#287 – Wer steht auf Leder?

Hihihi, habe ich euch mit dem Titel drangekriegt? Was sich auf den ersten Blick nach einem typischen „Clickbait-Titel“ à la Bildzeitung anhört, hat einen durchaus seriösen Hintergrund, denn tatsächlich habe ich mittlerweile einiges an Leder im Keller:

Sorry – der musste sein! 😛 Jetzt ist aber Schluss mit den billigen Witzen, um was geht es hier eigentlich? Die Gymnastik-Freunde unter euch werden es vermutlich sofort erkannt haben: Bei dem ledrigen Stück handelt es sich um das Oberteil eines Sprungkastens, wie man ihn vermutlich aus Schulzeiten (ich sag nur Zirkeltraining) oder vom Feierabendsport aus der Turnhalle kennt. Okay, und warum steht das Ding in meinem Keller? Nun, in der örtlichen Schule wurde das gute Stück ausgemustert und sollte weggeschmissen werden. Ihr kennt mich mittlerweile gut genug – nicht mit mir! 😛

Warum wird sowas denn weggeschmissen? Hat das Landratsamt zu viel Geld oder was? 😛 Ok, ich gebe es ja zu – der gepolsterte Lederdeckel hat definitiv bessere Zeiten gesehen… Bei einem genauen Blick fällt die doch stark angegriffene Oberfläche auf. Jahrzehnte des Schulsports haben eindeutig ihre Spuren hinterlassen:

Zu allem Überfluss findet sich an einer Stelle ein gut vier Zentimeter großes Loch, aus welchem die Polsterung austritt:

Da drängt sich dann doch die Frage auf: Warum zur Hölle habe ich das Ding nochmal vor dem Sperrmüll gerettet? 😀 Tatsächlich fehlt mir im Bastelkeller ein geeignetes Sitzutensil. Ich könnte mir vorstellen, dass sich aus dem breiten, mit Leder bespanntem Deckel eine prima Sitzbank für die Werkstatt machen lässt. Findet ihr auch? Gut, der Plan steht! 😉

Als erstes sollten wir mal versuchen, das Ding etwas zu säubern. Dafür habe ich mir extra ein entsprechendes Reinigungsmittel für Leder zugelegt. Mit einem Mikrofasertuch können wir versuchen, den Dreck etwas wegzuwischen:

Puh, das dauert echt ganz schön lange, bis das ca. 1,50m mal 50cm große Ding komplett behandelt ist:

Die Reinigung hat leider – zumindest was die Optik angeht – nicht so gut geklappt, wie ich es mir vorgestellt habe. Einige der Flecken sind noch ersichtlich, aber ich befürchte das können wir nicht so einfach ändern. Ich will auch nicht zu sehr oder mit noch schärferen Mitteln auf dem alten Leder herum schrubben, dadurch wird es vermutlich auch nicht besser. Solche tief im Leder sitzenden Verfärbungen werden wir mit einfachen/günstigen Mitteln wohl nicht raus bringen. Das ist aber auch nicht wichtig, denn schließlich soll es ja nur ein Sitzobjekt für den Keller werden! 🙂 Immerhin ist die Oberfläche jetzt zumindest wieder deutlich glatter und frei von oberflächlichem Dreck.

Als nächstes sollten wir uns um das klaffende Loch kümmern:

Auf den ersten Blick sieht es gar nicht so schlimm aus, aber der Riss ist doch erstaunlich tief und so ist im Laufe der Zeit wohl leider auch etwas von der Schaumstoffpolsterung verlorengegangen.

Um das Loch zu stopfen, habe ich ein Stück alten Stoff (Vermutlich der Rest des Stoffes einer Jeans-Tasche) herausgesucht, sowie etwas Schaumstoff im Baumarkt besorgt:

Mit Hilfe von kleingeschnittenen Schaumstoffstückchen können wir so das Loch füllen und anschließend mit dem Stoff bedecken. Das reinpfriemeln des Stofffetzens, sodass er möglichst keine Wellen schlägt, war gar nicht so einfach! Vielleicht bin ich aber auch einfach nur absolut ungeschickt, was solche Arbeiten angeht. 😀

Die aufgerissenen Lederkanten können wir mit einer Schere und/oder Schleifpapier noch etwas bearbeiten, um eine möglichst glatte Oberfläche zu bekommen:

Soweit so gut, doch leider ist das Loch damit nur „unterfüttert“ und es fehlen immer noch gut zwei Millimeter, um es vollständig zu verschließen. Zur Reparatur von Rissen und kleinen Löchern gibt es sog. „Flüssigleder“, eine Art Spachtelmasse, welche nicht vollständig aushärtet und so den Lederbezug auch an der reparierten Stelle weich und flexibel hält.

Klingt super, doch bevor wir das Zeug auftragen, sollten wir noch eine Zwischenschicht einführen, denn ich habe nicht viel des recht teuren Flüssigleders und möchte ungern noch eine weitere Tube kaufen müssen. Dafür eignet sich ein Fetzen Kunstleder (bzw. Lederimitat), welchen ich ebenfalls aus der „Stoff-Reste-Kiste“ retten konnte. Ein entsprechendes Stück lässt sich recht schnell zurechtschneiden und z.B. mit Sekundenkleber verkleben:

Jetzt kommt das Flüssigleder zum Einsatz. Bei dessen Verarbeitung sollten wir darauf achten, eine möglichst ebene Oberfläche hinzubekommen. Zum Glattstreichen kann z.B. ein einfacher Malerspachtel verwendet werden:

Fun Fact: Ich weiß schon – auf dem Bild sieht die Oberfläche alles andere als glatt aus, aber ich habe es anschließend noch etwas weiter geglättet. Manchmal vergisst man im Affekt einfach Bilder von allen Arbeitsschritten zu schießen! 🙁

Wie auf der Packung beschrieben, benötigt es mehrere Anläufe (samt mehrstündiger Trocknungszeit dazwischen), um auch wirkliche alle Risse sauber zu füllen. Um die Oberfläche noch weiter zu glätten, habe ich die getrocknete Spachtelmasse auch noch mit einem Stück Schleifpapier bearbeitet.

Not so fun Fact: Leider entspricht der Farbton des Flüssigleders nicht wirklich dem unseres Leders, aber ich habe auf die Schnelle keine Spachtelmasse in passender Farbe gefunden. Vielleicht können wir das grelle Gelb ja noch mit etwas Farbe übermalen?

Bevor wir uns jedoch an die Kaschierung der geflickten Stelle wagen, sollten wir auf den gesamten Lederüberzug noch etwas Öl auftragen. Mit speziellen Lederölen (z.B. Klauenöl aus Hornsubstanz und Fußknochen von Rindern, Pferden und Schafen) lässt sich altes, brüchiges Leder wieder geschmeidig machen und vor Austrocknung und weiteren Rissen zu schützen.

Fun Fact: Tatsächlich wurde sehr reines Klauenöl häufig zum Schmieren von Uhrwerken benutzt. Heutzutage greift man eher auf synthetische Öle zurück, da diese im Lauf der Zeit nicht verharzen.

Mit einem Baumwolllappen (oder alternativ Abschminkpads aus Watte) lässt sich das Klauenöl prima auf dem Leder auftragen.

Dadurch wird das Leder etwas dunkler und deutlich weicher. Sicher keine optimale Arbeit, aber mir gefällt der „vintage/used look“ tatsächlich recht gut! 🙂

Um nun die geflickte Stelle auch farblich zu kaschieren, brauchen wir etwas Lederfarbe. Da ich leider nirgendwo einen geeigneten Farbton auftreiben konnte, müssen wir uns diesen mit etwas ockerfarbener Ledertönung und etwas dunkelbraunem Acryllack zurecht mischen:

Nach mehreren Färbevorgängen sieht die geflickte Stelle deutlich besser aus und fällt nicht mehr so krass auf. Klar – ganz perfekt werden wir es nicht hinbekommen, denn dafür bräuchten wir wohl ganz andere (wesentlich teurere) Hilfsmittel und Werkzeuge. Das ist meiner Meinung nach aber auch gar nicht so schlimm, denn für eine einfache Sitzgelegenheit im Bastelkeller ist das schon in Ordnung.

Damit aus dem mit Leder bespanntem Deckel auch wirklich eine Sitzbank wird, benötigen wir noch Beine. Diese möchte ich aus 7x7cm großen Holzpfosten mit entsprechender Unterkonstruktion (Holzlatten mit jeweils 5×7 cm), welche ebenfalls aus dem Baumarkt stammen, bauen.

Dafür müssen die Holzteile erst mal passend zurechtgeschnitten…

…und miteinander verschraubt werden. Zur Stabilisierung habe ich ein paar Querstreben eingefügt, in der Hoffnung, dass der Unterbau dadurch etwas massiver wird.

Die gesamte Konstruktion können wir nun abschließend mit Hilfe von ein paar verzinkten Metallwinkeln mit der Unterseite des Lederdeckels verschrauben. Leider besteht diese nur aus einer sehr dünnen Spanplatte, sodass wir relativ kurze Schrauben verwenden müssen. Dementsprechend habe ich ein paar mehr Winkel (in unterschiedlichen Größen) verwendet – sicher ist sicher.

Na, das sieht doch schon nach einer relativ robusten Beinkonstruktion aus, findet ihr nicht? 🙂

Als allerletzten Schritt wird das Leder jetzt nochmal mit etwas Leder Balsam eingerieben, um die Oberfläche zu versiegeln und noch etwas mehr zum Glänzen zu bringen.

Endlich fertig! 🙂

Fun Fact: Wenn man es geschickt fotografiert, fällt die kaschierte Stelle im Leder gar nicht so sehr auf! 😉

Insgesamt betrachtet bin ich mit dem Ergebnis schon zufrieden. Im Endeffekt sind nun leider doch etwas mehr Zeit und Materialkosten in die Sitzbank geflossen, aber das lässt sich im Nachhinein jetzt auch nicht mehr ändern. Und eines ist auch unbestritten – ein Lederprofi hätte das Ding vermutlich deutlich besser/gründlicher restauriert, aber das ist auch gar nicht mein Anspruch. In jedem Fall bin ich froh, dem ausgemusterten Sprungkasten-Oberteil eine neue Existenzberechtigung verschafft zu haben. Ein Hoch auf Upcycling! 🙂

In diesem Sinne – bis die Tage, ciao!