#167 – Ace Attorney

<Igiari!> – <Objection!> – <¡Protesto!> – <Obiezione!> – <Einspruch!>

Egal in welcher Sprache ihr es auch sagt. Ein saftiger, aus lauter Kehle heraus gebrüllter „Einspruch“ im Gerichtssaal klingt einfach immer gut! Zumindest vertritt diese Meinung „Phoenix Wright“, der namensgebende Protagonist der Ace Attorney Reihe… 😉

Nachdem wir in den letzten paar Artikeln ja einiges über den Nintendo DS gehört haben, dachte ich mir es ist genau der richtige Zeitpunkt auch mal einen Beitrag über ein Spiel, bzw. eine Spieleserie welche (zumindest hierzulande) auf dem Nintendo DS groß geworden ist zu veröffentlichen. Keine Frage – meine Wahl fiel natürlich ohne lang zu überlegen auf „Ace Attorney“! 🙂

Tatsächlich ist die Ace Attorney Reihe rund um das Anwaltsass „Phoenix Wright“ in westlichen Gefilden kaum bekannt. In Japan dagegen sind die Spiele unter dem Namen „Gyakuten Saiban“ deutlich populärer, trotzdem ist es eines von Capcoms eher kleineren Franchises. Völlig zu Unrecht meiner Meinung nach, denn Ace Attorney bietet ein äußerst originelles Spielerlebnis für Freunde des Adventure-Genres! 😉

Wobei – was erzähle ich da eigentlich? Um ehrlich zu sein sind die Spiele genretechnisch recht schwer einzuordnen. Ich persönlich würde Ace Attorney als einen Mix aus Gerichtssimulation, Krimispiel, Adventure und Visual Novel bezeichnen. Klingt verrückt? Ist es auch! 😀

Fun Fact: Zumindest eines kann ich sicher sagen: Freunde von Action-Spielen aller Art sollten den Griff zum Nintendo DS besser lassen. Das Spieltempo ist eher gemächlich und es kommt mehr auf das logische Lösen von Rätseln als auf Geschicklichkeit an. Ich persönlich empfinde die Spiele als eine willkommene Abwechslung im Vergleich zu typischen Mainstream-Titeln wie z.B. Mario, Zelda, GTA, CoD, FIFA, etc. – es ist einfach mal was komplett Anderes! 🙂

Die Ace Attorney-Reihe hat ihre Wurzeln auf dem Game Boy Advance und die ersten drei Teile sind ausschließlich für Nintendos portablen Klassiker erschienen – leider nur in Japan! Erst mit dem Nintendo DS erhielt der Rest der Welt die Möglichkeit die drei Spiele sowie einen vierten Teil zu entdecken. Für einige „moderne“ Plattformen wie z.B. PC, PS4, iOS, Android oder die Nintendo Switch ist erst kürzlich ein Remake namens „Phoenix Wright: Ace Attorney Trilogy“ samt überarbeiteter Grafik erschienen, welches die ersten drei Spiele beinhaltet.

Was die Story angeht übernehmt ihr die Rolle des frisch gebackenen Anwalts „Phoenix Wright“. Erschreckend uninformiert wird er direkt in seinen ersten Fall geschmissen und muss seinen besten Freund „Larry Butz“, welcher des Mordes an seiner Freundin angeklagt wird, vor Gericht verteidigen. Natürlich ist der Mörder ein anderer und es ist eure Aufgabe das zu beweisen!

Unterstützt wird Phoenix dabei von seiner Chefin, bzw. Mentorin „Mia Fey“, welche ihm gerade zu Beginn mit Rat und Tat zur Seite steht und bei seiner ersten Verhandlung an die Hand nimmt. Wow – ein unaufdringliches und sogar spannend gestaltetes Tutorial? Ich bin begeistert! 🙂

Fun Fact: Ich habe zur Erstellung der Screenshots den DeSmuME-Emulator auf dem PC verwendet, so sind die Screenshots etwas angenehmer für die Augen. Die direkt vom Nintendo DS abfotografierten Bilder sehen einfach immer kacke aus! 😀

Ok, wir müssen also die Unschuld eines Mandanten beweisen – und wie geht das? Nun, der Spieler schlüpft quasi in eine Doppelrolle als Anwalt und Ermittler. Ziel ist es durch Tatortermittlungen Beweisstücke zu finden um anschließend mit hitzigen Wortgefechten und Logikrätseln vor Gericht einen (in den meisten Fällen) zu Unrecht beschuldigten Mandanten zu verteidigen – so auch den guten alten Larry!

Das Spiel ist dabei so designet, dass sich in jeder Zeugenaussage Lügen, bzw. falsche Informationen verstecken, die ihr entlarven müsst. Dazu muss jede Textpassage auf Silbenebene analysiert und ein entsprechender Beweis vorgelegt werden, welcher den Zeugen überführt. Kurz und einfach gesagt ist es das Ziel, die Wahrheit hinter dem Mord ans Tageslicht zu bringen! 🙂

Alle gesammelten Informationen werden in der Gerichtsakte festgehalten. Neben den typischen Beweismitteln eines Mord-Prozesses (z.B. Autopsiebericht) können die am Tatort gesammelten Beweise (meist irgendwelche Gegenstände) auf weitere Hinweise untersucht werden. Praktischerweise findet sich hier auch eine Liste der am aktuellen Fall beteiligten Personen, so kann man sich jederzeit alle Fakten nochmal ins Gedächtnis rufen, falls man etwas vergessen hat.

Hat man das entsprechende Beweisstück (und somit einen Widerspruch) gefunden, welches eine falsche Zeugenaussage entlarvt, kann man dieses mit einem fetten „Einspruch“ im Rahmen eines Kreuzverhörs dem Lügner ins Gesicht werfen – einer der befriedigendsten Momente im Spiel! 😛

In unserem Fall kann z.B. der angebliche Augenzeuge die Leiche der Frau nicht um 13 Uhr gefunden haben, wenn der Todeszeitpunkt laut Autopsiebericht erst zwischen 16 und 17 Uhr liegt – logisch! 😉

Wiederholt man genau dieses Vorgehen (Falschaussagen finden und widerlegen) einige Male ist der wahre Mörder in Nullkommanichts ertappt und der eigene Mandant wird freigesprochen. Hat man den Bösewicht identifiziert wird man mit einem „Breakdown“ des Täters (eine Art nervlicher Zusammenbruch, zumeist lustig und in jedem Fall völlig übertrieben animiert) belohnt! 😀

Fun Fact: Manchmal muss man entsprechende Statements der Zeugenaussage angreifen um mehr Informationen aus dem Zeugen heraus zu kitzeln. Präsentiert man das falsche Beweisstück zum falschen Statement wird man vom Richter verwarnt. Nach fünf Verwarnungen heißt es dann „Game Over“ – also gilt stets die Devise: Hirn einschalten! 😉

Und genau nach diesem Prinzip laufen auch die weiteren Prozesse ab. Die Fälle (vier oder fünf pro Spiel, ausschließlich Mordfälle) folgen einer linearen Handlung, die im fortlaufendem Spielverlauf (Fall-übergreifend) zunehmend spannender, länger und komplexer wird. Die Hauptstory zieht sich dabei wie ein roter Faden durch das Spiel und hält einige interessante Handlungswechsel bereit! 😉

Fun Fact: Gleich der zweite Fall des ersten Spiels hält z.B. eine äußerst bizarre Wendung bereit. Seht es mir nach, wenn ich nichts weiter dazu sage, den Plot Twist kann ich einfach nicht spoilern… 😉

Während wir im ersten Fall den Mörder direkt vor die Nase gesetzt bekommen haben und mehr oder weniger einfach nur logisch agieren mussten um ihn zu überführen, erfordern gerade die letzten Fälle eines jeden Spiels ganz schön viel Gehirnschmalz und kreative Denkansätze um hinter die Lösung zu kommen. Im Vergleich zu aus dem Fernsehen bekannten Morden in Crimeserien (wie z.B. Navy CIS, Criminal Minds oder Law and Order, etc.) ist der Mörder – und vor allem auch der Weg wie er überführt wird – meist nicht so offensichtlich und einfach zu durchschauen… 😉

Fun Fact: Man könnte auch so weit gehen und behaupten, dass einige Schlussfolgerungen und Erklärungen unseres jungen Herrn Anwalts geradezu absurd sind. Mag sein, aber ich denke genau das macht einen großen Teil des Charmes von Ace Attorney aus. An einer Stelle muss man sogar einen sprechenden Papagei als Zeugen im Gerichtssaal aufrufen und diesen anschließend ins Kreuzverhör nehmen um ihm den Code eines Safes zu entlocken – kein Witz! 😀

Die Spiele sind grafisch betrachtet im Zeichentrick-Stil (mit einigen „Anime-Einflüssen“) gehalten. Optisch erinnern mich – gerade die ersten vier Spiele – fast etwas an die Browser-Flashgames aus vergangenen Tagen! 😀

Mir persönlich gefällt der Pixel-Look, aber ich könnte mir vorstellen, dass das nicht jedermanns Sache ist und viele dann doch eher zum optisch gehörig überarbeiteten Remake greifen. Hier mal als Vergleich ein paar Screenshots aus dem HD-Remake:

Aus Gameplay-Sicht gibt es nicht viel zu sagen. Per Knopfdruck (oder Druck mit dem Stylus auf den Touchscreen) steuert ihr das Geschehen (Menüs navigieren, Beweise auswählen, etc.). Allerdings wurden mit jedem weiteren Spiel ein paar neue Gameplay-Mechaniken eingeführt. Dabei wurden die Fähigkeiten der jeweiligen Konsole gut ausgenutzt. So müssen wir z.B. im vierten Teil in einigen Fällen Fingerabdruckpulver auf einige Beweisstücke aufbringen und anschließend das überschüssige Pulver durch Pusten in das in den DS eingebaute Mikrofon wieder entfernen – abgefahren! 😀

Das Beste an Ace Attorney sind aber ganz klar die schrulligen Charaktere samt ihren albernen Animationen. Mit jedem neuen Fall trifft man auf neue merkwürdige Typen bei denen man sich schon die Frage stellen muss, welche Drogen die japanischen Entwickler eingeworfen haben! 😀

Nicht nur die Optik, sondern auch die Personalität selbst jeder Nebenfigur ist einzigartig. Von der sensationsgeilen Reporterin Lotta Hart über den kaffeeabhängigen Staatsanwalt Godot bis hin zur

freizügigen Sekretärin April May ist alles dabei. Und das ist auch nur eine sehr kleine Auswahl der insgesamt mittlerweile über 500 (!) verschiedenen Charaktere im Ace Attorney Universum!

Neben der ursprünglichen Trilogie (sowie dem vierten Teil, in welchem man in die Rolle eines anderen jungen Strafverteidigers namens „Apollo Justice“ schlüpft) gibt es mit „Dual Destinies“ und „Spirit of Justice“ auch zwei neuere Teile für den Nintendo 3DS. Allerdings erschienen die beiden Titel nur digital und wurden auch nicht von Serienschöpfer Shu Takumi erdacht. Das merkt man den Spielen leider an, denn sie fühlen sich irgendwie anders an als ihre Vorgänger. Es sind definitiv keine schlechten Spiele, aber für mich persönlich haben sie etwas vom Glanz der früheren Titel verloren. Was dagegen positiv auffällt ist die deutlich verbesserte Grafik! 😉

Wie es sich für ein erfolgreiches Videospielfranchise einfach gehört, gibt es auch einige Ace Attorney Spin-offs. Über „Ace Attorney Investigations: Miles Edgeworth“, bzw. seinen Nachfolger „Gyakuten Kenji 2“ habe ich euch ja bereits in Artikel 160 berichtet. Neben diesen beiden Titeln ist auch noch ein Crossover mit Professor Layton für den 3DS erschienen:

Das wohl bei uns im Westen bekannteste Spin-off ist „The Great Ace Attorney Chronicles“, welches wieder von Serienschöpfer Mr. Takumi höchst persönlich mitentwickelt wurde. Ihr übernehmt die Rolle eines jungen Studenten namens Ryunosuke Naruhodo der auf einer Studienreise in England mehr oder weniger unfreiwillig in die Anwalts-Laufbahn geschmissen wird. Dabei steht ihm stets ein gewisser Meisterdetektiv namens „Herlock Sholmes“ mit (un)klugen Ratschlägen zur Seite! Ich liebe diesen Humor – wie kommt man nur auf so einen Blödsinn? 😀

Fun Fact: „The Great Ace Attorney Chronicles“ ist leider nur in den USA als physische Kopie erschienen und so musste ich mein Exemplar importieren. Das Spiel selbst besteht eigentlich aus zwei älteren, nur in Japan erschienenen Spielen namens „Dai Gyakuten Saiban: Naruhodō Ryūnosuke no Bōken“ und „Dai Gyakuten Saiban: Naruhodō Ryūnosuke no Kakugo“ für den 3DS! Bereits vor einiger Zeit haben auch hier fleißige Fans Patches zum Übersetzen der Spiele gebastelt. Eines ist mal klar – die Ace Attorney Fans im Westen der Welt haben es nicht leicht! 😀

Oha? Sind wir schon am Ende des heutigen Beitrags? Und dabei habe ich euch noch gar nicht mit langweiligen Jahreszahlen (Erscheinungsdaten) und diverser Trivia zu den jeweils einzelnen Spielen gelangweilt! 😛

Auch über die tolle – und in den neueren Teilen recht aufwändig komponierte – Musik hätte ich das ein oder andere Wort zu sagen, aber ich will den Bogen mal nicht überspannen. Bevor ich versuche die Akustik mit Worten zu beschreiben, solltet ihr euch besser die einzelnen Stücke selbst anhören! 😉

Egal, ich denke es wird trotzdem Zeit für ein Fazit. Ich persönlich liebe Ace Attorney! Die schrägen Charaktere, die abstruse Story, der intelligente Humor und die dazu stets gelungene akustische Untermalung sind für mich Grund genug mich mit jedem neuen Serienteil zu beschäftigen. Die Storys hinter den einzelnen Fällen sind dabei einerseits so logisch und doch gleichzeitig so skurril und verstrickt, sodass einige Handlungsstränge auch noch Jahre später fest im Hirn eingebrannt sind! 😉

Wer auf Rätsel, Crimeserien, abgedrehte Charaktere und eine große Portion feinen Humor steht, dem kann ich Ace Attorney mit bestem Gewissen empfehlen. Mich persönlich stört das ruhige Spieltempo nicht – im Gegenteil. Die Story ist spannend genug und kann einen auch ganz ohne actiongeladene Zwischensequenzen und Quick-Time-Events fesseln! Vielleicht sind solche Spiele nicht jedermanns Sache. Ich jedenfalls bin ein Ace Attorney Fan! 🙂

Fun Fact: Mit dieser Meinung bin ich wohl nicht ganz alleine, denn ein paar Ace Attorney Fans aus Amerika haben sogar eine Musical-Parodie auf das Spiel erstellt – abgefahren! 😀

Bitte entschuldigt mich jetzt – unsere Chefin Ms. Mia Fey hat uns auf ein Abendessen eingeladen. Na, da kann ich jetzt aber nicht nein sagen. Und als Gentleman lässt man ja bekanntlich die Dame nicht warten… 😉

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao! 🙂

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