Na endlich! Mittlerweile haben wir ja Gott sei Dank alle PCs, welche wir so schön in Artikel 233 als „Elektroschrott-Müllberg“ betitelt hatten, abgearbeitet. Warum heute also wieder ein Beitrag über einen alten Computer?
Tja, was soll ich sagen? Der PC, welchem wir uns im heutigen Beitrag widmen, war ein klassischer „Gelegenheitskauf“, dem ich einfach nicht widerstehen konnte. Ich weiß, ich weiß – warum zur Hölle kauft man sich einen 30 Jahre alten PC? Vor allem, wenn man schon ein paar solcher Geräte im Keller stehen hat? Tja, ich weiß es auch nicht Leute, mir gefällt so Zeug eben einfach. Aber jetzt mal ehrlich – Hand aufs Herz: Könntet ihr dem Teil widerstehen? 😉
Mit seiner (für die damalige Zeit) kompakten, quaderförmigen Bauweise sieht die Kiste schon irgendwie putzig aus wie ich finde. Wobei ich zugeben muss, dass das Gehäuse ungewöhnlich hoch ist. Wenn man da jetzt noch einen Monitor drauf stellt, wird das bestimmt ein ganz schön gewaltiger Turm. Hier mal im Vergleich eine CD, nur um abschätzen zu können, wie hoch das Teil ist! 😀
Ein genaues Baujahr habe ich nicht gefunden, aber ich vermute, dass das System von ca. 1991 oder 1992 sein müsste. Auf der Vorderseite können wir sofort erkennen, dass der Rechner zwei Diskettenlaufwerke (ein 5,25“ und ein 3,5“ großes) verbaut hat. Ansonsten finden sich die für die Zeit typischen Elemente wie ein Turbo-Knopf, sowie ein Keylock-Mechanismus zum Sperren von Tastatureingaben. Die Bedienelemente sind alle hinter einer kleinen, unscheinbaren Klappe versteckt.
Not so fun Fact: Retrololo aus der Zukunft hier: Wie ich im Laufe des Projekts feststellen sollte, hat der Turbo-Knopf leider keine Funktion, da das BIOS eine dynamische Änderung der Taktrate des Prozessors leider nicht zulässt. Kein Weltuntergang, ich wollte es nur nicht unerwähnt lassen! 😉
An den Seiten des Geräts lässt sich nichts erkunden, auf der Rückseite gibt es da schon mehr zu sehen. Aha, bei unserem PC handelt es sich also um einen „Tema TC DT325SX“. Richtig viel habe ich über dieses Modell leider nicht in Erfahrung bringen können, allerdings habe ich herausgefunden, dass die „Tema TC“-Reihe wohl eine Eigenmarke der Firma Brinkmann (eine deutschlandweite Kette von Technikkaufhäusern, quasi so etwas wie MediaMarkt oder Saturn) war. Zusammengebaut wurden die PCs allerdings von der Firma Actebis (mittlerweile Also Deutschland GmbH) aus Soest.
Fun Fact: Moment mal – Actebis? Der Name kommt mir doch bekannt vor. Tatsächlich, die Kameraden haben doch schon den Sysline-PC aus Artikel 251 zusammengebaut! Was für ein lustiger Zufall! 😀
Ebenso finden wir auf der Rückseite die Anschlüsse eines AT-Netzteils, von welchem wir gleichzeitig Strom für einen Bildschirm abgreifen können. Die Einsteckkarten reduzieren sich auf die typischen seriellen und parallelen Ports für Maus, Drucker und Tastatur. Was es allerdings mit dem DIP-Schalter an der Blende der Grafikkarte auf sich hat, kann ich euch auf Anhieb nicht sagen.
Bevor wir den PC zum Leben erwecken, sollten wir noch schnell nachsehen, welche Teile in dem guten Stück verbaut sind. Die sieben Gehäuseschrauben (vier auf der Unterseite, drei auf der Rückseite) sind schnell gelöst. So richtig vollgepackt wirkt das Gehäuse dank dem kleinen Baby-AT-Mainboard (ca. 22cm x 22cm) nicht wirklich. Zumindest erklärt sich die recht hohe Gehäuseform des PCs, denn das Netzteil wurde oberhalb der Hauptplatine verbaut und auch die Schächte für die 5,25“-Laufwerke auf der rechten Seite nehmen einiges an Platz ein.
Bei dem Mainboard handelt es sich um… Tja, was ist das eigentlich für ein Board? Um das herauszufinden, musste ich leider auch bei diesem PC einiges an Zeit investieren, denn außer einem generischen „Made in Taiwan“ ist auf der Platine kein Aufdruck eines Herstellers oder einer Seriennummer zu finden – ganz toll! 😀 Egal, denn mittlerweile weiß ich, dass es sich um ein „Chaintech 325HX“-Board handelt. Immer diese anstrengende Recherche! xD
Darauf verbaut ist ein Headland HT18 Chipsatz mit einer fest verlöteten 25 Mhz 80386 CPU (Am386SX/SXL-25) von AMD. Als Firmware kommt ein altes Phoenix-BIOS von 1990 zum Einsatz. Rechts unten auf der Platine findet sich ein weiterer CPU-Steckplatz für einen „N80387SX-25“ Koprozessor, zur Beschleunigung arithmetischer Gleitkommaoperationen (NPU/FPU).
Das Board bietet insgesamt Platz für fünf 16-Bit-ISA-Erweiterungskarten sowie zwei 8-Bit-ISA-Karten. Das ist auch gut so, denn außer einem AT-Anschluss für eine Tastatur hat das Mainboard keine sonstigen Anschlussmöglichkeiten für Peripheriegeräte – weder intern noch extern! Zum Anschluss der Festplatte sowie der Diskettenlaufwerke ist dementsprechend eine (mir unbekannte) Multi-I/O-Controllerkarte verbaut. Leider habe ich über das Ding so gut wie nichts herausfinden können. Ich weiß nur, dass die Karte einen Acer-Chip vom Typ „M5105“ als Controllerchip für die Diskettenlaufwerke verwendet und zusätzlich einen seriellen COM-Port, einen parallelen LPT-Port sowie einen IDE-Bus zur Verfügung stellt.
Fun Fact: Es handelt sich wohl um ein Modell vom Typ „A2 REV-C“. Darüber hinaus ist allerdings nicht viel mehr über die Karte bekannt – nicht mal ein Hersteller lässt sicher herausfinden! Was mich etwas beruhigt ist die Tatsache, dass ich scheinbar nicht der Einzige bin, der sich darüber wundert! 😉
Mal sehen, was haben wir noch an Einsteckkarten verbaut? Aha, ganz unten auf dem Board steckt da ja noch eine Grafikkarte vom Modell „OTI-067“ der Firma Oak Technology aus dem Jahre 1991. Das Ding bietet sage und schreibe 512kB Grafikspeicher. The future is now! 😛
Fun Fact: Mittlerweile weiß ich auch, für was der kleine blaue Schalter an der Slotblende der Karte gut ist. Damit lässt sich wohl die Bildausgabe zwischen monochrom (MDA/MGA) oder farbig (CGA/EGA/VGA/SVGA) umschalten. Gut zu wissen!
Bei einem Blick auf den Arbeitsspeicher fällt auf, dass scheinbar nur zwei jeweils ein Megabyte große RAM-Module (also insgesamt 2 MB) verbaut sind. Das ist etwas schade, denn schließlich wären auf dem Board ja noch sechs weitere Steckplätze frei:
Wie bereits erwähnt hat das System zwei Diskettenlaufwerke verbaut. Während ich beim 3,5“-Laufwerk leider keinen Hersteller ermitteln konnte, ist das größere 5,25“-Laufwerk ein Modell „FD1157C“ der Firma NEC von 1991:
Apropos Laufwerke – da hätte ich doch jetzt beinahe die Festplatte vergessen! Hier haben wir eine Seagate „ST3096A“ mit sage und schreibe 89 Megabyte. Solche Angaben hauen mich immer vom Hocker. Ist es nicht verblüffend, dass es mal eine Zeit gab, in der ein komplettes Betriebssystem samt Anwendungssoftware und Spielen in diesen knapp 90 MB gespeichert war? Ich weiß, unvorstellbar. Heutzutage hat jedes mit einem Smartphone geschossene Bild schon ca. 10 MB! 😀
Prozessor, Arbeitsspeicher, Einsteckkarten und Laufwerke – alles kalter Kaffee. Um auch noch etwas Ungewöhnlicheres zu zeigen: Was haltet ihr von dieser kleinen Platine, auf welcher sich die Siebensegmentanzeige zum Ablesen des Prozessortakts befindet? Ich habe selten so viele Jumper auf einem Haufen gesehen und wenn ich ehrlich bin, will ich auch gar nicht wissen, für was die alle gut sind. Hier gilt der IT-Grundsatz „Never touch a running System“! xD
Eine Sache, die mir auch noch aufgefallen ist, sind die mit Heißkleber verklebten Steckverbinder auf dem Mainboard, welche von den Bedienelementen und LEDs verwendet werden. Ich habe so etwas schon häufiger in professionell zusammengebauten PCs gesehen, bin aber selbst kein großer Fan von solchen Lösungen. Ich weiß nicht was es ist, aber ich finde das sieht irgendwie immer hässlich und „hingebastelt“ aus:
Genug geredet – jetzt wollen wir doch mal sehen, ob der PC nach all den Jahren noch läuft. Dafür benötigen wir natürlich noch etwas Peripherie. Hier hätten wir z.B. schon mal einen Bildschirm:
Dieser 14“ Samtron „SC-441V“ VGA-Monitor von 1992 sollte sich doch perfekt für den 386er-Rechner eignen. Könnt ihr das glauben? Neu hat das gute Stück mal 399 Dollar gekostet – lang ist’s her! 😀
Zur Bedienung des PCs (also zur Eingabe der ganzen lustigen DOS-Befehle) braucht es eine Tastatur. Da der Rechner nur einen fünfpoligen DIN-Anschluss besitzt, habe ich erst auf eBay eine weitere, alte AT-Tastatur erstehen müssen. Diese Fujitsu „FKB4870“ (exakte Modellbezeichnung N860-4870-T603) hat auch schon bessere Tage gesehen, aber das wichtigste ist, dass sie funktioniert.
Ich bin mal so optimistisch, dass auf der Kiste neben DOS vielleicht sogar schon Windows 3.1 läuft, dementsprechend benötigen wir natürlich auch noch eine Maus. Diese Logitech „M-M30“ stammt zwar „erst“ aus dem Jahr 1998, aber ich finde sie passt von der Optik her trotzdem recht gut zu unserem Tema TC Computer. Mir persönlich macht das vergilbte Plastik auch nichts aus, ich finde das gehört einfach dazu, schließlich handelt es sich ja um über 30 Jahre alte Hardware! 🙂
Na, wenn das mal kein Setup aus den frühen Neunzigern ist? 😛 😉
Jetzt wird es spannend. Das sind die Momente, in denen ich mich fast immer etwas davor scheue, den Startknopf zu betätigen, weil ich Angst habe, dass es einen lauten Schlag tut und das PC-System samt seiner 35 Jahre alten Kondensatoren in Rauch aufgeht… xD
Aber es scheint so, als hätten wir Glück, denn tatsächlich startet der Rechner und die Segmentanzeige sowie einige LEDs beginnen zu leuchten:
Auf dem Bildschirm bekommen wir auch eine Ausgabe. Hm, mal sehen. Die alte Oak-Grafikkarte wird erkannt und auch das Phoenix-BIOS scheint noch seinen Dienst zu verrichten. Auch die zwei Megabyte RAM werden einwandfrei erkannt und sauber durchgezählt:
Lediglich die Fehlermeldung, welche auf eine ungültige BIOS-Konfiguration hindeutet macht mich etwas nervös. Uff, wir werden doch nicht hoffentlich wieder solche Probleme mit der blöden CMOS-Batterie haben, oder? 🙁
Not so fun Fact: Tatsächlich habe ich an der Stelle etwas an den BIOS-Einstellungen herumgespielt, konnte den Fehler allerdings nicht beheben. Ich gehe mal stark davon aus, dass die Batterie platt ist und das Board sich so schwertut, die benötigten Parameter beim Systemstart zu lesen.
Tja, das hängt ganz davon ab, welche Art von Batterie das Board verbaut hat. Im besten Fall handelt es sich bereits um eine Knopfzelle samt entsprechendem Halter. Viele der Mainboards aus der Zeit (286/386) haben Akkus in Form von kleinen „Tonnen“ (3-3,7V) verbaut (siehe Artikel 234) und im dümmsten Fall ist es eine in einen Dallas-Zeitgeber-Chip eingebaute Knopfzelle (wie in Artikel 252). Bei unserem Mainboard scheint es sich um einen kleinen Akku in Tonnenform zu handeln:
Tatsächlich macht der verbaute Säulenakku vom Typ „3/GP60K“ nicht mehr den frischesten Eindruck. Beim Durchmessen mit dem Multimeter werden schlappe 0,7 Volt angezeigt – definitiv zu wenig, um die CMOS-Settings zu erhalten. Ich weiß – das überrascht bei einem mehrere Jahre alten PC-System jetzt nicht wirklich, trotzdem finde ich es ironisch, dass ich auch diesen Beitrag mit einem nicht gelösten Problem im Zusammenhang mit der BIOS-Batterie beenden muss!
Tja, was soll man machen – so ist das Leben. Dann gehen wir das Thema eben beim nächsten Mal an! 🙂
In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!