#204 – Switch-Bouqet II

Hm, so einen richtigen „Blumenstrauß“ an Switch-Spielen haben wir ja noch nicht zusammen. Ist ja eigentlich logisch, denn tatsächlich zieren auch erst zwei einzelne Blüten („Golf Story“ und „Snipperclips, siehe Artikel 191) unser Switch-Bouqet! 😉

Wird Zeit ein paar weitere Spiele hinzuzufügen. Wie immer geht es mir nicht um einen großartigen Review, sondern darum, euch kurz ein Spiel vorzustellen und an meinen damit gemachten Erfahrungen teilhaben zu lassen. Fangen wir gleich an mit „There Is No Game: Wrong Dimension“:

Nüchtern betrachtet ist „TING: WD“ ein 2020 erschienenes (und ein Jahr später auf die Switch portiertes) Point-and-Click-Adventure des französischen Entwicklerstudios Draw Me A Pixel. Allerdings merkt man gleich zu Beginn, dass etwas anders ist als bei anderen Vertretern der Adventure-Gattung. Spielen wir genretypisch einen (Anti-)Helden, der versuchen muss die Welt zu retten? Oder müssen wir einen finsteren Magier durch cleveres Lösen von Rätseln besiegen? Nein! Wir kommen erst gar nicht so weit, denn stattdessen versucht das Spiel uns mit allen Mitteln davon abzuhalten es zu starten! Man bekommt förmlich den Eindruck es möchte nicht, dass wir es spielen!

Und jetzt?! Das Programm bzw. das Spiel selbst spricht uns als „User“ direkt an, entschuldigt sich und erklärt mit einer belehrenden Stimme, dass es u.a. auf Grund der Finanzkrise gar kein Spiel zu sehen gibt! Stattdessen sollen wir rausgehen, fern schauen oder ein Buch lesen. Gleichzeitig werden wir drum gebeten möglichst keine Rückerstattung des Kaufpreises zu fordern – was zur Hölle?! 😀

Während uns das Spiel immer noch davon abrät weiter Zeit damit zu verschwenden, können wir das Ausrufezeichen (durch mehrfaches Drücken darauf) herunterfallen lassen und es als „Werkzeug“ (Paddel und Ball) verwenden, um in klassischer Breakout-Manier die einzelnen Buchstaben des Titelbildschirms abzuschießen! 😀

Natürlich ist das Spiel schlau und fertigt sofort einen neuen – mit Stahlbuchstaben versehenen Startbildschirm an! Dieser ist allerdings recht schwer und hängt auf einer Seite nur noch an einem rissigen Stück Seil. Mittlerweile bin ich angespornt, den Bildschirm noch einmal zu zerstören, sodass wir im Spiel fortfahren können, doch wie bekommen wir das Seil nur abgeschnitten?!

Bevor wir groß darüber nachdenken können, schlägt uns das Spielprogramm zum Zeitvertreib eine Runde „Schnick-Schnack-Schnuck“ (vermutlich besser unter dem Namen „Schere-Stein-Papier“ bekannt) mit Hilfe dreier Spielkarten vor.

Und wie soll uns das jetzt genau weiterhelfen? Ganz einfach – wir müssen einfach die Schere aus einer der Papierkarten herausnehmen…

…und damit das Seil durchschneiden…

…damit der Titelbildschirm endgültig herunterkracht! xD

Natürlich hilft uns das auch nichts, denn das Spiel lässt den Startbildschirm einfach mit Hilfe eines roten Heliumballons (liebevoll „Sicherheits-Airbag“ genannt) wieder aufsteigen – Mist! 😀

Und genau nach diesem Muster verläuft auch der Rest des Spiels! Anstatt den Spieler einfach nur (wie es sonst bei Point-and-Click-Adventures üblich ist) irgendwelche Gegenstände einsammeln zu lassen, um im Spielverlauf voranzuschreiten, zwingt das Spiel euch um die Ecke und außerhalb eurer Denkrinnen auf einer Metaebene zu denken.

Dabei ist das Spielgeschehen in sechs extrem unterschiedliche Abschnitte unterteilt. Während ihr euch im ersten Level überwiegend mit dem Startbildschirm sowie der Überlistung der eingebauten Desktopoberfläche beschäftigen müsst, besteht der zweite Level optisch betrachtet aus einem Retro-PC-Adventure, in welchem ihr dem Meisterdetektiv Sherlock Holmes und seinem Partner Dr. Watson durch Manipulation der Umgebung (sowie des User-Interfaces) unter die Arme greifen müsst.

Fun Fact: Hervorzuheben ist auch der tolle Soundtrack des Spiels. Gerade das Stück „My actual Code – GiGi’s Song“ ist im Kontext des fünften Kapitels ein echter Banger! 🙂

Mir persönlich ist besonders Level vier im Gedächtnis geblieben. Darin wird das „Free-to-play“-Geschäftsmodell aufgegriffen und durch den Kakao gezogen. Sämtliche Aktionen (wie z.B. ganz einfach Dinge wie das Verlassen des eigenen Hauses) werden hinter künstlichen Paywalls versteckt um es dem Spieler so umständlich wie nur irgendwie möglich zu machen. So müsst ihr z.B. erst genügend Münzen (durch das Anklicken von Gegenständen) farmen, um euch den „DLC“ (die Spielwelt außerhalb der Haustür des Helden) zu erkaufen und im Spiel voranzuschreiten! 😀

Fun Fact: Optisch betrachtet könnte man meinen man befindet sich in einem 2D-Ableger der „The Legend of Zelda“-Reihe. Alleine damit haben die Entwickler meinen Geschmack schon getroffen! 🙂

Irgendwie erinnert mich There is no Game: Wrong Dimension ein bisschen an die Minispiele aus dem WarioWare-Universum – nur eben einen Tick entspannter, da es in den meisten Fällen kein Zeitlimit zur Lösung eines Rätsels gibt. Wenn man es etwas abstrakter betrachten möchte, dann trifft vermutlich am ehesten das Konzept eines Escape Rooms gut auf das Spiel zu: Pack alles an, dreh alles um und versuche eine Lösung für auf den ersten Blick simple Probleme zu finden. In jeder neuen Spielsituation habe ich mich gefragt „Hä? Was muss man denn hier jetzt tun?“ und dennoch war die Lösung jedes Mal mit etwas Kreativität und um die Ecke denken auffindbar. Um ehrlich zu sein fällt es mir echt schwer das Spiel gut zu beschreiben. Es ist so verrückt und gleichzeitig doch so durchdacht – das muss man einfach mal selbst gespielt haben um zu verstehen was ich meine! 🙂

Fun Fact: Natürlich macht das alles nur so viel Spaß, weil die Entwickler sämtliche Dialoge liebevoll vertont und mit einer gehörigen Portion Humor verpackt haben. Gerade die Stimme des Spiels selbst (quasi der „Erzähler“ der Story) ist so witzig geschrieben, dass ich mir dessen Monologe auch einfach nur so anhören könnte – und das auch ganz ohne Spiel! 😉

Schluss mit diesem verrückten „Nicht-Spiel“-Spiel. Kommen wir nun lieber zu einem etwas bodenständigerem Titel. So bodenständig, dass dessen Hauptprotagonist sein Dasein größtenteils nur wenige Zentimeter über dem Erdboden verbringt! 😉

Wer sich erinnert – bereits in Artikel 191 haben wir etwas über Gänse erfahren! Zugegeben – in dem Spiel „Golf Story“ diente das freche Federvieh nur als Störenfried auf dem Golfplatz. Heute soll sich das ändern, denn im „Untitled Goose Game“ bekommt eine freche Gans die Hauptrolle zugewiesen!

Fun Fact: Aufmerksamen Lesern sagt der Name „Untitled Goose Game“ vielleicht bereits etwas. In Artikel 130 habe ich das Spiel bereits kurz erwähnt! 😉

Ist das nicht cool? In der physischen Version des Spiels bekommt ihr neben dem Spielmodul selbst eine Übersichtskarte der Spielwelt, einen nachgemachten Werbekatalog mit den im Spiel befindlichen Gegenständen und einen mega stylischen „Keine-Gänse-hier-erlaubt“-Aufkleber! Ich weiß – das ist alles extrem nutzlos, aber was soll ich sagen – ich mag so Zeug einfach… 😀

Fun Fact: Der Katalog erinnert mich irgendwie stark an einen Werbekatalog eines großen Versandhandels (wie z.B. Otto oder Quelle) aus längst vergangenen Tagen. Sehr cool gemacht! 🙂

Halt – nicht ablenken lassen! Um was geht es denn jetzt in dem Spiel? Tatsächlich lässt sich die Handlung relativ einfach erklären. Ihr steuert eine freche Gans, deren einziger Lebensinhalt daraus besteht Unruhe in der Nachbarschaft stiften! 😀

Fun Fact: Das Spiel stammt aus dem Jahre 2019 und wurde vom australischen Studio House House, welches tatsächlich nur aus vier Personen besteht, entwickelt – abgefahren! 🙂

Hm, wie soll ich mir das denn vorstellen? Nun, es ist exakt das wonach es klingt. Im Untitled Goose Game schlüpft ihr in die Rolle einer einfachen Gans, welche watscheln, quaken, und Gegenstände mit ihrem Schnabel aufheben kann.

In verschiedenen Spielabschnitten müsst ihr zuvor festgelegte Aufgaben erledigen und dabei möglichst vielen Menschen auf den Wecker gehen! 😉 Während einige Aufgaben (gerade zu Beginn) noch sehr einfach zu erledigen sind benötigt es für andere schon einiges an Kreativität und eine perfekt geplante Abfolge an geschickt ausgeführten Schritten um das Ziel zu erreichen.

Ein Beispiel gefällig? Eines der Ziele heißt „Mach den Gärtner nass“. Kein Problem – wir klauen ihm einfach sein Radio und entführen es in den nächstgelegenen Teich, sodass er uns ins kühle Nass folgen muss um seinen Rundfunkempfänger zurückzuerobern! 😀

Ein anderes Ziel ist es „den Gärtner dazu zu bringen, seinen Sonnenhut aufzusetzen“. Wärt ihr darauf gekommen, eine Rose aus einem Beet herauszureißen, sodass der Gärtner sich bückt, ihr ihm seine Kappe stehlen könnt nur um diese in einem Gebüsch zu verstecken? Erst dann greift er zum Sonnenhut. Ich gestehe, dass ich einige Anläufe gebraucht habe um dahinter zu kommen! 🙂

Fun Fact: Mich erinnert das Untitled Goose Game vom Spielprinzip („stifte möglichst viel Chaos“) etwas an das Spiel „Böse Nachbarn“ aus dem Jahr 2003. Kennt das noch jemand?! 😉

Immer noch zu einfach? Wie wäre es hiermit? Wie schwer kann es bitte sein ein „Bierglas aus dem Restaurant zu stehlen, um dieses in den Kanal zu werfen“? Dafür muss man sich in einer Pappschachtel verstecken, das Glas vorsichtig entwenden (ohne dass es zerbricht), vor der Kellnerin flüchten, das Ding unter der Veranda zwischenlagern, den Türsteher durch etwas Gequake (oder alternativ durch den Klau seiner Tomaten) ablenken, um sich schlussendlich an ihm vorbei zu schleichen und das Trinkgefäß triumphal in den Kanal zu schmeißen! Die Programmierer haben wirklich alle Register gezogen um euch zum Nachdenken zu bringen! 😉

Besonders gut gefällt mir, wie die Designer die einzelnen Abschnitte miteinander verstrickt haben. Gegen Ende des ersten Levels müssen wir z.B. den Gärtner dazu bringen sich selbst mit dem Hammer auf den Daumen zu schlagen. Das geht natürlich am besten indem wir uns von hinten an ihn Anschleichen und ihn beim Hämmern mit einem lauten „HONK“ aus der Fassung bringen! 😀

Dadurch fällt er rückwärts in den Gartenzaun und öffnet so praktischerweise für uns den Weg zum nächsten Abschnitt. Das Ganze wirkt so unaufdringlich und integriert – mir ist gar nicht aufgefallen, dass ich mich bereits im nächsten Level befinde. Das nenne ich mal cleveres Gamedesign!

Fun Fact: Auch verzichtet das Spiel völlig auf irgendwelche Ladezeiten, um den Spieler nicht aus dem Erlebnis herauszureißen. Da könnten sich einige AAA-Titel eine Scheibe abschneiden, Daumen hoch! 🙂

Ebenso stehen dem Spieler meist mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Versuche ich dem Gärtner den Rechen in einem unbemerkten Moment zu stibitzen oder erzeuge ich durch Aufdrehen des Regentonnenhahns eine Ablenkung um mehr Zeit zu gewinnen? Schleiche ich mich möglichst unbemerkt an den Menschen vorbei oder terrorisiere ich sie mit lautem Gequake? Viele wegen führen nach Rom…

Mir persönlich gefällt auch der liebevoll, in einer Art Cartoon-Stil animierte Grafikstil. Er wirkt sehr einfach und klar und ist sicherlich nicht jedermanns Sache, aber ich finde ihn absolut zeitlos und hübsch. Passend dazu ist die akustische Untermalung eher minimalistisch und gleichzeitig doch absolut stimmig gehalten. Es reichen ein paar hohe Töne auf dem Klavier (wenn man entdeckt wird) bis hin zum ikonischen „Honk“ unserer Gans (wenn sie Aufmerksamkeit erregen möchte) um genügend Atmosphäre zu erzeugen. Ich habe mich häufig dabei entdeckt, wie ich einfach lauthals schnatternd durch die Gegend gerannt bin, nur um zu sehen wie die Menschen darauf reagieren! xD

So, genügend geschwärmt. Das Untitled Goose Game ist ein (zugegeben sehr) kurzes Spiel für zwischendurch, welches durch seine simple und intuitive Steuerung, cleveres Gamedesign und einen ungewöhnlichen Protagonisten besticht. Eine klare Kaufempfehlung für Leute, welche schon immer mal der gesamten Nachbarschaft auf den Zeiger gehen wollten! 😛

In diesem Sinne, bis die Tage, ciao!

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