-Steckplatz auf der ISA-Karte anbringen. Die Spannung steigt – ob wir jetzt auf das Laufwerk zugreifen können?

Zumindest bekommen wir beim Neustart einen anderen Fehler. Anstatt „FDC error user check !“ spuckt das Laufwerk uns jetzt einen „FDC seek failure“ entgegen. Nicht schön! Auch die „Fixed Disk Controller Failure“-Nachricht stimmt mich nicht gerade positiv! 😀

Mist, was könnte noch falsch sein? Ich habe eine Theorie… Irgendwie habe ich die Vermutung, dass der interne Floppycontroller uns da in die Suppe spuckt und sich die Geräteadressen der ISA-Karte und des internen Controllers überschneiden. Hm, mal überlegen – stand zu diesen Geräteadressen nicht etwas in dem „Settings Sheet“ (samt Jumpereinstellungen), welches wir bereits in Artikel 234 gefunden hatten? Da war doch was!

Die Annahme mach schon Sinn – die ISA-Einsteckkarte möchte den Adressbereich 3F0h – 3F7h verwenden, aber so wie aktuell der Jumper (J13) gesetzt ist, blockiert der Controller vermutlich den Zugriff auf die I/O-Adressen.

Was können wir dagegen tun? Laut dem Jumper Manual gibt es drei Jumper (J16-J18), mit welchen man angeblich den internen Floppycontroller gänzlich deaktivieren kann. Das klingt ja genau nach der Funktion, die wir brauchen! Und vor allem ist das einfach, denn letztendlich müssen wir nur die drei Jumper entfernen:

Tja, Leute – was soll ich sagen? Theorie und Praxis liegen manchmal einfach Lichtjahre auseinander. Leider führt das Entfernen der Jumper dazu, dass der Display Adapter (zur Ansteuerung des Bildschirms) nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert. Ebenso spielt dann das BIOS verrückt und der Rechner bleibt in einer Boot-Schleife hängen. So ein Mist! Ob das nun an der in Mitleidenschaft gezogenen Platine (Stichwort Säureschaden) oder an einem Fehler im BIOS liegt, weiß ich nicht. Fakt ist, dass es über den Weg nicht geht! 🙁

Also – nichts wie zurück mit den drei Jumpern auf das Mainboard. Und jetzt?

Ich habe noch eine Idee – vielleicht können wir das Board irgendwie austricksen, dass es uns trotzdem die benötigen I/O-Adressen für den externen Controller freiräumt. Ich denke wir sollten mal schnell den Jumper 13 entsprechend umsetzen, sodass der interne Controller die Adressen 370h-37Fh nutzt. Dementsprechend müsste für unsere ISA-Einsteckkarte der primäre Adressbereich für einen Floppycontroller (3F0h – 3F7h) frei sein! 🙂

Tatsache! Nach einem Neustart ist die „FDC seek failure“-Meldung weg:

Na, jetzt bin ich aber gespannt, ob wir beim Diagnoselauf im Setup-Menü nun etwas mehr Erfolg mit dem Laufwerk haben. Immerhin wird das Teil jetzt erkannt und wir könnten jetzt eigentlich mal versuchen, das System mit einer Start-Diskette testweise hochzufahren.

Apropos Disketten – bei dem „PC-Konvolut“ waren natürlich auch ein paar 5,25“-Disketten dabei die ich vor dem Müll gerettet habe:

So wie ich es sehe haben wir hier das übliche Sammelsurium an alter Software, Treibern, Anwendungsprogrammen und Übungsbeispielen aus Schulungen. Man merkt, dass hier jemand den Computer für wirklich sinnvolle Dinge eingesetzt hat! Ich hoffe, wir bekommen das System zum Laufen, denn ich würde gerne etwas in der alten Software stöbern! 🙂

Zwischen den ganzen „sinnvollen“ Daten verstecken sich aber auch zwei Disketten, auf welche sich ein gewisser „Leisure Suit Larry“ geschlichen hat. Auf der Diskettenhülle findet sich sogar das Tastenkürzel zum Überspringen der nervigen Altersprüfungsfragen zu Beginn des Spiels! Selten habe ich beim Durchsehen von alten Disketten so gelacht. Ich hoffe, dass die Dinger noch lesbar sind! 😀

Uff, ich schweife schon wieder ab – wollten wir nicht eigentlich testen, ob wir das System mit einer Boot-Diskette hochfahren können? 😀 Wie es der Zufall will, waren bei den Disketten auch eine Hand voll Bootdisks dabei. Das ist gut, denn wenn ich ehrlich bin, wüsste ich aktuell gar nicht, wie ich auf die schnelle eine 5,25“-Systemdiskette erstellen könnte?! 😛

Mann ist das ein sexy Biest! In stylischem Gelb wartet die Floppy nur darauf ins Laufwerk eingelegt zu werden:

Ohne eingelegte Disk schmeißt uns das Laufwerk sofort eine Fehlermeldung entgegen, aber sobald wir die Disk einlegen und mit Enter einen neuen Ladeversuch starten, werden tatsächlich Daten von der Diskette geladen und wir werden aufgefordert, Datum und Uhrzeit einzugeben. Das ist notwendig, weil die frühen PC-Systeme teils keinen Akku (samt entsprechendem Schaltkreis) zum Erhalt der Uhrzeit verbaut hatten! 🙂

Fun Fact: Es ist schwer zu erklären, aber es ist ein unfassbar befriedigendes Gefühl die Diskette einzulegen und den kleinen Knebel nach unten zu drücken. Nostalgie pur! 😀

Und dann ist es endlich soweit – der ikonische „A>“-DOS-Prompt begrüßt uns in seiner vollen – wenn auch sehr schlichten – Schönheit. MS-DOS Version 3.30 aus April 1987 möchte nun mit Befehlen gefüttert werden! 🙂

Zumindest einen „dir“-Command zum Anzeigen des Disketteninhalts können wir mal testweise absetzen. Sieht so aus als wäre die Disk ca. ein Jahr nach dem Erscheinungsdatum der DOS-Version erstellt worden. Mir wird richtig warm ums Herz, wenn ich so Begriffe wie „COMMAND.COM“, „FDISK“ oder „FORMAT“ sehe. Auch wenn ich erst zur Windows 95-Ära in die PC-Welt eingestiegen bin, kann ich mich noch gut an diese Programme und Funktionen erinnern. Mann, das waren noch Zeiten! 😛

Bin ich erleichtert, dass wir das Problem mit Hilfe der ISA-Karte umgehen und das Laufwerk so letztendlich zum Fliegen bekommen haben! Ende gut, alles gut? Leider nein! Denn es gibt da noch ein Problem, welches mir tief im Magen liegt. Natürlich bin ich neugierig und will wissen, ob sich noch Daten auf der Festplatte befinden. Der Versuch darauf zuzugreifen, scheitert aber leider kläglich:

Not so fun Fact: Auch beim Diagnoselauf im Setup-Menü wird die Festplatte nicht gefunden! 🙁

Ich ahne schlimmes – meine Vermutung ist, dass das mit dem „Fixed Disk Controller Failure“-Fehler zusammenhängt. Zur Erinnerung – beim Systemstart werden wir ja immer noch mit dieser Fehlermeldung begrüßt:

Ich vermute mal stark, dass es sich um das gleiche Problem, welches wir mit dem Floppycontroller hatten, handelt – nur in umgekehrter Richtung! Die Einsteckkarte will zwingend die erste Adresse des Festplattencontrollers auf dem Mainboard belegen. Dadurch, dass wir aber keine IDE-Festplatte an der Karte angestöpselt haben, wird die am Mainboard angestöpselte MFM-Platte auch nicht erkannt. Das Problem ist nur, dass sich der Festplattencontroller nicht so einfach austricksen lässt. Zwar gibt es auch für die Festplattenadresse einen Jumper auf dem Mainboard, aber damit lässt sich das Problem nicht lösen, denn das Laufwerk muss zwingend als primäres Gerät (C:\) angebunden werden.

Jetzt ist die Frage, was wir noch tun könnten. Irgendwie müssten wir eine Möglichkeit finden, den Festplattencontroller auf der Einsteckkarte zu deaktivieren. Ich weiß, dass es ISA-Controller-Karten gibt, bei denen das möglich ist, aber bei unserem Modell ist das leider nicht der Fall. Die Alternative wäre es, einfach eine IDE-Platte anzubinden. Das ist aber auch nicht gut, denn einerseits müsste man eine sehr kleine Platte finden (die neueren DOS-Versionen unterstützen nur Platten bis 2GB, die älteren Versionen gerade mal bis zu 32MB) und andererseits müssten wir dann auch auf die schöne, alte „Seagate ST251“-MFM-Platte verzichten. Nein, danke! 😉

Ich habe in den sauren Apfel gebissen und nach Tagen der Recherche auf eBay-Kleinanzeigen tatsächlich eine andere Version der ISA-Controllerkarte (Modell „LCS-6623 REV.D1“) gefunden:

Die Karte ist wesentlich kompakter aufgebaut als das Modell A1, funktioniert aber prinzipiell genauso wie ihr großer Bruder. Als Besonderheit befinden sich aber zwei Jumper (J1 und J2) auf der Karte, mit welchen der Floppy-Controller (J1) oder der Festplatten-Controller (J2) deaktiviert werden können!

Nachdem wir die Karte schnell eingebaut, bzw. ausgetauscht, den Jumper gesetzt, das Diskettenlaufwerk wieder angeschlossen und das System abschließend neu gestartet haben, ist der Fehler tatsächlich weg und das System startet direkt MS-DOS 3.30 von der Diskette. Ein abschließender Diagnosecheck der Platte im Setup-Menü läuft jetzt auch fehlerfrei durch und man hört richtig, wie der Schreib-/Lesekopf auf der Platte herumrattert! 🙂

Fun Fact: Dadurch, dass direkt von Diskette in DOS gebootet wird, würde ich mal vermuten, dass sich (wie in Artikel 234 vermutet) tatsächlich kein Betriebssystem auf der Platte befindet.

Das klingt alles sehr vielversprechend, aber können wir jetzt auch endlich auf die Festplatte zugreifen? FUCK YEAH! Vermutlich können nur die wahren Freaks unter euch verstehen, wieso ich mich über diese drei Buchstaben so unfassbar freue! 😉

Mit einem „dir“ können wir uns auch das Verzeichnis der C:\-Partition ansehen. Außer Textverarbeitungssoftware, Mauszeichnung und Buchhaltungsdateien gibt es hier nicht viel zu sehen, aber ich bin trotzdem begeistert, dass die Festplatte nach all den Jahren überhaupt noch läuft! 🙂

So, ich denke damit sollten wir es für heute belassen. Um ehrlich zu sein hätte ich jetzt – dank des Erfolgserlebnisses nach langem Kampf – große Lust noch etwas weiter mit dem PC herumzuspielen, aber dafür ist ja noch beim nächsten Mal Zeit! 😉

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!

Write a comment